Es ist nicht allzu lange her, drei Jahre vielleicht, da waren Irland-Blogs und Irland-Diskussionsforen im Internet äußerst populär. Auf den Blogs wurde diskutiert, gestritten und um die Deutungshohheit gerangelt: Was ist dieses Irland, wie ist es, warum ist es anders, als das was wir von zuhause kennen, warum fasziniert es uns, warum sind manche negativ und andere positiv davon fasziniert? Warum berührt uns dieses Land? Die Zeiten haben sich geändert.
Von der munteren Diskussion ist nicht viel geblieben, sie ist dem schnellen Facebook-Like, der Trägheit der Autoren und dem Hang zu bequemer Selbstreferenzialität gewichen. Der oberlehrerhafte Irland-Chefblogger Bernd Biege in Cavan betreibt heute auf dem Berndlog.com bevorzugt Nabelschau und erzählt sich selber Geschichten aus dem Gemüsegarten und von den Wunden des letzten Krieges.
Die tapferen Nachrichten-Übersetzer und – Abschreiber vom Gaelnet.de sind längst serviceorientiert in anderen Berufen unterwegs und Nenad, der alte Irland-Hasser, der Irland nur mit „zwei R“ zu buchstabieren wusste, sitzt längst wieder im geliebten Deutschland und wird langsam altersmilde. Er schrieb uns diese Woche: „Man wird es mir nicht glauben, aber … ich vermisse Irrland so ein bisschen. Ist wahrscheinlich nur ein sentimentaler Moment …“ .
Nur auf Haralds Irlandlive.com und auf Dirks Blog-for-Ireland scheint ganz dann und wann noch ein heller grüner Geistesblitz auf. Ich selber will mich nicht ausnehmen: Meine Quintessenz, wie ich Irland sehe, warum ich gerne hier lebe, was es bedeutet, hier statt in Deutschland zu arbeiten, habe ich in meinem Buch „Irland. Ein Länderporträt.“ ( Foto oben, zu kaufen hier) beschrieben und zusammengefasst. Das Buch ist im August vergangenen Jahres erschienen und hat sich seitdem zu meiner Freude bislang sehr gut verkauft (Ein Dank an die Leser . . .). Doch damit war auch erst mal Vieles gesagt . . .
Und warum schreibe ich das? Bin ich vielleicht auch schon lange genug in Irland-Dingen unterwegs, um die Freuden und Schrecken der frühen Jahre in milder Erinnerung als das Goldene Zeitalter verkaufen zu müssen? Nein, es gibt einen anderen Grund, und der ist fleißig, klug, schreibfreudig und lebt seit 17 Jahren im County Clare: Petra Dubilski (Foto), seit langem bekannt als Autorin diverser Irland-Reiseführer („Dumont“), mischte in der Blog- und Foren-Szene als „pema“ heftig mit und positionierte sich gerne als freiheitsliebende Gälen-Emanze mit Tendenz zum Linksverkehr.
Petra hat nun in einem semi-literarischen Sidestep der alten Irland-Bloggerszene ein kleines Denkmal gesetzt. Es ist 256 Seiten lang, ganz aus Papier und heißt: „Fettnäpfchenführer Irland. Alles im grünen Bereich„. Das Buch ist gerade im Conbook Verlag erschienen, kostet 11,95 Euro und macht sich geschickt die Vorzüge von Internet-Diskussionen zu nutze. Petra beschreibt eine Dauer-Diskussion im Blog-Stil zwischen fünf Freunden, die alle auf ihre Art mit Irland verbunden sind. Die geschickt gewählte Struktur erlaubt der Autorin, vor uns ein gepflegtes Einerseits-Anderseits über diesen insularen Ort der Begierde auszubreiten. Da diskutiert die Irland-Realistin mit dem Grünbebrillten, da kommentieren der gemäßigte Irland-Romantiker und der Irland-Experte qua Geburt: der Ire selbst.
Mit diesem cleveren Konzept kann sich Petra schreibend einem Land wieder annähern, das sie eigentlich schon viel zu gut kennt und dessen Wahrnehmung bei Besuchern und Urlaubern je nach Standort extrem unterschiedlich ausfällt. Der eine oder andere Blogger mag sich in den Figuren Dubilskis vielleicht wieder erkennen, doch rein fürsorglich gilt für das gelungene Büchlein: „Etwaige Ähnlichkeiten mit lebenden Personen . . . sind rein zufällig“. Wir räsonieren über die Milde Pemas und empfehlen das unter schweren inneren Schmerzen entstandene und gut gereifte Blogbuch:
„Fettnäpchenführer Irland“. Lesenswert. Unbedingt kaufen. Hier.
Fotos: Ch Links Verlag (1, oben links); Conbook Verlag (2), privat (1, rechts unten)
Hallo miteinander
Zur Diskussion was früher war und abging in der Irland-Bloggerszene kann ich nicht viel beitragen, da ich diese leider verpasst habe. Mir persönlich gefällt – neben diesem Blog hier von Markus – derjenige von Harald von Irlandlive sehr gut. Dazu nur soviel.
Aber eigentlich wollte ich zum vorgestellten Buch meinen Senf beitragen. Ich habe es noch nicht ganz durch, aber es gefällt mir sehr gut! Eine absolute Empfehlung, da hat Markus ganz recht! Kaufen, kaufen, kaufen – egal wo :-)
Grüne Grüsse
Reto
Danke schön, Reto. Schmatzi! ;-)
(Die Freude für einsame Schreiberlinge sind immer begeisterte oder zumindest zufriedene Leser – ähm und die Tantiemen für jedes verkaufte Buch … )
Altersmilde! Was das denn?! Der Grund warum ich das geschrieben habe: wollte nur mal mein Photo hervorheben … muahahaaaa
Hallo Markus,
danke für den Buchtip, werden es uns bei unserem baldigen Deutschlandbesuch mal anschauen. Zum Thema kann ich leider nicht viel beitragen, da ich bis heute nur an Deinem und dem Blog vom Irelandman hängengeblieben bin.
Und eine Bitte an alle, die vorhaben, das Buch zu kaufen: wenn ihr die Möglichkeit habt, bestellt es bitte bei eurer Buchhandlung vor Ort, die können meistens innerhalb eines Tages liefern, wenn es im Laden nicht vorrätig ist. Ihr unterstützt damit den lokalen Buchhändler und nicht die Riesenkrake A… Da in Deutschland immer noch die Buchpreisbindung greift (die leider mehr und mehr untergraben wird), liefert der kleine Buchhändler um die Ecke zu den gleichen Konditionen wie ein Großkonzern. So, das mußte ich einfach mal loswerden.
In diesem Sinne
herzliche Grüße aus dem heute sehr sonnigen und milden Kerry
von Evelyn
@Evelyn , grundsätzlich hast du recht mit der Unterstützung der kleine Läden( egal ob Buch oder andere ) !! Nur wenn ich mir das hier z.B in Ingolstadt so anschaue, was gibt es hier …???ein mir bekannter kleiner Buchladen und drei bekannte Groß-Buchladenketten , wo ich auch zweimal hin muss wenn ich ein Buch bestelle ( bestellen/abholen), das bedeutet zweimal teuer Parken und ein größerer Zeitaufwand, welcher bei Berufstätigkeit auch nicht zu verachten ist.
Stöbern tu ich grundsätzlich lieber in Läden, aber so schöne kleine werden leider immer seltener….. Da nutze ich ehrlich lieber den Versand, egal bei wem und bekomme das Buch relativ schnell nach Hause geliefert .
Gruß Tina
Hallo Tina,
Du kannst sicher auch in der kleinen Buchhandlung in Ingolstadt das entsprechende Buch telefonisch oder per Mail bestellen und bekommst es dann genauso schnell, wie sonst mit Amazon (holst die Bestellungen halt die ersten Male ab – wäre nur noch ein Gang und bezahlst danach dann als (Rechnungs-) Kundin online und bekommst es ganz fix zugeschickt). Vorteil zu Amazon: Du kannst in Buchhandlungen, wenn Du nett fragst, auch mal „zur Ansicht“ bestellen und kannst in einen Reiseführer (oder ein anderes Buch) hineinschauen.
So ein Umstand ist es meist nicht, den lokalen Buchhandel zu unterstützen. Auch, wenn man mal keine Zeit hat: ein Anruf und man schickt einen Freund oder ein Familienmitglied am gleichen (wenn vorrätig) oder nächstem Tag vorbei – meist lässt sich das ja mit einer Erledigung verbinden (länger brauchen die Zwischenbuchhändler oft nicht); man spart sich das Porto und auch den evtl. Gang zur Post, da man ja auch nicht immer zu hause ist ;) . Manche Buchhändler haben inzwischen auch einen Bringservice mit E-Bikes oder anderem…
Wie dem auch sei: viel Spaß mit der Lektüre !
Grüße, Claudia
Da ich immer auf der Suche nach Irlandlektüre bin, wenn ich schon nicht immer da sein kann, werde ich mir dieses Buch doch glatt zu legen :-) Danke für den Tip !!
Ich hoffe doch stark, das dieser Blog, trotz flaute erhalten bleibt, da ich kein Facebook Freund bin.
Gruß Tina
Tina, dieser Blog bleibt, und nimmt auch demnächst mehr Fahrt auf.
Vielen lieben Dank für die nette Besprechung des Buchs, Markus!
Manchmal vermisse ich die alte Blogger- und Forumszene, das Streiten, das Herumalbern und auch das reale Kennenlernen einiger Mitstreiter. Selbst jene, die ich nie traf, sondern nur virtuell kannte, waren mir ans Herz gewachsen.
Aber abgesehen davon, dass einige nach Deutschland zurückgekehrt sind und Irland nur noch als Erinnerung welcher Art auch immer mit sich tragen, sind wir, die Verbliebenen, wohl aus der Debattierlust rausgewachsen. Was auch gut ist. Wäre doch traurig, wenn wir uns in alle Ewigkeit immer die selben Argumente an den virtuellen Kopf werfen würden. Außerdem werden wir wohl allmählich altersmilde … Und es wird Zeit für einen Generationenwechsel.
All jene, mit denen ich mich als pema gefetzt hatte, waren eine Inspiration für das Buch. Und all den Bloggern und Forumsstreitern ist dieses Buch gewidmet.
So, genug Schmalz. Jetzt klickt schon auf amazon und kauft’s! :-)
Liebe Pema, lieber Markus,
ich denke auch oft an die Zeit zurueck als wir uns alle so schoen fetzten. Z.B. im Irrlandforum (oder wie ich es liebevoll nannte: Dumpfbackenforum). Gerade erst vor kurzem habe ich mir ueberlegt, ob ich mich nicht wieder dort reinschleichen soll. Habe mir auch schon einen Nick ueberlegt: Mosche Frillmilch. Abgeleitet von Frische Vollmilch. Aber dann verwarf ich die Idee wieder. Was soll ich dort noch?
Der oberlehrerhafte Irland-Chefblogger Bernd Biege in Cavan betreibt heute auf dem Berndlog.com bevorzugt Nabelschau und erzählt sich selber Geschichten aus dem Gemüsegarten und von den Wunden des letzten Krieges.
Tja, was das angeht: seit er das erste mal nach China reiste, ist er ein Anderer geworden. Zuviel Natrium Glutamat, denke ich. Jedenfalls trieb mir der Besuch seiner Seite jedesmal vor lauter Gaehnen die Traenen in die Augen. Auch das ist Geschichte.
Es war mir auf jeden Fall eine Freude und ich bedaure nichts! Mittlerweile kommt es mir vor wie ein Traum. Deutschland hat mich wieder und die Erinnerung an Irrland verblasst so langsam.