Die beherrschenden Themen auf der Insel passen zum Wetter: Nach einem Bilderbuch-Juni, wie es ihn seit 50 Jahren nicht mehr gab, schüttet uns der Juli mit Tropenregen zu: Bilder aus Dublin oder Mayo zeigen Straßen und Autos, die in meterhohen Fluten versinken, der Himmel schickt immer mal wieder und und in kürzester Zeit 80 Liter Wasser auf den Quadratmeter, als wäre das ganz normal. Die beherrschenden Themen jedenfalls geben den Menschen auf der Insel auch das Gefühl, dass sie im Regen stehen.

:: Die Regierung hält Job-Verluste mittlerweile für vollkommen normal – eine Anpassungs-Leistung sozusagen, um Überkapazitäten abzubauen und das Lohn- und Preisniveau zu senken. Mit bis zu 3000 Arbeitsplatzverlusten pro Woche, so heißt es, kann die Regierung leben. Eine halbe Million Menschen werden Ende des Jahres in Irland voraussichtlich arbeitslos sein – dies bei einer Bevölkerung von vier Millionen. Das ist verglichen mit Deutschland rund das Zweieinhalbfache.
:: Im einst sichersten Land Europas sind die Menschen über eine Tat schockiert, die sich am Freitagnachmittag um 15.45 im Herzen Dublins ereignete. In Parnell Street, am Anfang der O´Connell Street wurde ein 31jähriger Mann auf offener Straße und am hellichten Tag niedergestochen und blieb in einer großen Blutlache liegen. Noch mehr erregte viele Iren, dass hunderte Fußgänger an dem um sein Leben kämpfenden Mann vorbeigingen, ohne ihm zu helfen.
:: Die Staatsverschuldung scheint nicht mehr zu stoppen: Die Deckungslücke im irischen Staatshaushalt klafft immer weiter auseinander: Sinkende Steuereinnahmen stehen steigenden Ausgaben für Arbeitslose, vor allem aber für die Rettung der angeschlagenen Banken gegenüber. Während die Öffentlichkeit weitgehend still hält, wird der regierungskritische Ton in den Medien schärfer, und kritische Wirtschaftswissenschaftler wie Morgan Kelly vom UCD halten den Weg in den Staatsbankrott für kaum noch abwendbar. Als großer Fehler wird der Regierung angekreidet, die Banken zu entschulden und die Schulden den Bürgern des Landes aufzubürden. Zwei Generationen Iren würden die Zeche in Form hoher Steuern und erbärmlicher Staatsleistungen dafür zahlen müssen, dass die Regierung im vergangenen Jahr eilfertig verprach, für alle Schulden (außer Aktien) von sechs irischen Banken geradezustehen.
:: Zunehmend ins Schussfeld gerät die von der Regierung für den Herbst geplante Bad Bank Nama, die den Banken faule Kredite in Höhe von 90 Milliarden Euro zum “Schnäppchenpreis” von 75 Miliarden Euro abnehmen soll. Im Gegenzug wird der Staat Eigentümer von tausenden Grundstücken, halbfertigen Büro-Blocks, Gewerbeanlagen und Wohnsiedlungen und kultiviert die vage Offnung, diese “Assets” in besseren Zeiten zu höheren Preisen wieder verkaufen zu können. Ob es allerdings in den kommenden zehn oder 20 Jahren in diesem Land überhaupt wieder einen funktionierenden Immobilienmarkt geben wird, erscheint mehr als fraglich. Wahrscheinlicher ist, dass mehr Häuser abgerissen als neue gebaut werden.
:: Während sich die Probleme potenzieren, wird das irische Parlament nach der kommenden Woche den Laden erst einmal für drei Monate Sommerpause dicht machen, und auch die Regierung ruht sich aus. Die Empfehlungen der Experten-Kommision “Board Snip” zur Entschärfung der Stasatsverschuldung kommen in der kommenden Woche auf den Tisch des Finanzministers. Konsequenzen will die Regierung allerdings erst im Herbst oder Winter ziehen. Hat ja Zeit. Im vergangenen Jahr machte Ministerpräsident Brian Cowen geschlagene zwei Monate Sommerferien – und während die Regierungsarbeit ruhte, spitzte sich die Wirtschaftskrise im Land drastisch zu, und das “Nein” der Bürger beim EU-Lissabon-Referendum wurde vorbereitet – durch Tatenlosigkeit. Ob steigender öffentlicher Druck die Steuermänner ohne Plan vor einer erneuten Ferienorgie abhalten wird?
:: Wo aber bleibt das Positive in diesen Tagen? Dies vielleicht: Die Regierung bastelt an einem Gesetz, das Blasphemie, “Gottelästerung” , genauer das Verächtlichmachen, Beschimpfen oder Verpotten religiöser Symbole und Figuren unter Strafe stellen soll. Die Strafen für Blasphmie sollen nun doch nur maximal 25.000 statt ursprünglich geplanter 100.000 Euro betragen – Rezessionsrabatt sozusagen. In einer Zeit, da viele katholische Funktionäre auf der Insel wegen mannigfacher Missbrauchs-Vergehen am Pranger stehen, den entrückten Ober-Hirten gesetzlich in Schutz zu nehmen, ist eine drollige Sache – oder soll das Gesetz auch die iridischen Stellvertreter besser vor den aufgewachten Schäfchen schützen? Auch das keine wirkliche Good News. Wir vertrösten Euch auf morgen. Da wird alles besser: Das Wetter, die Nachrichten…