Fußballfans aus irlandIrlands Fußball-Fans sind schrecklich nette Verlierer. Kleine Rückblende auf den vieltausendfachen Leprechaun-Gesang im EM-Stadion in Danzig: 14. Juni 2012. 20.000 irische Fußball-Fans singen ab der 89.Minute minutenlang die Hunger-Hymne “Fields of Athenry” ab und feiern Irlands Nationalteam, das bei der EM gerade mit 0:4 gegen Spanien untergeht. Viel ist seitdem geschrieben und gesagt worden über das tolle, das wunderbare, das außergewöhnliche, das so menschliche, das herausragend friedliche und fröhliche irische Publikum. Man konnte sogar lesen, dass die “Fans in Green” ihrer Insel  kostenlos eine wirkungsmächtige Multimillionen-Image-Kampagne spendiert hätten. Wirklich? Warum hält die halbe Welt die Iren für grundsätzlich sympathischer als Menschen anderer Nationen?

Die Iren sind beim Feiern von Niederlagen ganz bei sich, es ist wohl ihre zweite Natur, sich mit dem Mißerfolg zu verbrüdern und ihn feierlich zu besingen. 800 Jahre Unterdrückung, Schmerz und Niederlage rufen sanft nach einer Zukunft. Schon bei der WM-Qualifikation 2010 konnte Irland gar nichts besseres passieren, als durch die doppelte Hand Henry´s ungerechtfertigt auszuscheiden. Und nun bei der EM war dabeisein schon mehr als genug. “The Great Defeat at Gdansk” hat das Zeug, auch in 20 Jahren noch gefeiert zu werden. Diese friedfertige Genügsamkeit, diese sanft präsentierte Massen-Resignation machen einfach sympathisch. So wird man Everybody´s Darling — allerdings auch Everybody´s Depp. Als Punktelieferant, als sympathischer Looser, als Meister des unteren Mittelmaßes. Eine “Viertelfinals-Mentalität” hat der Kolumnist John Waters seinen Landsleuten einmal bescheinigt: Warum denn nach dem Finale trachten, Viertelfinale ist doch auch super.

Im Fall der EM 2012 reichte es gerade einmal für die Vorrunde, doch man war´s zufrieden. Die singenden Fans haben es preiswürdig gerichtet. Die netten Verlierer von der Insel, die mit ihrem Schicksal Versöhnten. Nur Irlands ewiger Fußball-Hero Roy Keane konnte wieder einmal nicht einstimmen in den großen Chor. Er mahnte seine Landsmannen im englischen Fernsehen, nicht immer mit dem Zweibesten zufrieden zu sein. Der ehrgeizige Keane polterte, dass Spieler und Fans ihre “Mentalität” ändern müssen. Es reiche einfach nicht, zum Punkteabliefern und zum Sing-Song ins Stadion zu gehen, moserte Roy. Das widerum brachte dem ewigen Fußball-Rebellen aus Cork schwere mediale Prügel ein: Keane verstehe die irische Psyche nicht mehr, schreibt Michael Clifford im Examiner:  Keane hat nicht kapiert, dass der Fan-Gesang “zwei Teile Feiern und ein Teil Beerdigung” war und er habe völlig vergessen, dass Iren bei jeder Gelegenheit gerne singen: sei es bei Geburten oder bei Beerdigungen, sei es im Bad, bei Fußballspielen, bei Siegen. Oder eben bei Niederlagen.

Dort aber ganz besonders schön. You´ll Never Beat the Irish (in singing funeral songs).