Eyre Sqaue Galway City / Foto Sulmac

Eyre Sqaue Galway City / Foto Sulmac

Mitte April und es ist noch immer kalt in Galway Wir scheinen in der windigsten Ecke Irlands zu leben, Regen und Sturmböen wechseln sich ab, so wird jeder Sonnenstrahl mit einem breiten Lächeln begrüßt und kommentiert, what a lovely day today. Offiziell fällt der Startschuss für die „Sommer“saison alljährlich am St. Patrick’s Day am 17. März. Mitte, Ende März erwacht Irland aus dem touristischen Dornröschenschlaf, putzt sich heraus und öffnet seine Tore (viele touristische Attrakionen, Besucherzentren, kleine Museen etc. schließen von November bis März). Mitte März habe ich die ersten Reisebusse gesichtet, etliche kleinere noch für 20 oder 30 Gäste, aber auch schon ein paar 50-Seater, wie wir im Reiseleiter-Jargon sagen. Nun werden es wöchentlich mehr, und im Mai sind wir mitten drin in der beliebtesten Reisezeit zumindest für deutschsprachige Gäste, die keine schulpflichtigen Kinder haben. Familien folgen dann im Juni, Juli und August, wenn allerorts die Sommerferien beginnen.

In Galway bemerke ich den wachsenden Besucherstrom am deutlichsten am Eyre Square, dem zentralen Stadtplatz, der an den Bahnhof grenzt. Dort kommen Reisende im Bus oder Zug im Westen an, strömen über den Platz auf der Suche nach einem ersten Kaffee, einer Toilette und freiem W-Lan. Vorbei an den im Wind heftig flatternden Fahnen, die die Namen und Wappen der einst mächtigsten Familien der Sadt tragen, bewegt sich der Strom in Richtung Shop Street, dem Herzen Galways. Die Fußgängerzone liegt im alten Zentrum der City of the Tribes, hier und da kann man das mittelalterliche Galway erahnen,die meisten Gebäude stammen allerdings aus neuerer Zeit. Die Shop Street geht über in die High Street und zieht sich über die Quay Street bis zum zweiten wichtigen Platz Galways, dem Platz am Spanish Arch, früher Fischmarkt. Und hier, im beliebtesten Viertel Galways dem Spanish Quarter, dem spanischen Viertel, bemerke ich, dass die Stadt aus dem Winterschlaf erwacht ist. Die Stühle und Tische vor den Pubs sind wieder besetzt, eingemummte Touristen wärmen sich am Irish Coffee, Einheimische fletzen sich bereits im T-Shirt in die ersten Sonnenstrahlen und halten sich am Guinness fest. Straßenmusiker spielen und tanzen alle paar Meter, um sie herum bildet sich jeweils ein Kranz von Zuschauern, es ist kaum ein Durchkommen. Der Sommer ist da. In Irland, muss man wissen, beginnt der Sommer am 17. März.

Quay Street Galway City

Quay Street Galway City / Foto Andrea Weik

Meinen Körper kann ich auch im zweiten Jahr in Galway davon leider nicht überzeugen. Ich komme mir mitunter seltsam vor, eingepackt in Schal und Mütze und weiterhin in dicker Winterjacke, während etliche Iren und Irinnen um mich herum schon Sommerkleidung tragen. Die Sonne wärmt wunderbar, das stimmt, doch im Schatten bläst einem der kalte Wind um die Ohren, dass es nur so pfeift. Da fällt es mir leicht, die Angebote wahrzunehmen, die in house also irgendwo drinnen stattfinden. Wie letzten Dienstag das wunderbare Lunch Konzert in der St. Nicholas Kirche direkt am kleinen Marktplatz parallell zur High Street. Das Galway Contempo Quartett – zwei Geigen, Viola und Cello – spielte Debussy, und für eine knappe Stunde vergaß ich Wind und Wetter. Schaut ruhig hinein in die Kirche, immer wieder mal spielt, singt oder probt dort ein Ensemble oder ein Chor. www.musicforgalway.ie

Straßenmusik Galway

Straßenmusik Galway / Foto Andrea Weik

Die Kirche stand einst im Zentrum des mittelalterlichen Galway und ist heute eine der wenigen katholisch erbauten Kirchen aus dem Mittelalter, die die systematische Zerstörung während der englischen Reformation überlebt hat. Seit Ende des 16. Jahrhunderts ist sie im Besitz der Anglikanischen Kirche, der Church of Ireland. Sie ist täglich geöffnet und Besucher sind jederzeit willkommen.

Wenn Sie links um die Kirche herum gehen, erbliecken sie zurzeit genau gegenüber von Lynch’s Window eine Wandmalerei. Über eine ganze Hauswand hat der Galwayer Künstler Finbar247 seine Interpretation eines Textes von Philip Larkin gemalt. An drei weiteren Stellen finde ich seine Interpretationen von Texten einiger Autoren, die ab kommendem Sonntag am Literaturfestival teilnehmen werden.  www.cuirt.ie/the-poetry-wall-2015/poetry-walls-2015 . In Zusammenarbeit mit der Festivalsdirektorin Dani Gill entstand ein Projekt, das Literatur mit Street Art verbindet. Galway will 2020 European Capital of Culture werden.

Cúirt Poetry Walls / Foto Andrea Weik

Cúirt Poetry Walls / Foto Andrea Weik

Kommende Woche, ab Sonntag, dem 17. April, dreht sich vieles um Literatur hier in Galway City. Das Literaturfestival – Cúirt – findet seit 1985 jährlich im April statt. Autoren aus Irland und aus dem Ausland stellen ihre Werke vor, es gibt Lesungen – auch im kleinen Kreis und in privatem Ambiente zu den sogenannten Kitchen Readings – Theateraufführungen, Konzerte und Workshops. Einige Veranstaltungen sind frei, andere kosten 10, 12, Workshops auch mal 25 Euro. Einer der Höhepunkte der Woche wird die Verleihung eines Literaturpreises sein, des New Writing Prize. Die jüngste Gewinnerin dieses Jahres ist 17 Jahre alt und macht demnächst ihr Abitur. Das Programm und weitere Informationen findet ihr hier www.cuirt.ie oder gedruckt in der Touristeninformation.

 

Galway

Andrea Weik lebt in Galway

*  Die Autorin: Andrea Weik führt seit 2013 Touristen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz kreuz und quer über die Insel und gibt ihren Gästen einen Einblick in Geschichte, Kultur und Alltagsleben Irlands. Nach dem Studium arbeite sie in Berlin zunächst im Hotel, im Verlag und leitete dann viele Jahre eine Sprachschule im Herzen der deutschen Haupstadt. Nach einer Weiterbildung zum Life Coach machte sie sich 2010 selbstständig und tut seitdem, was ihr am meisten Spass macht: Lesen, Reisen, Übersetzen (Englisch-Deutsch) und Menschen in ihrer persönlichen Entwicklung unterstützen. Seit April 2015 lebt Andrea in Galway, wo sie Life Coaching Galway gegründet hat. Mehr findet ihr unter www.lifecoachinggalway.com