Auswandern, Ortswechsel, Neubeginn: Warum zieht es Deutsche (auch Schweizer und Österreicher) ausgerechnet nach Irland? Wie leben sie dort? Wurden ihre Erwartungen erfüllt, was gefällt ihnen, womit haben sie Probleme? Wir stellen Menschen vor, die den Sprung gewagt haben und auf der Insel leben.


Stefan Knüttel (48), zog im Jahr 1986 nach Glengarriff, County Cork. Der gelernte Zierpflanzengärtner aus Südhessen arbeitet als Bio-Bauer, Landschaftsgärtner, Käsemacher, Hobby-Meteorologe, Koch und mehr in seinem selbst erschaffenen Gartenreich direkt am Meer. Stefan lebt als Selbstversorger weitgehend autark, bescheiden und sagt von sich, er könne mit zehn Euro pro Tag gut auskommen.

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:: Stefan, warum lebst Du in Irland? Was hat Dich hierher geführt?

Ich wollte schon immer ans Meer und mich unabhängig selbst ernähren. Beides setze ich seit nun 23 Jahren in die Tat um.

Aus Stefans Produktion: Salat, Knoblauch, Ziegenkäse
 
 

:: Ist Dein Aufenthalt zeitlich begrenzt?

Nein.

:: Haben sich die Erwartungen an das neue Leben erfüllt? Wie gefällt es Dir heute?

Das haben sie. Allerdings vergeht einem durch die Veränderung des Klimas die gute Laune. Ich zeichne das lokale Wetter auf, seitdem ich hier ankam. Mir scheint, dass wir in manchen Jahren 60 Prozent weniger Sonne haben als früher.

Einer von Stefans Lieblingsorten: Der Barley Cove
 

:: Wie lebt es sich als Deutscher auf der Insel? Wie kommt Du mit der irischen Mentalität und mit den Menschen zurecht?

Blendend.

Mehr aus Stefans Produktion: Salat, frische Bio-Eier

:: Hast Du irische Freunde, einen Freundeskreis, gute Bekannte?

Man kennt einige Leute. Für Freundschaften hatte ich bisher leider keine Zeit.

:: Was magst Du besonders an Irland?

Die Freiheit, den Atlantik, die wenigen Sonnentage im Jahr.

:: Was magst Du nicht an Irland?

Bewölkung und Regen, die Unpünktlichkeit der “Eingeborenen”, die begrenzte Zahl an Sandstränden

 

:: Was aus der „alten“ Heimat vermisst Du hier?

Stadionbesuche am Bieberer Berg, den Fußball von Kickers Offenbach.

:: Würdest Du den Schritt noch einmal tun?

Ja.

Was rätst Du neu ankommenden Deutschen in Irland?

Deutsche sollten sich nicht abkapseln und nur Deutsche treffen. Auch sollten sie die Iren nicht als “minderwertig” ansehen oder sie von oben herab betrachten. Diese Einstellung erkenne ich leider bei vielen Deutschen.

:: PS des Wanderers:

Stefan ist mit der Irin Mona Elisabeth verheiratet. Er kennt den irischen Lifestyle deshalb besser als die meisten Einwanderer. Er selber macht unverdrossen sein eigenes Ding, betreibt einen prächtigen, großen Gemüse- und Obstgarten, hält Ziegen, arbeitet viel, um sich und seine Familie mit eigener Nahrung zu bekochen, fährt immer noch den Suzuki Allradwagen, mit dem er vor 23 Jahren in Irland ankam und hofft Woche für Woche aufs Neue, dass die Kickers aus Offenbach endlich aufsteigen, den Pokal gewinnen, Meister werden – oder zumindest nicht absteigen…