Frösche Irland

026 :: Aus Eiern werden Kaulquappen werden Frösche

Es ist Januar, Irlands Grasfrösche (Rana temporaria) ziehen zu den Laichrevieren, zu den Tümpeln, Teichen, Pfützen und Bachrändern, um ihrer Bestimmung nachzukommen. Im Froschteich vor dem Haus herrscht lautes Treiben, die Amphibien feiern das Kamasutra der Frösche. In zehntausenden befruchteten schwarzen Eiern spiegelt sich alsbald der Himmel, spiegelt sich die Welt. Es ist leicht, die Ankunft der Frösche zu erkennen. Kaum ist der erste grünbraune Hüpfer im Teich angekommen, stellt sich Stunden später im Morgengrauen der Graureiher ein. Stoisch ruhig steht er im Wasser und schnappt sich das vierschenkelige Frühstück. Mit starkem Schnabel bricht der Fischreiher die weichen Knochen des Frosches, bis der in die Speiseröhre passt und den langen Hals hinunter gewürgt werden kann.

In diesem Winter stand der Reiher erstmals Ende November still suchend am Teich. Hatte er sich in der Zeit vertan? Warum war er hungrig? Er kam Mitte Dezember wieder. In der Nacht zuvor hatte der erste Frosch abgelaicht. Frosch und Reiher kamen rund vier Wochen früher als vor einem Jahrzehnt. Im Januar schaut der Reiher jeden Tag vorbei.

Der Froschlaich liegt in den Januartagen regungslos im kalten Wasser. Manche Eier erfrieren, andere vertrocknen. Wird das Wasser wärmer, entwickelt sich aus dem Ei in der Gallerthülle eine Larve, die zur Kaulquappe wächst. Ein kleines Wesen mit Ruderschwanz, Kiemen und einem Maul mit kleinen Zähnen bricht aus der nährenden Hülle aus und macht sich auf den Weg, ein Frosch zu werden. Nach etwa sechs Wochen wachsen die Hinterbeine. Nach weiteren drei Wochen zeigen sich die Vorderbeine, das eigentliche breite Maul des Frosches entsteht. Das Kaulquappen-Maul wird genauso zurückgebildet wie der Schwanz. Während dem Baldschon-Frosch das breite runde Maul wächst, ernährt er sich von seinem eigenen Schwanz. Jetzt bildet sich auch die Lunge aus, der winzige junge Frosch beginnt mit der Luftatmung und kann aus dem Wasser an Land steigen. Wir haben nun April oder Mai. Es wird drei Jahre dauern, bis der kleine Hüpfer als Erwachsener zum großen Kamasutra in den Teich zurück kehrt.

Frosch und Reiher sind in Irland standorttreue Tiere. So erkennt der große Vogel zuverlässig, wann die Zeit für den glitschigen Snack gekommen ist. Anders ergeht es dem aus dem fernen Süden anreisenden Kuckuck. Er hat noch nicht richtig mitbekommen, dass die heimischen Singvögel aufgrund des Klimawandels früher brüten als früher – und verpasst oft den richtigen Zeitpunkt, sein Ei ins fremde Nest zu legen. Wird das sein Schicksal besiegeln, oder lernt er dazu? Noch hören wir den Ruf des Kuckucks immer im April.

Ortskoordinaten: Am Gartenteich – – – 


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Alle Fotos: Markus Bäuchle