Merian galt immer als der Mercedes unter den Reisemagazinen. Dem Zug der Popularisierung und der Verflachung konnte sich das monothematische Premium-Reisemagazin im Lauf der Jahrzehnte allerdings auch nicht entziehen. Das macht auch das neue Themenheft Irland deutlich, das der Jahreszeiten Verlag jetzt auf den Markt brachte. Es ist das fünfte Heft über Irland seit dem Jahr 1959 – und natürlich hat die Sprache des Marketings und des Verkaufens auch in den redaktionellen Beiträgen des Merian Irland fröhlich Einzug gehalten.

Das einleitende Editorial des Chefredakteurs könnte unerkannt eine edle Broschüre des irischen Fremdenverkehrsamts schmücken. Die Beiträge über die Sonnenseiten Irlands, das muss man geradezu bewundern, brillieren durch die Kunst des Weglassens und des Ausblendens. So wie ein Fotograf heute den Strommasten aus dem herrlichen Foto vom Sonnenuntergang über der Galway Bay per Bildbearbeitung entfernt, so haben die Autoren wichtige Facetten der Realität in Irland gekonnt retuschiert. Oder gar nicht erst wahrgenommen. Das Stadtporträt von Dublin ist ein gutes Beispiel für die Kunst des Übersehens.

Respekt also vor der handwerklichen Leistung, und zudem: Das neue Merian Irland liest sich gut und flüssig. Es ist unterhaltsam und kurzweilig. Es beschreibt Irland in etwa so, wie es die eingefleischten Leser und Fans am Ende auch erleben wollen und werden. Und einige Perlen findet man zwischen all den schönen Landschaftsfotografien: Der Schriftsteller Hugo Hamilton erklärt uns das Wesen der Iren, und Ralf Sotschek, Irland-Korrespondent der taz, beschreibt gefühlig seine Wandlung zum Landei. Sotschek lebt seit 25 Jahren in Irland – und seit einiger Zeit in Irlands Westen im Burren. Warum? Lesen. In Papier für 7,95 Euro am Kiosk. In mehreren Auszügen kostenlos auch bei Merian online.