Immer dienstags: Heute berichtet Ralf Sotscheck über die Wiedereröffnung der Pubs in Irland nach 500 Tagen Dürre – und die fatalen Folgen für einen müden Zecher.
O’zapft is! Es ist zwar nicht das Oktoberfest, aber es fühlt sich so an: Nach 500 Tagen Dürre durften die Pubs in Irland vorigen Montag wieder öffnen. 3.000 sogenannte Wet Pubs, also Feuchtbiotope ohne Essensangebot, warfen die Zapfanlagen an. Kneipen, die Mahlzeiten servieren, dürfen schon seit einer Weile draußen Gäste empfangen, wobei das Wetter überraschend mitgespielt hat.

Die Irland-Kolumne von Ralf Sotscheck. Der Berliner Journalist lebt seit 1985 in Irland und ist irischer Staatsbürger. Er pendelt zwischen Stadt und Land, irischer See und Atlantik, zwischen Dublin und einem Dorf im Burren. Ralf arbeitet als Irland-Korrespondent für die tageszeitung (taz) und schreibt Bücher, vorzugsweise über Irland und die Iren. Er hält Vorträge, Lesungen und ist ein brillanter Unterhalter. Seine Irland-Kolumne erscheint dienstags auf Irlandnews. Ralfs Website: www.sotscheck.net. Foto: Derek Speirs
Die Kneipiers beklagen, dass sie keine Angestellten finden, obwohl sie wegen der Pandemieauflagen mehr Leute als zu normalen Zeiten benötigen. An jedem Eingang muss nämlich jemand postiert werden, der den Impfnachweis und den Ausweis kontrolliert sowie die Kontaktdaten aufnimmt. Deshalb soll es nach dem Willen der Gastwirte ab sofort kein Pups mehr geben. Die Abkürzung steht für „Pandemic unemployment payments“, also Pandemie-Arbeitslosengeld, das eigentlich bis September gezahlt wird.
Da es in manchen Fällen höher ist als der Lohn, gebe es keinen Anreiz, an den Arbeitsplatz zurückzukehren, argumentieren die Wirte. Vielleicht sollten sie lieber über die prekären Arbeitsbedingungen nachdenken, die so manche ihren Angestellten zumuten. Vor der Pandemie wurden billige Köche, Kellner und Barleute mit Sondergenehmigungen aus dem Ausland importiert. Mit dem Lockdown fielen die Jobs weg, das Personal musste zurück in die Heimatländer.
Padraig Cribben, der Geschäftsführer des Kneipierverbands, ist dennoch froh, dass jetzt wieder ausgeschenkt werden darf. Der Chefmediziner der Regierung, Tony Holohan, sagte jedoch, man solle weiterhin Abstand halten, Masken tragen und Türen und Fenster öffnen. Auf die Öffnung der Türen hatte man ja lange genug gewartet. Deshalb herrschte bei Wirten und Stammgästen große Wiedersehensfreude.
Manche hatten sich allerdings zu früh gefreut. Ein Gast, nennen wir ihn Mike Murphy, war nach dem Zapfenstreich noch auf einer Party in einem Privathaus auf dem Land. Gegen vier Uhr nachts machte er sich auf den Heimweg – mit dem Auto, obwohl er voll wie eine Strandhaubitze war. Kaum war er losgefahren, da schlief er auch schon ein, und die Fahrt war nach 200 Metern jäh zu Ende. Murphy hatte die Friedhofsmauer durchbrochen und ein halbes Dutzend Grabsteine umgemäht.
Durch den Aufprall war er auf den Rücksitz gelandet, aber nicht wach geworden. Das wurde er erst zwei Stunden später. Zunächst vermutete er wegen der vielen Grabsteine, dass er verstorben sei. Dann dämmerte ihm langsam, was geschehen war. Flugs rief er ein paar seiner Saufkumpane an und bat sie um Hilfe. Der verkaterten Bagage gelang es, den Wagen wieder auf die Straße zu hieven. Da einer von ihnen Maurer war, reparierte er geschwind die Friedhofsmauer, während die anderen die Grabsteine wieder aufrichteten, damit der Dorfpolizist keinen Verdacht schöpfte. Leider hatten sie vergessen, dass die Party im Haus der Schwester des Polizisten stattgefunden hatte.
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Titel-Foto: Markus Bäuchle
Hallo Ralf,
ich persönlich habe die Öffnung der Innengastronomie, die letzten Montag erfolgte, sehr begrüßt. Ich hatte das Glück, meinen Urlaub spontan doch noch in meinem geliebten Irland zu verbringen und bekam hautnah mit, wie viel Müll durch die Takeaway Verpackungen produziert wurde. Aber ich hab doch tatsächlich ein oder zwei Irinnen gesehen, die ihre eigenen Kaffeebecher dabei hatten. Ein guter Anfang.
Herzliche Grüße aus Zossen
Großartig! Danke, Ralf!
Mal sehen, wie lange es hier in D noch Pupse gibt???
LG Werner
Ich dachte, das Autofahren im vollgetankten Zustand sei nur Bauern im County Kerry erlaubt… war zumindest mal angedacht. Wieder eine unterhaltsame Geschichte, die mein inneres Kino flackern lässt – und so unglaublich typisch irisch.
😄, nette Grschichte …zeigt mal wieder dass nichts komplett unbemerkt geschehen kann ….auch nicht in Irland
Erst recht nicht in Irland…
Haha…only in Ireland… nette Story.
Gruss aus Ennis
Danke sehr! Gruß in die Hauptstadt.