Irish FuneralIrland ist noch immer ein in den Tod verliebtes Land. Mit viel Aufwand, mit Hingabe und mit großen Emotionen wird die Abschiedsfeier zelebriert — vor allem auf dem Land.  Auch Geselligkeit, so merkwürdig das klingen mag, zeichnet die irische Beerdigung aus. Die traditionell dreiteilige Feier aus Totenwache (Wake), Totenmesse (Requiem Mass) und Begräbnis (Burial) zieht sich über zwei, drei Tage und ist ein Familientreffen, das die Dorfgemeinschaft immer mit einschließt. Die irische Beerdigung ist auch heute ein bedeutendes soziales Ereignis, für das sich die Familie so breit wie möglich aufstellt. Neben den  Tränen der Trauer fließen bei der irish Funeral Tränen des Mitgefühls und das Wasser des Lebens, der Whiskey.

Funeral ConeIn der Länge des Trauer-Corsos und der Zahl der Trauergäste drückt sich letztmals die Wertschätzung aus, die die Verstorbenen in der Gemeinde genossen haben. Nicht selten muss heute die Polizei den Verkehr bei Beerdigungen regulieren und das Chaos dort regulieren, wo sich die Verkehrswege seit 100 Jahren kaum verändert haben, und doch jeder zweite Trauergast im eigenen Auto zur Beerdigung anreist.

Die Kleiderordnung auf Beerdigungen bleibt indessen “informal.” , der Dresscode liberal. Jeder zieht das an, was im gefällt oder was er/sie für richtig hält. Auch wenn es eine Tendenz zu Schwarz gibt, wirkt die irische Trauergemeinde in der Regel bunter als die kontinentale.  Einen klaren Trend gibt es allerdings beim sogenannten “Funeral Cone”. Wenn die verkehrs-lenkenden Plastik-Kegel schwarz tragen, ist Trauer angesagt (Fotos) und man senkt das Tempo des Autos auf Schrittgeschwindigkeit.
Vor vier Jahren hatte ich auf Irlandnews dieses über das Business mit dem Tod berichtet:

Wen wundert es, dass die Bestattungsunternehmen in Irland, die Sargschreiner und die Grabsteinhauer die einzigen Professionen im rezessions-geschüttelten Irland sind, die ihre Preise unerschütterlich stabil halten. Während Hauspreise und Immobilienwerte zusammenschrumpfen, während die Lebenshaltungskosten auf der Insel spürbar gesunken sind, die Preise für Lebensmittel und Güter des täglichen Bedarfs unter dem Druck der wirtschaftlichen Krise deutlich billiger geworden sind: Sterben ist und bleibt teuer in Irland.

LeitkegelDie Irish Times hat einmal nachgerechnet und fand heraus, dass sich die Preise für eine durchschnittliche Beerdigung in den vergangenen zehn Jahren verdreifacht haben – und dass die Kosten nun auf hohem Niveau stabil bleiben: Eine “schöne Leich” in der Hauptstadt Dublin kostet aktuell mit allem Drum und Dran rund 6.500 Euro. Auf dem Land stirbt es sich erwartungsgemäß deutlich günstiger: Die ländliche Beerdigung kostet insgesamt rund 3000 Euro.

Dass die irischen Bestattungskosten so stabil sind, wie sie sind, hat neben der Tatsache, dass immer gestorben wird, einen zweiten Grund: Das Business mit dem Tod teilen auf der Insel einige wenige Familien unter sich auf. Lokale Monopole ohne Alternativen haben es leicht, die Preise zu diktieren – es gibt keinen Markt.

Auch das Produkt “Bestattung” gibt es auf der Insel fast ausschließlich in der althergebrachten Qualität in Holz und Erde. Krematorien existieren bislang nur in Cork und Dublin, Ausstattungs-Alternativen wie Öko-Särge oder neuartige Ruhestätten wie Fried-Wälder sind gerade erst im Entstehen. Man stirbt noch immer sehr traditionell in Irland, und doch: die neuen Zeiten deuten sich zart an. Das Undertaker-Geschäft steht vor der Liberalisierung.

Auch die letzten Dinge ändern sich langsam und allmählich im modernen Irland: Heftig diskutiert wird auf der Insel derzeit der Fall des kürzlich verstorbenen pensionierten Kunstlehrers Michael O`Shea aus dem nordirischen County Down. Michael war ein so handwerklich geschickter wie kostenbewußter Mann, und er trug schon zu Lebzeiten Sorge dafür, dass seine Familie durch sein Ableben finanziell nicht allzu sehr strapaziert werden würde. Also baute er sich im Jahr 2001 für weniger als 100 Euro einen Sarg aus Sperrholz – und zog rechtzeitig vor seinem Tod ganz in die Nähe des Friedhofs, um Transportkosten zu sparen. Nun kam der Billig-Sarg zum Einsatz — und erregt die Gemüter. Den Sargnutzer, der mit 81 Jahren starb, ließ die Debatte schon zu Lebzeiten kalt. Lakonisch kommentierte er das große Interesse an seinem Sargbau mit dem Satz: “Wir leben im Zeitalter des Heimwerkertums. Selbst Brot und Wein machen die Leute heute selber. Warum also nicht den eigenen Sarg?” 

Fotos: Eliane Zimmermann / www.aromapraxis.de