Heute schreibt Patrick Steinbach im Irish Music Corner über Kindheits-Assoziationen und den Dubliners-Song “Four Green Fields”

Unsere Mutter hatte wohl als musikalischen Seelenanker eine Schallplatte der Dubliners im Gepäck, als sie fernab ihrer alten Heimat Irland in Deutschland eine Familie gründete. Das Getrenntsein von dem Land, in dem sie geboren wurde, die ständige Abwesenheit unseres Vaters, der monatelang auf Geschäftsreisen war, die neue Umgebung und die fremde Sprache, die zu lernen ihr nicht leicht fiel, auch die Schwierigkeit, Freundschaften zu schließen, machten aus unserer Mutter wohl eine recht einsame Person.

Umso stärker übertrug unsere Mutter ihre Sehnsüchte auf ihre Kinder. Es waren immer kleine Zeremonien, wenn sie die alte Dubliners-Schallplatte auflegte und deren Lieder mitsang. Ohne wirklich etwas zu verstehen, lauschten wir mit offenen Ohren und tauchten in eine Gefühlswelt ein, die ich heute als schaurig-schön, ziemlich überfrachtet und sehr intensiv beschreiben würde. Ein Lied ist mir besonders im Gedächtnis geblieben. Es handelt von einer alten Frau, welche vier Söhne hat, die ihre vier Felder bestellen. Doch es kommen Fremde und nehmen ihr die Felder weg. Ihre Söhne sterben, weil sie nichts mehr zu essen haben. Die einzige Hoffnung besteht darin, dass die Söhne der Söhne irgendwann stark genug sein werden, die Fremden zu vertreiben, so dass die Felder wieder erblühen können.

Die alte Frau Irland: Unsere Mutter erklärte uns, dass die alte Frau für Irland selbst stehe und dass die vier Felder die vier irischen Provinzen Ulster, Munster, Leinster und Connaught seien. Es wäre in alten Zeiten verboten gewesen, die irische Sprache zu sprechen und die Dinge direkt beim Namen zu nennen. Die Fremden stehen für die Engländer, die Irland annektiert hätten und nun ausbluten lassen würden. Unterdrückung und Ausbeutung, von diesem irischen Trauma erfuhren wir als kleine Kinder von einer singenden und weinenden Mutter.


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Stets spürte ich die unterschwellige Erwartung, meine Mutter, oder gleich. ganz Irland retten zu müssen, was für ein Kind, ganz ehrlich gesagt, eine kleine bis mittlere Überforderung darstellt. Dennoch liebte ich diese intimen Momente. Sie haben sich fest eingegraben in mein Gedächtnis. Umso spannender war es für mich später als junger Erwachsener, mich mit der irischen Musik und der irischen Geschichte, welche beide nicht voneinander zu trennen sind, zu beschäftigen. Gelernt habe ich, dass irische Lieder oft gesungene Zeitdokumente sind und dass man zu hohen Erwartungen nie genügen kann. Leider hat meine Mutter die erfolgreichen Bemühungen um Frieden in Nordirland (Karfreitagsabkommen und die friedlicheren Jahre danach) nicht mehr erleben können.

Das Lied, ein wiegender Walzer, bleibt mit seinem aufwühlendem Text zeitlos schön. Wer es gerne auf einem Instrument, z.B. Gitarre oder Flöte, nachspielen möchte, dem seien hier die Noten zum kostenlosen Download empfohlen. Den Songtext findet ihr am Ende des Beitrag. Und hier nun der Song selbst: Four Green Fields in der Version des Dubliners Jim McCann.

 

Four Green Fields”

‘What did I have’,
said the fine old woman.
‘What did I have’,
this proud old woman did say.
‘I had four green fields,
each one was a jewel.
But strangers came
and tried to take them from me.
But my fine strong sons
They fought to save my jewels.
They fought and they died
And that was my grief’, said she.


‘Long time ago’,
said the fine old woman,
‘Long time ago’,
this proud old woman did say.
‘There was war and death,
plundering and pillage.
My children starved
by mountain, valley and stream.
And their wailing cries
They reached the very heavens.
And my four green fields
ran red with their blood’, said she.


‘What have I now’,
said the fine old woman.
‘What have I now’,
this proud old woman did say.
‘I have four green fields,
one of them’s in bondage.
In strangers’ hands,
that try to take it from me.
But my sons have sons
As brave as were their fathers.
And my four green fields
will bloom once again’, said she.
And my four green fields
will bloom once again’, said she.