Hier in Rossmacowen lebte einst der Hugenotte Fontaine.

Hier in Rossmacowen lebte einst der Hugenotte Fontaine.

Geschichten von der Beara-Halbinsel im Süd-Westen Irlands (Teil 7)

von Peter Bernhardt* 

Heute setzen wir auf Irlandnews den Geschichten-Zyklus über das ländliche Irland an der Atlantikküste fort. Geschrieben von unserem Freund Peter Bernhardt. Er forscht gern in der Vergangenheit und lässt ein Stück “altes Irland” lebendig werden. Heute erzählt uns Peter die Geschichte der Hugenotten in Irland und auf der Beara Halbinsel.

Die Hugenottenkriege von 1562 bis 1598 waren eine Reihe von acht Bürgerkriegen in Frankreich. Höhepunkt war das Massaker an den französischen Protestanten oder genauer den Calvinisten, den sogenannten Hugenotten, in der Bartholomäusnacht. Im Laufe dieser Auseinandersetzungen flohen zwischen 200 000 bis 250 000 Hugenotten in die benachbarten Staaten. Viele flüchteten nach England und etwa 5000 machten sich weiter auf den Weg nach Irland.

Geschätzt 300 Hugenotten hatten die Stadt Cork zum Ziel, wo sie sich um 1700 herum niederließen und wo manche französische Neuankömmlinge mit viel Geschick ihr eigenes Geschäft aufmachten. Auf den Gebieten der Textil-Industrie, des Handwerk und im Immobilien-Geschäft waren sie schnell im Wirtschaftsleben integriert.

Hugenotten in Irland

Jacques Fontaine

Einer von Ihnen war der Pastor Jacques (James) Fontaine (Foto). Auch er war bereit sich zunächst in Cork ein neues Leben aufzubauen. Er versuchte in die Woll-Manufaktur einzusteigen, was ihm anfänglich auch recht erfolgreich gelang, bis ein Auslieferungs-Verbot für irische Wollware erlassen wurde. Eine Weile hielt er sich als Lehrer und Pfarrer der Hugenottischen Gemeinde über Wasser. Dann lernte er Oberst Beecher aus Baltimore kennen, der sich stark im Fischfang-Geschäft engagierte. Er ermutigte Fontaine das Gleiche zu tun und verkaufte ihm Boote und Netze zu einem günstigen Preis.

Fontaine entschloß sich, auf Beara in der Nähe von Berehaven, in Rossmacowen, ein Grundstück zu kaufen (Foto oben). Darauf errichtete er ein Wohnhaus für seine Familie und einige Gebäude für die Verarbeitung der Fische und für die Vorbereitung zum Export. Das Verhältnis zu seinen irischen Nachbarn war anfangs recht gut, doch das änderte sich allmählich. Um diese Zeit war die Küste in der Bantry Bay „voll“ von französischen Piraten, die mit Hilfe von irischen Verbündeten operierten. Immerhin blühte zu dieser Zeit auch der Schmuggel. Und der Clan der O’Sullivans war darin sehr erfolgreich. Fontaine war aber auch Friedensrichter und von Beginn an bemüht, das Verhältnis zwischen Piraten und Schmugglern zu unterbinden, was denen ganz-und-gar nicht behagte. Und so sah sich Fontaine gezwungen, sein Anwesen mit einer Verteidigungsmauer und mit Wachtürmen zu versehen.

Der Start in diesem Business war nicht gerade vielversprechend, denn ein Kapitän machte sich aus dem Staub mit dem Schiff und dem ganzen Geld auf den Wege nach Spanien. Auch das Geschäft mit dem Fisch war nicht sofort erfolgreich. Immerhin mußte Fontaine für sechs Schiffe und 45 Mann, die er eingestellt hatte, bezahlen. Als Alternative schickte er ein Schiff, beladen mit Rindfleisch, Butter, Käse und Kerzen zunächst nach Madeira. Er verkaufte dort die Ladung und erwarb dafür Zucker, Rum und Sirup, die er nach Virginia brachte, um dort eine Ladung Tabak aufzunehmen. Das brachte Fortaine einen guten Profit ein. Dieses Dreieck-Geschäft funktionierte ein paar Jahre recht gut. Dann brach der Markt in Madeira zusammen. Für den Preis, den er in Madeira erzielte, konnte er kein gutes Geschäft mehr in Virginia machen, da war der Preis für Tabak zu hoch. Doch der Kapitän war ein cleverer Mann, der herausfand, daß man weiter im Inland Tabak für einen deutlich günstigeren Preis erstehen konnte. Und so kam das Schiff vollbeladen mit Tabak im August 1701 in Berehaven an und wurde sogleich weiter nach London beordert, wo der Eigentümer einen enormen Gewinn machen konnte.

In der Zwischenzeit war Fontaine nicht untätig gewesen. Er hatte 200.000 Heringe gepökelt und gepresst, genug um 200 „Hogsheads“ zu füllen (Anmerkung: 1 hogshead = 950 Liter) und auch noch 200 Fässer eingelegte Heringe, 12 „tierces“ Lachs (Anmerkung: 1 tierce = 42 gallons = 159 Liter)  und jede Menge getrockneten Kabeljau. Alles zusammen hatte einen Wert von 1.200 Pfund, den er erhoffte in London erzielen zu können. Sein Geschäftspartner hatte aber eine andere Idee und meinte, man solle die Fische nach Spanien bringen und von dort mit Wein wieder zurückkommen. Es versprach einen besseren Gewinn. Doch das ganze Hin und Her der Planungen dauerte zu lange, zumal die Seeleute auch noch versuchten zu desertieren. Und so verrottete die gesamte Ladung und war am ende keinen Pfifferling mehr wert. Das beendete natürlich die dreijährige Partnerschaft Fontaines mit dem Londoner Geschäftsmann.

Von diesem kleinen Hafen aus operierte Jacques Fontaine

Von diesem kleinen Hafen auf Beara operierte Jacques Fontaine

Am frühen Morgen des 1. Juni 1704 legte ein französisches Piratenschiff vor Fontaines Hafen bei mit ca. 80 Mann an Bord und vier irischen Nachbarn, die den Piraten als Führer dienten. Fontaine bemerkte dazu: „Ich ließ alle meine verfügbaren Männer antreten, es waren exakt zwanzig, und gab allen Protestanten Musketen und allen Papisten Prügel, die sie wie Gewehre zu schultern hatten, damit es so aussah, als wären sie auch bewaffnet.“ Die Attacken dauerten von morgens acht, bis zum späten Nachmittag, dann zogen sich die Piraten zurück auf ihr Schiff und segelten unverrichteter Dinge davon.

Im Oktober 1708 ging ein weiterer Angriff auf Fontaines Anwesen auf Beara leider nicht so glimpflich vonstatten. Die Piraten kamen in der Dunkelheit wieder mit 80 Mann, diesmal in drei Booten, und stürmten das Anwesen, setzten die Gebäude in Brand und nahmen alle gefangen. Nach der Plünderung nahmen die Piraten Fontaine, zwei seiner ältesten Söhne und zwei Bedienstete als Geiseln mit. Am nächsten Tag wurden die Jungs und die Bediensteten freigegeben, aber Fontaine nahmen sie mit zur Insel Dursey. Frau Fontaine erwartete sie dort und feilschte mit den Piraten um das Lösegeld. Man einigte sich auf 100 Pfund.

Fontaine beendete darauf hin sein Engagement auf Beara und verließ Irland, ging nach London, wo er erfolgreich das County Cork verklagte und für die Zerstörung und den Verlust seines Anwesens eine Summe von 800 Pfund bekam. Eine stattliche Summe in dieser Zeit. Letztendlich wanderte er mit seiner Familie aus nach Amerika und „lived happily ever after“! Dort schrieb er auch seine bewegende Biografie über seine Abenteuer nach der Flucht aus Frankreich. Von seiner „Festung“ ist nichts mehr geblieben, lediglich ein paar Spuren von der „Fisch-Presse“ und von den Teichen finden Eingeweihte noch.

Die Hugenotten waren aber nicht die einzigen Flüchtlinge, die nach Irland kamen. 1709 kamen schätzungsweise 3000 Pfälzer aus Deutschland auf die grüne Insel. Aber das ist eine andere Geschichte.

Peter in Clogher 2013_IMG_1710Der Autor: Peter Bernhardt lebt seit dem Jahr 2000 in Eyeries auf der Beara Peninsula in West Cork. Bis zu seinem Ausscheiden aus seinem Arbeits-Leben war er Art Direktor und Werbeleiter. Seine Liebe zu Irland hat er 1967 auf einer 5-wöchigen Fahrradtour durch den Süden entdeckt. Danach folgten mehrere Irland-Urlaube mit Familie, bis 1987 ein altes Cottage seine Aufmerksamkeit weckte und darum warb erworben zu werden. Peters Interessen sind unter anderem Archäologie, lokale Geschichte und Storytelling

Peters Geschichten von der Beara Peninsula erscheinen regelmäßig hier auf Irlandnews.

Fotos: Peter Bernhardt