Immer dienstags. Heute amüsiert sich Ralf Sotscheck über den Verlag Condé Nast(y), der gegen einen kleinen Pub in Cornwall zu Felde zog.
Was ist bloß mit den Engländern los? Es gibt nur noch 40.000 Pubs im ganzen Land, und jedes Jahr werden es weniger. In den vergangenen 20 Jahren ist die Zahl um 22 Prozent gefallen. Trinkt das Volk der Komasäufer nicht mehr genug?

Die Irland-Kolumne von Ralf Sotscheck. Der Berliner Journalist lebt seit 1985 in Irland und ist irischer Staatsbürger. Er pendelt zwischen Stadt und Land, irischer See und Atlantik, zwischen Dublin und einem Dorf im Burren. Ralf arbeitet als Irland-Korrespondent für die tageszeitung (taz) und schreibt Bücher, vorzugsweise über Irland und die Iren. Er hält Vorträge, Lesungen und ist ein brillanter Unterhalter. Seine Irland-Kolumne erscheint dienstags auf Irlandnews. Ralfs Website: www.sotscheck.net. Foto: Derek Speirs
Eins haben die englischen Pubs gemein: Sie sind mit Teppichen oder Teppichfliesen ausgelegt. Die Teppichfliese, so wusste Harry Rowohlt, ist schuld daran, dass die gemeine Milbe überlebt hat. Das Star Inn at Vogue hat außerdem hübsche rote Gardinen an den Fenstern.
Die Knalltüten von der Zeitschrift Vogue verlangten nun von den Wirtsleuten Rachel und Mark Graham, dass sie ihre Kneipe umbenennen, weil die unbedarfte Kundschaft andernfalls durcheinander kommen könnte. Die Verwechslungsgefahr ist groß. Wie oft gehen Menschen aus dem Haus, um die Modezeitschrift zu kaufen, und landen stattdessen im Pub?
Der Verlag Condé Nast residiert im vornehmen Londoner Stadtteil Mayfair. Die Geschäftsführerin Sabine Vandenbroucke argumentierte, dass die Handelsmarke Vogue nicht nur für die Zeitschrift, die seit 106 Jahren erscheint, sondern auch „für andere Waren und Dienstleistungen unseres Unternehmens“ geschützt sei.
Von Mayfair sind es gut 400 Kilometer zum Star Inn at Vogue in Cornwall, kurz vor Land’s End, dem südwestlichsten Punkt Großbritanniens. „Wie wir Ihrem Brief entnehmen, gibt es Sie erst seit 1916“, schrieben die Grahams an Frau Vandenbroucke. „Wir nehmen an, dass sie damals, als sie den Namen wählten, bei den Bewohnern des echten Vogue nicht um Erlaubnis gefragt haben.“
Den Pub gibt es seit rund 200 Jahren, das Dörfchen Vogue noch viel länger. Der Name stammt vom kornischen Wort fog ab, was „Schmelzofen“ bedeutet. Vom 17. bis 19. Jahrhundert gab es nämlich mehrere Stampfwerke im Ort. Die Grahams vermuteten in ihrem Brief außerdem, dass Madonna bei Condé Nast keine Genehmigung für ihr Lied „Vogue“ eingeholt habe. Im Dorf habe sie auch nicht nachgefragt, aber man werde sowohl bei Madonna als auch bei der Zeitschrift großzügig ein Auge zudrücken.
In der benachbarten Grafschaft Devon gibt es den Pub Tors Inn, der mittags auch die klassische Kneipenmahlzeit Ploughman’s anbietet. Der „Pflüger“ ist ein aufgehübschtes Käsebrot, das mit einer Würzsauce bestrichen wird. Weil zur Kneipenkundschaft auch einige Pflügerinnen gehören, benannte der Wirt Dickie Harrison das Gericht in „Ploughperson’s“ um.
Das war ein Fehler. Bei seinem verlängerten Wohnzimmer versteht der Engländer keinen Spaß. Die männliche Kundschaft kündigte an, das Wirtshaus zu boykottieren. Einer behauptete, Geschlechtsneutralität sei Quatsch: Schließlich hatten The Mamas and the Papas 1967 einen Hit mit dem Lied „Sing for Your Ploughman’s Supper“. Oder so ähnlich.
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Titelbild: Vogue Deutschland Titel April 2017 mit Madonna und ohne Star Inn at Vogue.
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