Maureen O'Hara

Immer dienstags. Heute wirft Ralf Sotscheck einen Blick auf unser kleines Dorf Glengarriff, auf seine einst berühmteste Bürgerin, die Hollywood-Legende Maureen O’Hara – und auf deren niederschmetterndes Abbild.

Der Plan war gut: Glengarriff in der südwest­iri­schen Grafschaft Cork sollte zum Filmzentrum Irlands, wenn nicht sogar Europas werden. Vor 70 Jahren kam „The Quiet Man“ mit John Wayne und Maureen O’Hara in die Kinos – eine romantische Komödie, die in Irland gedreht worden war.

Ralf Sotscheck

Die Irland-Kolumne von Ralf Sotscheck.  Der Berliner Journalist lebt seit 1985 in Irland und ist irischer Staatsbürger. Er pendelt zwischen Stadt und Land, irischer See und Atlantik, zwischen Dublin und einem Dorf im Burren. Ralf arbeitet als Irland-Korrespondent für die tageszeitung (taz) und schreibt Bücher, vorzugsweise über Irland und die Iren. Er hält Vorträge, Lesungen und ist ein brillanter Unterhalter. Seine Irland-Kolumne erscheint dienstags auf Irlandnews. Ralfs Website: www.sotscheck.net. Foto: Derek Speirs

John Ford bekam dafür den Regie-Oscar. Die für ihre roten Haare berühmte Dublinerin O’Hara sagte, es sei ihr bester Film, und das will etwas heißen, denn sie hat in weit über 50 Kinofilmen mitgespielt, darunter Klassiker wie „Der Glöckner von Notre Dame“, „Rio Grande“ und „Unser Mann in Havanna“, wo sie nach dem Dreh abends mit Che Guevara an der Hotelbar Cocktails trank.

Nachdem sie sich von der Leinwand verabschiedet hatte, zog O’Hara nach Glengarriff, bis ihr Enkel sie zu sich in die USA holte, damit er die Erb-Oma im Auge behalten konnte. In Glengarriff fand man, dass man von dem Ruhm des Hollywood-Stars irgendwie profitieren müsste.

Schon lange vor ihrem Tod im Jahr 2020 schmiedeten geschäftstüchtige Dörfler Pläne für ein Maureen O’Hara Legacy Center. Mit dem Geld reicher US-Amerikaner sollten eine Filmschule mit Museum sowie ein Denkmal errichtet werden. Doch die reichen Amerikaner waren knauserig, so dass das Center begraben werden musste. Aber wenigstens bekam Glengarriff eine lebensgroße Bronzestatue der Schauspielerin – jedenfalls vorübergehend.

Dafür baute die Bezirksverwaltung 2018 mitten im Ort eine flache Plattform aus Beton. Die Statue, die auf diese Plattform sollte, wurde von der Künstlerin Jeanne Rynhart geschaffen, die ganz Irland mit ihren Statuen überzogen hatte – nicht immer zur Freude der Anwohner.

Auch die Lokalpolitiker in Glengarriff waren entsetzt, als sie die Statue sahen. Die Filmschönheit sah aus wie Lieschen Müller von nebenan. So schmolz man die Statue stillschweigend ein und suchte einen neuen Künstler. Das Problem war, dass wenig Geld übrig war, denn von den veranschlagten 60.000 Euro war fast die Hälfte für die Betonplattform draufgegangen. Dennoch erklärte sich der lokale Künstler Don Cronin bereit, sich an O’Hara zu versuchen.

Das Ergebnis war niederschmetternd, befand die Öffentlichkeit. In den sozialen Medien fiel man über Cronin her, mehr als 1.000 Menschen gossen ihren Spott aus. „Was für eine Beleidigung, diese furchteinflößende Figur in unsere Mitte zu knallen“, schäumte einer. Ein anderer meinte, sie sehe aus wie eine Todesfee. Zwei Tage später montierte Cronin die Statue eigenhändig ab und ließ sie verschwinden.

Es geht auch anders. In Kells, der Heimat ihres Vaters westlich von Dublin, steht eine Bronzebüste von O’Hara vor einem Supermarkt. Glengarriff hingegen ist wohl der einzige Ort auf der Welt, in dem eine Berühmtheit mit einer Betonplattform geehrt wird. Vielleicht könnte man einen Liegestuhl draufstellen.


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Der Name der Ente SotscheckGeschichten aus Irland, die manchmal unglaublich, aber immer wahr sind – und ziemlich lustig. Größtenteils jedenfalls. Ralf Sotscheck ist Berliner, lebt aber seit 1985 auf der Grünen Insel und arbeitet als Korrespondent für taz, die tageszeitun, und andere Medien.

„Einen Sotscheck zu sehen gilt als großes Glück; man muss sich sogleich den Bauch reiben und ein Guinness bestellen. Im Glase sieht man dann Dinge, die es gar nicht gibt – schönes Wetter oder funktionierende irische Behörden.“ Friedrich Küppersbusch

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Titel-Foto: Die junge Maureen O’Hara