Der Charakter und das Wesen der Iren — wie sind sie denn nun wirklich, die Irinnen und Iren? Glaubt man den notorischen Lügenbaronen (Werbeagenten) des irischen Whiskey-Labels Tullamore Dew, dann sind sie „charismatisch, rebellisch, poetisch, schneidend, verblüffend und humorvoll„. Glaubt man dem in Deutschland gehandelten Stereotyp dann sind sie gastfreundlich, gesellig, redselig, bauernschlau bis gerissen und immer für ein Schwätzchen zu haben. Glaubt man den Iren selbst, dann sind sie Wetter- fixiert und Eigentums-besessen, zerstritten und Konsens-unfähig. Glaubt man dem angelsächsischen Stereotyp, dann sind die Iren große Kämpfer und noch größere Trinker — meist beides in einem. Die vier olympischen Medaillen im Boxen und die feucht-fröhlichen Jubelfeiern im Anschluß haben das Klischee wieder großartig genährt.
Diese Woche wartete ich etwa zwei Stunden in der Schlange an Irlands einziger Seilbahn, um von Dursey Island aufs Festland zurückzukehren. Der gesprächselige irische Inlands-Tourist aus dem County Louth hatte genug Zeit, mir seine Sicht der Dinge nahezubringen: Dass das mit dem Transport über den Dursey Sound nur so zögerlich funktioniert, erklärte er mir, wie die vielen anderen Unzulänglichkeiten im Land mit der simplen Überzeugung: „So sind wir halt, wir Iren.“ Fehlender Hochwasserschutz, schlecht funktionierende Müllabfuhr, schlechte Straßen, schlechte Handwerkerarbeit. Meister des Mittelmaßes? John aus County Louth zumindest beharrt darauf und ist fast ein wenig stolz dabei. Bald kommt er dann auf die wirklichen Stärken seines Stammes zu sprechen: „Große Kämpfer und noch größere Trinker“ eben.
Ich halte John entgegen, dass die Iren einschlägigen Untersuchungen zufolge besonders friedfertig sind und Irland im europäischen Vergleich der Alkoholvernichter nur im mediokren Mittelfeld landet. Das irritiert ihn nur kurz, die wirkliche Stärke sieht er dann in der Art, wie die Iren bechern: Nicht immer, aber wenn, dann richtig: Binge, Eimer-weise, komatös. Der Gassenbarde aus Ennis wird´s bestätigen, mir fällt es schwer.
Die Europäer sind laut Weltgesundheits-Organisation (WHO) die Weltmeister im Trinken: Sie konsumieren doppelt soviel Alkohol wie die Menschen weltweit im Durchschnitt; und während die Südeuropäer, vor allem aufgrund kürzerer Siestas, ihren Alkoholkonsum in den vergangenen 20 Jahren drastisch reduziert haben, trinken die Insulaner Großbritanniens und Irlands mehr als früher. Die WHO ermittelte für das Jahr 2009: Erwachsene Österreicher, Luxemburger, Portugiesen, Ungarn, Polen, Rumänen, Slowaken oder Spanier tranken pro Kopf mehr als die Iren, erwachsene Deutsche und erwachsene Iren genau gleich viel. Vergleicht man den Anteil der männlichen Sturz-Säufer in Deutschland und Irland, so kann Irland auch diesen Vergleich nur mit einem Unentschieden bestehen. Die WHO-Zahlen für den Alkoholkonsum der Gesamtbevölkerung im Jahr 2011 weist Irland abermals nur einen Platz im europäischen Mittelfeld zu. Das Bild vom weltmeisterlich trinkenden und gerne betrunkenen Iren ist deshalb falsch. So falsch wie manch anderes vertrautes Bild von und Vorurteil über die Irinnen und Iren.
Was glauben Sie, liebe Leserinnen und Leser: Wie sind sie denn nun wirklich, die Irinnen und Iren?
Quelle: WHO. Die Illustrationen stammen aus der neuen Werbekampagne für den Whiskey Tullamore Dew.
Der Artikel bzw. die Schlußfolgerung, daß Iren bezügl. Alkoholkonsum lt. WHO nur im Mittelfeld liegen ist falsch.
Statistiken lassen sich so manipulieren, daß man zu dem gewünschten Ergebnis kommt.
Ich habe lange in Irland gelebt. Die Iren saufen wie die Löcher und trinken defintiv mehr als andere Völker. Das weiß ich und meiner jahrelangen Erfahrung traue ich mehr als WHO-Statistiken,
Lt. WHO war z.B. auch die Vogelgrippe eine Pandemie die die Menschen angeblich dahinraffen würde wie zu Zeiten der Pest- und was war? Nichts! Ein paar altersschwache Menschen und chronisch Kranke haben diese Grippe nicht überlebt, genauso wie diese Menschen jede andere Grippe nicht überlebt hätten.
Also nicht einfach alles unreflektiert glauben und nachplappern!
Im Durchschnitt mag Irland beim Alkoholkonsum gemäss WHO-Zahlen vielleicht in der Mitte liegen („Pure alcohol consumption among adults (age 15+) in litres per capita per year“), aber das ist halt das Problem mit einer Durchschnittszahl – für jeden Trinker gibt es einen Abstinenten, sodass die konsumierte Menge bei den „Trinkenden“ relativ hoch sein sollte. Dies wird durch eigene Beobachtungen bestätigt! Aber „Binge-Drinking“, d.h. Trinken bis zum Umfallen, hat auch in der Schweiz Einzug genommen und jeden Tage enden im Durchschnitt 6 Jugendliche auf der Notfallstation von Schweizer Spitälern. Ansonsten sind die Iren/Irinnen hier in West Cork besonders freundlich, hilfsbereit und grosszügig, sie sind neugierig (im positiven Sinne) und nehmen sich auf jedem Falle gerne Zeit für einen Schwatz.
Die WHO-Zahlen basieren auf offiziellen Verkaufszahlen. Glaubst du im Ernst, daß in Irland jedes Pint richtig abgerechnet wird? Get real!
Ein Zitat aus der Indo von heute passt auch schön dazu :
„They hadn’t been able to socialise before that because the Olympics was an alcohol-free zone.This was the first time they were able to have a normal night out and relax,“ – so angeblich gesagt von John Conlan, dem Vater des irischen Bronze-Boxers, nachdem seinem Sohnemann in einem Dubliner Club sein Eierfon geklaut wurde.
Als ich hier vor vielen Jahren zum ersten Mal beim meinem heutigen Hausarzt war, war einer seiner ersten Fragen die, wieviele Pints ich pro Woche trinke. Standard-Abfrage bei einer Standard-Untersuchung beim irischen Allgemeinmediziner. In Deutschland hat mich das noch nie ein Arzt gefragt…
Ja, „die“ Iren trinken viel, sehr viel, Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel. Und? Jeder wie er mag, oder?