Peter Bernhardt führt mich hoch über Eyeries, in die Berge über dem Townland Goulane. Die letzte Farm weit hinter uns. Wir kommen an einen Felsen unterhalb des Grats. Im Feld liegen Trümmer aus Metall und Aluminium. An der Felswand entdecke ich eine Gedenktafel aus Stein mit den Namen von sieben britischen Soldaten:  “Gowlane Beara, August 27, 1943: F.O. Robert M. Kildea; F.O. Donald W. Roberts; F.O. Clifford F. Cropper; Sgt. Geoffry L. Plume; Sgt. Walter H. Harris; F.L. Sgt. Edward B. H. Wells; F.L. Sgt. John S. Rippon.” Was war hier vor 69 Jahren passiert? Die Gedanken reisen zurück in der Zeit . . .

Die B-24, ein amerikanisches Kampfflugzeug, wurde in WK II auch von der RAF eingesetzt.

Es war der 27. August 1943. Ein Freitag. Ein Tag im Großen Krieg. In jenem Sommer drehte sich an der Ostfront das Blatt: Der monströse Angriffskrieg der deutschen Reichswehr blieb stecken, Schlacht um Schlacht verbesserte die Rote Armee die Position Russlands. In der Nacht auf Samstag würden die Briten Nürnberg bombardieren, 3000 Menschen sollten ihr Leben verlieren. In Irland. auf der Beara Halbinsel, am äußersten westlichen Rand des kriegsgeschüttelten Kontinents Europa, ging ein ganz normaler, wie immer ein ruhiger Tag zu Ende. Im Kessel von Goulane auf der Anhöhe über Castletownbere versorgte Nealie Harrington das Vieh. Die Uhr zeigte zehn vor neun, es war noch immer schwül-warm, als Nealie im Stall von einem lauten Knall aufgeschreckt wurde. Er wusste sofort: Dort oben im Berg, hoch über der Farm, muss etwas Ungwöhnliches passiert sein. Nealie lief los und kam nach einer Viertelstunde am ersten Felsgrat an. Er erkannte sofort: Das britische Kriegs-Flugzeug war hoch über Eyeries an einem Felsen zerschellt. Die Trümmer der B-24 Liberator lagen weit im Feld zerstreut, es stank entsetzlich nach Kerosin. Neilly fand die Leichen von sechs Soldaten der Royal Air Force (RAF), für sie kam jede Hilfe zu spät. Doch der Pilot lebte. Er war eingeklemmt, konnte sich nicht befreien. Robert M Kildea rief verzweifelt: “Hilf mir Paddy, hol mich hier raus” .

Nealie Harrington gab sein Bestes, aber er schaffte es offensichtlich nicht, den britischen Offizier Robert Kildea zu befreien. Er eilte zurück ins Tal und holte Hilfe. Noch in der Nacht kamen auf Bere Island stationierte Soldaten der Irischen Armee an der Unglücksstelle an und sicherten diese ab. Ihnen wurde schnell klar: Die B-24 trug vier scharfe Bomben — und der Pilot war immer noch am Leben. Farmer Nealie flehte die Soldaten um Hilfe für den Verletzten an, doch die sprangen nicht über ihre Schatten: Sie ließen den Piloten, ein Mitglied der verhassten englischen Truppen, kopfüber im Gurt hängen und sterben. Am nächsten Morgen war Robert Kildea tot.

Die Berge über Eyeries auf Beara, IrlandDie Trümmer des britischen Bombers mit der Identität BZ802V liegen auch 59 Jahre nach dem Unfall verstreut in der Bergwiese unterhalb des Maulin. Man weiß längst, dass die sieben britischen Soldaten an jenem Freitag im August 1943 von einem Aufklärungsflug aus dem Golf von Biskaya zurückkehrten. Sie hatten keine deutschen U-Boote entdeckt, der Nebel war an jenem Tag zu dicht gewesen. Der Nebel sollte ihr Verhängnis werden, der Pilot war auf Sicht geflogen, sehr, sehr tief über Bere Island, über Mount Eagle, viel zu tief dann, um es über den Grat von Goulane zu schaffen.

Im Sommer 1983, 40 Jahre nach dem Absturz, führte Nealie Harrington, begleitet von Menschen aus dem Dorf, Verwandte des Piloten Robert M Kildea zur Unglücksstelle. Sie brachten zwei Gedenktafeln am Fels an. Fast 30 Jahre später ist es schwierig geworden, die in Stein gravierten Namen der sieben toten Soldaten zu entziffern. Schwierig, aber noch nicht unmöglich. Der 27. August 1943 wird auf der Beara Halbinsel bis heute erinnert als “der Tag, an dem das Flugzeug vom Himmel fiel”.

Die Gedenkstätte im Berg von Goulane

Die Gedenkstätte im Berg von Goulane

 

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