Wanderer können in Irland während des ganzen Jahres unterwegs sein – auch in den meist kälteren und nässeren Wintermonaten. Das Winter-Wandern hat jedoch seine eigenen Regeln und erfordert besondere Vorbereitung und höchste Aufmerksamkeit, vor allem, wenn die Touren abseits der Wege in die Berge und in anspruchsvolles Terrain führen.

Dass Wanderer die saisonalen Unterschiede oft nicht ernst nehmen, spiegelt sich leider in den jährlichen Auszeichnungen der Irischen Berg-Rettung.  November, Dezember und Januar sind für die Irish Mountain Rescue Association Jahr für Jahr die geschäftigsten Monate. Die zwölf Bergwacht-Teams auf der Insel weisen deshalb immer wieder darauf hin, die irischen Berge nicht zu unterschätzen – alleine im Jahr 2008 forderten die Berge neun Tote – sie zu respektieren und sich gut vorzubereiten.

Hier in Irland sagt man unter Bergwanderern: Wer sich nicht vorbereitet, bereitet sich auf sein Scheitern vor. Was also ist wichtig, wenn man sich entschließt, in den Wintermonaten bergwärts zu ziehen?

:: Die Ausrüstung ist im Winter besonders wichtig: Die Berge können rutschig, glatt, schlammig, verschneit, vereist, sowie besonders nass und kalt sein. Gutes Schuhwerk, gute Kleidung, auch zum Tauschen, Verpflegung plus Notration, eine Erste-Hilfe-Box, sowie die üblichen Orientierungsinstrumente verstehen sich von selbst.

:: Darüber hinaus ist es wichtig, besonderes Augenmerk auf das Wetter und die Wetterprognose, das Terrain der Tour und den eigenen körperlichen Zustand zu legen. Der Ehrgeiz, im Winter ähnlich lange Tagestouren zu laufen wie im Sommer, ist völlig unangebracht. Es empfiehlt sich deshalb, kürzere und auch weniger ambitionierte Touren zu gehen, denn:

–> Die Tage im Winter sind kurz. Ein Zeitpuffer schützt davor, von der Dunkelheit überrascht zu werden.

–> Die Geschwindigkeit ist im Winter meist geringer, weil das Terrain schwieriger zu bewältigen ist.

–> Die Kräfte sind auf tiefem oder vereisten Boden schneller aufgebraucht als unter guten Verhältnissen.

–> Das Risiko auszurutschen und sich zu verletzen ist im Winter ungleich höher – auch mit perfektem Schuhwerk.

:: Die Bergwacht rät allen, auch den sehr erfahrenen Winter-Wanderern, niemals alleine loszugehen, sondern immer mindestens zu zweit – und moderne Kommunikationsmittel zu benutzen: Das Handy hat schon manchen Wanderer in Bergnot gerettet.

:: Wer Kinder auf dieTour mitnehmen willl, sollte eine leichtere und kürzere Tour im Flachland planen. Wie man es nicht macht, demonstrierte vor einigen Jahren ein Engländer, der seine vier Kinder auf eine Tour zum Hungry Hill auf der Beara Peninsula mitnahm. Die Gruppe startete an einem kurzen Dezembertag nachmittags um 14 Uhr  zu der Wanderung, die nach allgemeiner Einschätzung mindestens sechs Stunden dauern würde, Bei Einbruch der Dunkelheit hatte die Familie noch nicht einmal den Gipfel erreicht. Das Mobiltelefon rettete die Fünf aus größter Not in einer eiskalten Nacht. Der öffentliche Spott blieb den armen Engländern aber nicht erspart: Ihre Geschichte wurde in den irischen Zeitungen unter Angabe aller Namen samt Wohnort genüsslich ausgebreitet.

:: Nach den Erfahrungen der Bergrettung gibt es neben Naivität und Gedankenlosigkeit einen Hauptgrund für Wanderunfälle: den übertriebenen Ehrgeiz. Wer sich zu viel vornimmt, verfängt sich leicht in einer Eskalationsspirale: Er merkt irgendwann, dass sein Tourenplan nicht aufgeht, er geht schneller, er wird müde, die Dunkelheit setzt ein, er entschließt sich, eine “Abkürzung” zu nehmen – er verläuft sich. . .

Damit all dies nicht passiert, benötigt die Winter-Wanderung eine gute Vorbereitung – und/oder erfahrene Guides mit  guter Ortskenntnis. Dann kann man die herrliche Landschaft Irlands auch in der kälteren Jahreszeit genießen.