Alles ändert sich; doch es gibt Dinge, die ändern sich nicht sofort. Nach all den Jahren in Irland fällt es mir noch immer schwer, an einem Schaf vorbei zu gehen, ohne es zu fotografieren — ohne das ultimative Irland-Klischee abbilden zu wollen: Das Super-Schaf im Super-Land der Schafe. Dabei ist das Wolltier längst ins Hintertreffen geraten. Die Wolle nahezu wertlos, das Lammfleisch keine Alternative zum neuen großen Verkaufsschlager von der Insel: „Irish Beef“ ist angesagt.
Das vermeintlich gesunde Rindfleisch von vermeintlich gesunden Rindern von den saftigen, grün gedüngten Wiesen. Überall im Land werden Brachflächen rekultiviert und begrast, um noch mehr Rinder möglichst rasch und preiswert den von Fleisch dominierten Nahrungmittel-Märkten der Welt zuzuführen und den ungebrochenen Fleischhunger der Massen zu stillen. Die Schafe werden zunehmend zum Symbol der ertragsarmen Berg-Landwirtschaft in den unfruchtbaren Regionen Irlands. Das Foto der neugieirigen Schafherde entstand Ende Oktober in der tief stehenden Herbstsonne am Shot Head.
Die Bauern sagen mir, dass der Ertrag der Wolle die Kosten für das Scheren der Schafe kaum deckt.
„Die Wolle ist nahezu wertlos…“ – also hier auf dem Kontinent gehört original irische Donegal-Tweed-Wolle zu den teuren Wollarten. 190 m Lauflänge kosten etwa 7,50 € (50-Gramm-Knäuel). Da scheinen wohl wieder andere dran zu verdienen, aber nicht die irischen Schafhalter…