Auswandern, Ortswechsel, Neubeginn: Warum zieht es Deutsche (auch Schweizer und Österreicher) ausgerechnet nach Irland? Wie leben sie dort? Wurden ihre Erwartungen erfüllt, was gefällt ihnen, womit haben sie Probleme? Wir stellen Menschen vor, die den Sprung gewagt haben und auf der Insel leben. 
 

 

Wolfgang Graef (38), auch bekannt als Irlandwolfi, lebt seit 2007 in Irland im County Kildare. Der gelernte Elektroniker und Medizinprodukteberater arbeitete zuletzt als Technical Supply Chain Manager bei einer irischen Firma. Seit Ende 2008 lebt Wolfgang als Farmer, Selbstversorger und Outdoor-Trainer auf der Blackhall Farm in Baile an Chalbhaigh.
Wolfi, warum lebst Du in Irland? Was hat Dich hierher geführt?

Abenteuer – wir wollten nicht gelangweilt dahin vegitieren. Raus aus Deutschland, um den Horizont zu erweitern.

Wolfis Blackhall Farm

 

 
Ist Dein Aufenthalt zeitlich begrenzt?
Lass es mich so formulieren: I don’t have a fecking clue… wegen dieser tollen Krise weiß man ja nie, wo man noch hin muss. 

 

Haben sich die Erwartungen an das neue Leben erfüllt? Wie gefällt es Dir heute?
Die Weltwirtschaftskrise hat einen Strich durch meine beruflichen Ambitionen gemacht, außerdem das Verständnis von „Vertrieb“ hier in Irland. Mir gefällt es in meinem neuen Leben gut – mittlerweile bin ich Selbstversorger, Outdoor-Trainer, Farmer, Fishing Guide, Simplicity Fan und Tierzüchter. Der Weg zurück nach Deutschland dürfte damit verschlossen sein, da wohl sehr wenige Personalchefs meinen Schritt in beruflicher Hinsicht als seriös einstufen werden.
 
Wie lebt es sich als Deutscher auf der Insel? Wie kommst Du mit der irischen Mentalität und mit den Menschen zurecht?

In der Stadt musste ich mal Tacheles reden, als uns der Briefkasten weggesprengt wurde. Irische Mentalität auf dem Lande: Das ist gar kein Problem, wesentlich besser als in Deutschland. Nachbarschaftshilfe lebt hier noch. Man wollte uns zum Beispiel mal das Eiergeld aus der Eierbox stehlen (1,20 Euro). Das Problem wurde von den Nachbarn elegant gelöst, und durch deren geschickt gewählte Praeventivmaßnahmen ist es nie wieder vorgekommen. Im Bezug auf Deutschsein: Wo würde es enden, wenn wir hier alles deutsch haben wollten, in einem “Deutschland 2”? Da könnten wir dann auch im alten Deutschland bleiben.

 Ein Blick hinüber zu den Nachbarn.
 
Hast Du irische Freunde, einen Freundeskreis, gute Bekannte?
Nur irische Freunde und Bekannte, vier Fünftel der deutschen Freunde, die hier lebten sind wieder zurueck in Deutschland.
 

 

Was magst Du besonders an Irland?
Den Nationalstolz der Iren.
Es wird hier lockerer gelebt.
Die Iren.

 

Wolfgang unterwegs mit Hund.
 
Was magst Du nicht an Irland?
Vergiftete Adler in Kerry.
Vergiftete Adler in Kerry.
Vergiftete Adler in Kerry.
 

 

Was aus der „alten“ Heimat vermisst Du hier?
Gar nix – naja, vielleicht die Feldwege. Das was fehlt, wird selber gemacht, basta!

 

 Wolfis Garten im County Kildare. 
 
Hat sich Dein Blick auf Irland in der Zeit, in der Du hier lebst, stark verändert? 
Ich versteh die Iren jetzt halt besser – sprachlich wie auch von der Mentalität.
Würdest Du den Schritt noch einmal tun?

Leben kann man nur vorwärts – Leben verstehen geht auch rueckwaerts. In Hinblick auf die Staatsverschuldung und die Reglementierungen in Deutschland denke ich: Ja.


Du lebst als Selbstversorger. Wie geht das genau?

Selbstversorgung hat viele Facetten und Aspekte in sämtlichen Lebensbereichen. Das Ziel ist dabei immer, sich möglichst unabhängig von der Umwelt zu machen. Das beginnt mit der Herstellung der Nahrung und endet mit dem größtmöglichen Verzicht auf teure Technologie. 
 
Wieviel Geld brauchst Du als Selbstversorger im Monat?
Keines bis maximal 300 Euro, je nachdem wie weit Du entwickelt bist, was Du an laufenden Kosten hast und wie gesund Du bist. 

 

 
Wie fängt man am besten als Selbstversorger an?
Es gibt heute gute Kurse und jede Menge Litaratur darüber, wie ich mein Gemüse anbaue, wie ich Kaninchen züchte, Käse zubereite, mich von der öffentlichen Wasserversorgung ankoppele oder wie ich ohne Strom leben kann. Auf meinem Blog findet man dazu jede Menge Material.  
 

 

Und ansonsten, eine Message für die Leute?

< div class=”separator” style=”clear: both; margin: 0px; text-align: left;”>Ja, klar: Buy local and support your local community. Kauft im Ort und untersützt Eure Gemeinde. Und für alle Kontinental-Europäer: Ihr könnt zu uns auf die Farm kommen zum Fischen, zum Lernen, wie man sich selber versorgt, zum Outdoor-Training, oder einfach nur, um Euch zu entspannen und Ferien zu machen. 

 
Mehr Informationen über Wolfgang und seine interessanten Selbstversorgungsprojekte  gibt es hier: http://irlandwolfi.blogspot.com/