Immer dienstags: Heute erzählt Ralf Sotscheck, dass der kastrierte Irische Pub eine globale Erfolgs-Story werden soll. Mit einer Filiale in Abu Dhabi geht es los . . .
Die Iren wollen ihren Ruf aufmöbeln. Ob das klappt? Bisher galten sie als gottesfürchtige Trinker, die nach ein paar hochprozentigen Getränken unweigerlich in Gesang ausbrechen. Oder eine Schlägerei losbrechen lassen. Oder beides.

Die Irland-Kolumne von Ralf Sotscheck. Der Berliner Journalist lebt seit 1985 in Irland und ist irischer Staatsbürger. Er pendelt zwischen Stadt und Land, irischer See und Atlantik, zwischen Dublin und einem Dorf im Burren. Ralf arbeitet als Irland-Korrespondent für die tageszeitung (taz) und schreibt Bücher, vorzugsweise über Irland und die Iren. Er hält Vorträge, macht Lesungen und ist ein brillanter Unterhalter. Seine Irland-Kolumne erscheint dienstags auf Irlandnews. Ralfs Website: www.sotscheck.net. Foto: Derek Speirs
Der Dubliner Schriftsteller Brendan Behan sagte einmal, dass er nur aus zwei Gründen trinke: „Wenn ich Durst habe, und wenn ich keinen Durst habe.“ Dieses Prinzip haben sich Generationen von Iren zu eigen gemacht. Behan ist allerdings im Alter von 41 Jahren in der Harbour Lights Bar in Dublin tot umgefallen.
Irland hat der Welt den Irish Pub geschenkt. Er fehlt in fast keiner Großstadt der Welt, selbst in Peking gibt es Durty Nellie’s Beijing Irish Bar. Die Irish Pub Company verkauft seit 1979 Bausätze für einen „authentischen irischen Pub“, und deshalb sehen viele dieser Kneipen identisch aus. Auch die angebotenen Mahlzeiten unterscheiden sich nicht: Toasted Cheese Sandwiches, Toasted Ham Sandwiches und Toasted Cheese and Ham Sandwiches. Und Pommes frites.
Aber jetzt soll alles anders werden. The Virgin Mary eröffnet demnächst eine Filiale in Abu Dhabi. Das Stammhaus in Dublin, das in einem ehemaligen Möbelladen untergebracht ist, sieht von außen aus wie ein katholischer Buchladen, ist aber ein kastrierter Pub. Es wird nämlich kein Alkohol ausgeschenkt. Für gottesfürchtige Trinker ist das also eine doppelte No-go-Area.
Das Etablissement ist aber nicht blasphemisch nach der Gottesmutter benannt, sondern nach dem berühmtesten alkoholfreien Cocktail der Welt. Er besteht, wie seine potente Schwester Bloody Mary, aus Tomatensaft, Worcestershire Sauce, Knoblauch, Pfeffer, Salz, Zitronensaft, allerlei Gewürzen und Kräutern sowie einem Selleriestäbchen als Dekoration. Statt des Wodkas bei der blutigen Maria gibt es eine Extraportion Tomatensaft.
Die Muslime kennen die beiden Maria-Varianten nicht, so vermutet Vaughan Yates, der Eigentümer der Jungfrau. Damit sie nicht argwöhnen, der Pub sei eine Zweigstelle der katholischen Kirche, heißt das Wirtshaus in Abu Dhabi TVM. Der Tarnname könnte theoretisch auch „The Veiled Muslim“, also „Die verschleierte Muslima“, bedeuten.
Billiger sind die Getränke bei der Virgin Mary aber nicht, obwohl die exorbitanten Alkoholsteuern wegfallen. So zahlt man in Dublin für einen Cocktail, also einen Mehrfruchtsaft, 8,50 Euro, und eine Flasche entschärfter Riesling, also ein veredelter Traubensaft, kostet 20 Euro. Der Kaffee wird gekühlt in ein Glas gezapft und mit Sahnehäubchen serviert, damit er aussieht wie ein Guinness.
„Manche Menschen wollen keinen Alkohol trinken“, sagt Vaughan Yates, „sei es aus religiösen Gründen, oder weil sie schwanger sind. Aber sie wollen trotzdem ausgehen und sich amüsieren.“ Man sollte ihm verraten, dass man in den traditionellen irischen Kneipen entgegen landläufiger Meinung keineswegs gezwungen wird, Alkohol zu trinken.
Titel-Foto: The Virgin Mary
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