Restaurant des Jahres in IrlandEssen gehen in Irland — lohnt sich das? Irisches Essen war traditionell für seine einfallslose Schlichtheit und das äußerst überschaubare Angebot bekannt. Kartoffeln, Kartoffeln, Kartoffeln in jeglicher Form und Verarbeitung, ein Stück Cheddar-Käse, zudem Porridge, Toastbrot, dann und wann ein Eintopf namens Stew. Hausmannkost auf Sparflamme. Wer bei der berüchtigten englischen Cuisine die Nase rümpfte, würde bei der irischen Küche zusätzlich noch mit den Augen rollen. Die Irish Cusine jedenfalls war es nicht, die in den 70-er und 80-er Jahren Urlauber ins Land lockte.

In den vergangenen 15 Jahren allerdings kehrte mit dem Wohlstand auch in Irland die Kunst des guten Kochens ein. Restaurants aller Art machten auf, das Angebot diversifizierte und internationalisierte sich, die Qualität stieg merklich. Einziges Problem in den Jahren des Keltischen Tigers: Die überhöhten Preise. Restaurantbesitzer nahmen, was die bekommen konnten und zu Wohlstand gekommene Iren ließen es unbeiirt krachen und kümmerten sich nicht um tiefschürfende Betrachtungen zum Preis-Leitungsverhältnis. Es galt als schick, die Euronen bednkenlos rauszuschleudern und den Teller allenfalls halb zu leeren. Kontinental-Europäern verschlug es dagegen regelmäßig den Appetit und die Sprache beim Studieren von Preisen und Rechnung.

Nun leidet Irland seit fünf Jahren unter einer zähen Wirtschaftskrise und die Zeit wird zurück gedreht: Die Preise in Restaurants, Bistros und Hotels sinken zwar, gleichzeitig aber geben mehr und mehr Gourmet-Tempel auf: Viele Iren können sich das Essen gehen schlicht nicht mehr leisten und kochen wieder ausschließlich daheim. Nun warnt eine von Irlands Food-Chef-Lobbyistinnen vor dem großen kulinarischen Kahlschlag: Die Restaurant-Kritikern und Gastro-Bewerterin Georgina Campbell sieht vor allem die ländliche Resstaurant-Szene in “Dire Straits” — in ernster Gefahr. Bei der Vergabe ihrer jährlichen Restaurant-Preise warnte die geschäftstüchtige Georgina, deren Auszeichnungen an zahlreichen irischen Restaurant-Eingängen prangen, vor einem “Rückfall in die dunklen Zeiten vor dem Boom.”  Jüngstes Opfer der kulinarischen Diäten des irischen Publikums ist ein aktueller Preisträger: O`Brien´s Chop House in Lismore, County Waterford, gerade ausgezeichnet für die landesweit beste Weinkarte, macht Ende Oktober dicht, weil die Gäste ausbleiben.

Zum Restaurant des Jahres ernannte Georgina Campbells Gastro-Kritiker-Imperium übrigens das Greenhouse Restaurant in Dublin´s Dawson Street (Foto).  Hotel des Jahres ist das Granville Hotel in Waterford und Küchenchef des Jahres Ian Orr von Browns Restaurant in Derry. Hoffen wir, dass diese gastlichen Stuben von Georgina´s Werbung profitieren und noch eine Weile offen bleiben.

Foto: The Greenhouse