Immer dienstags. Heute beklagt sich Ralf Sotscheck (manche nennen ihn „Sotschneck“) über die dreistesten Wegelagerer Irlands, die profitgeilen Kfz-Versicherungen. 

Einmal im Jahr verbreiten irische Kfz-Versicherungen Angst und Schrecken unter den 2,2 Millionen Autobesitzern. Mein Verhältnis zu dieser Branche war von Anfang an getrübt. Als ich vor vielen Jahren nach Irland zog, verlangte die Versicherung einen happigen Aufschlag, weil ich einen deutschen Führerschein besaß.

Ralf Sotscheck

Die Irland-Kolumne von Ralf Sotscheck.  Der Berliner Journalist lebt seit 1985 in Irland und ist irischer Staatsbürger. Er pendelt zwischen Stadt und Land, irischer See und Atlantik, zwischen Dublin und einem Dorf im Burren. Ralf arbeitet als Irland-Korrespondent für die tageszeitung (taz) und schreibt Bücher, vorzugsweise über Irland und die Iren. Er hält Vorträge, Lesungen und ist ein brillanter Unterhalter. Seine Irland-Kolumne erscheint dienstags auf Irlandnews. Ralfs Website: www.sotscheck.net. Foto: Derek Speirs

Nachdem ich die irische Führerscheinprüfung bestanden hatte, wurde die Sache nicht billiger, weil ich einen noch happigeren Aufschlag für das aus Deutschland importierte Auto zahlen musste: Es hatte das Steuer auf der falschen Seite. Schließlich kaufte ich einen Wagen in Irland mit Rechtssteuer, und für einige Jahre herrschte Waffenstillstand zwischen mir und der Versicherung – bis zu dem Tag, an dem der Sachbearbeiter behauptete, er habe meine Umzugsmeldung samt neuer Adresse nie erhalten.

Deshalb war die jährliche Rechnung nicht angekommen, sodass meine Versicherung bereits fünf Monate zuvor abgelaufen war. Ich könne von Glück sagen, dass ich in der Zeit keinen Schaden angerichtet habe, meinte der garstige Sachbearbeiter, der seine Macht außerordentlich genoss. Eine Erneuerung des Versicherungsschutzes käme nicht infrage, weil man keinen 21 Jahre alten Kleinwagen versichere, höhnte er.

Mein Argument, dass ich doch jedes Jahr zum TÜV müsste und deshalb kein erhöhtes Risiko darstellte, zog nicht. Die Gauner stecken mit den Autohändlern unter einer Decke: Die wollen nämlich, dass man sich alle naselang einen Neuwagen zulegt.

Es gibt nur eine einziges Unternehmen in Irland, das auch betagte Blechkisten versichert, sich das aber fürstlich bezahlen lässt. Obwohl ich eher übervorsichtig fahre, sodass mich manche Freunde „Sotschneck“ nennen, steigt die Versicherungsprämie jedes Jahr. Theoretisch kennt man in Irland zwar den Schadenfreiheitsrabatt, aber der wird durch die Prämienerhöhungen stets mehr als aufgefressen. Die Versicherungsbeiträge sind in den vergangenen zehn Jahren um 42 Prozent gestiegen, obwohl die Schadensfälle um 2,5 Prozent zurückgegangen sind.

Die irische Zentralbank hat nun voriges Jahr eine Untersuchung in Auftrag gegeben. Die kam zu dem Ergebnis, dass lo­ya­le Kunden bestraft werden. Sie werden jedes Jahr stärker zur Kasse gebeten, weil sie keine Preise vergleichen. Neukunden hingegen lockt man mit günstigen Angeboten. Für mich ist das keine Option, denn ich bin zwangsloyal, weil kein anderes Unternehmen meine alte Kiste versichern will.

An der Coronapandemie hat die Versicherungsbranche besonders dreist profitiert. Die meisten Autos standen während des ausgedehnten Lockdowns nämlich still, sodass es kaum Schadensfälle gab und die Versicherungen allein im Jahr 2020 fast 300 Millionen Euro eingespart haben. Nach der Rüge der Zentralbank verteilten sie dann Coupons. Ich habe einen Amazon-Gutschein über zehn Euro erhalten und habe dafür das Buch „Tod eines ­Versicherungsvertreters“ gekauft.


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Titelbild: Altes Auto aus dem Jahr 1990; © Markus Bäuchle