Langsam kommt Panik auf. Die irische Regierung hat gestern zugegeben, dass wichtige Bestandteile ihrer Flüchtlingspolitik gescheitert sind. Es ist bislang nicht gelungen, genügend Wohnraum für die steigende Zahl der aus der Ukraine geflüchteten Menschen verfügbar zu machen. Vor allem das Programm zur Unterbringung von Geflüchteten in Privatunterkünften ist krachend gescheitert. Bislang wurden gerade einmal 5500 Menschen privat untergebracht, die meisten in Hotels und Pensionen. 62.000 UkrainerInnen sind bislang auf die Insel gekommen, bis zum Jahresende werden es 72.000 sein – und Wohnraum für die Neuankommenden ist nicht in Sicht.

Das mit der Koordination beauftragte Irische Rote Kreuz wurde nun von seiner Aufgabe entbunden, die Regierung versucht einen neuen Anlauf und setzt darauf, den ins Land kommenden Menschen aus dem Kriegsgebiet Unterkünfte in Ferienhäusern zu bieten. Sie hat 20.000 von insgesamt 65.000 Ferienhäusern im Land im Auge. Es sind die Ferienhäuser, die nicht kommerziell genutzt werden. Die Regierung bietet künftig eine steuerfreie Anerkennungszahlung in doppelter Höhe von 800 Euro pro Wohnung. Haus- und Wohnungseigentümer sollen sich nach den Vorstellungen der Regierung auf der zentralen Website Offer a Property for Ukraine (www.offerahome.ie) melden und dann direkt mit den Grafschaftsverwaltungen kommunizieren. Ob dieser neue Ansatz erfolgreich ist, muss sich zeigen.

Eine Expertengruppe legte in dieser Woche ihren für die Regierung wenig schmeichelhaften Bericht vor. Sie forderte diese auf, zur Entspannung der Lage schnellstens sogenannte Empfangszentren zu bauen und empfiehlt die Einrichtung von sechs Zentren auf staatseigenem Land, von der jedes 750 Menschen aufnehmen soll. Zudem warnt der Report, dass die bislang positive Stimmung in der irischen Bevölkerung kippen könnte, wenn die Wohnraumkrise nicht schnell gelöst wird. Offensichtlich versuchen rechts gerichtete Kreise, die angespannte Lage auszunutzen und die Stimmung in einzelnen Gemeinden anzuheizen. Regierungschef Micheal Martin sagte, dass der Einfluss von Alt Right-Gruppen in Irland – anders als in vielen anderen Staaten – bislang unbedeutend sei, dass man sich allerdings in acht nehmen müsse.

Viele Irinnen und Iren sind empört weil die Regierung es nicht geschafft hat, für die eigene Bevölkerung genügend Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Die Unzufriedenheit ist groß, und es wird aufgrund der Umfragen zur politischen Stimmung im Land erwartet, dass diese Regierung bei den nächsten Wahlen in zwei Jahren wegen des Scheiterns ihrer Wohnungspolitik abgewählt wird. Tatsächlich dominiert der eklatante Mangel an Häusern und Wohnungen den politischen Diskurs seit Jahren. Viele junge Familien haben kaum eine Chance mehr auf ein eigenes Heim, junge und nicht mehr ganz junge Menschen wohnen mangels Alternativen bei Ihren Eltern, Mietwohnungen sind rar, rund 10.000 Menschen leben auf der Straße.


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Foto: Dunboy Castle Capella Hotel-Projekt 2007