Irish Soul

045 :: Traditional Music Festival; Bantry House 

Von Musiktheorie und musikalischer Formenlehre verstehe ich nichts. Noten kann ich lesen – etwa so schlecht wie ich Französisch spreche. All dies habe ich mit vielen großen irischen Folk-Musikern gemeinsam, ohne selbst ein Instrument zu spielen. Der legendäre Akkordeonspieler Tony MacMahon aus Ennis im County Clare machte sich in bestimmten Kreisen unbeliebt mit dem Urteil: “Es gibt einen großen Unterschied zwischen dem Spielen von Noten und dem Spielen von Musik, Millionen von Menschen spielen ein Instrument und machen den gleichen Klang wie eine Katze, die ihre Pfote gegen eine Note in einem Klavier drückt. Aber nur wer ein Gefühl für Musik und ein hohes Verständnis hat, kann mit Seele spielen.”

Das irische Publikum hat meist wenig übrig für seine Traditional Music, nennt sie gerne verächtlich Diddley-Dee, und schenkt ihr im lauten Pub allenfalls Beachtung als Hintergrundrauschen. Vor einigen Tagen besuchte ich einige Konzerte des Masters of Tradition Festivals in Bantry House. Welch ein Unterschied. Hier konnte man Haarnadeln fallen hören. Ein aufmerksameres Publikum hatte ich nicht erlebt. 200 Menschen würdigen die Musiker und achten die Musik, gehen auf in den oft Jahrhunderte alten Melodien.

Wer nicht an die Existenz einer Seele glaubt, sollte sich vielleicht die Akkordeon-Musik von David Munnelly oder Christy Macnamara, den Dudelsack von Mick O’Brien, die Geige von Martin Hayes und die Stimme von  Méabh Begley anhören. Wer die uralte irische Seele verstehen will, sowieso.

 

Ortskoordinaten: 51°40’39.6″N 9°27’52.2″W (Bantry House)

Das Foto zeigt die Geschwister Méabh, Níall und Eoin Begley (v.r.) beim Tribut-Konzert für ihren Vater Séamus, der am 9. Januar gestorben ist. Sie werden an der Gitarre begleitet von Steve Cooney (links), dem langjährigen musikalischen Partner von Séamus.


Orts-Zeit

 

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Alle Fotos: Markus Bäuchle