“How to travel Ireland” – Wir werden oft um Tipps für den optimalen Irland-Urlaub gebeten. Heute im Blog noch eimal fünf unserer ganz subjektiven Irland-Tipps. Die ersten fünf gab es am Samstag.

1. Meide die Ostküste, Du könntest genauso gut daheim bleiben.

Die irische Ostküste sieht heute aus wie der kontinentale Rest Europas: zersiedelt, von Straßen zerschnitten, industrialisiert und landschaftlich ohnehin immer schon eher gewöhnlich. Will heißen: Man kennt´s. Wer deshalb nur ein, zwei Wochen Zeit nach Irland mitbringt, sollte den Osten erst gar nicht in Erwägung ziehen und diesen souverän überfliegen (Dieses Statement ist natürlich gegenüber einzelnen Orten wie Newgrange, Cashel oder Tara vollkommen ungerecht…).

Also, den Osten überfliegen, in Cork, Kerry oder Shannon landen und dann die Westküste rauf und runter genießen: dort am Atlantik liegt das faszinierend andere Europa. Mizen, Muntervary (Sheeps Head), Beara, Iveragh (Kerry) und Dingle, die fantastischen fünf Halbinseln im Südwesten; dann West Clare, die Aran Islands, Connemara, vielleicht noch der hohe Norden Donegals. Berge, Meer, der weite Raum…

2. Wage einen Ausflug nach Belfast
Für alle, die nun den Eindruck gewonnen haben, wir wären stadtfeindlich: Schaut in Belfast vorbei. Nachdem ihr es schon einmal in den hohen Norden gebracht habt, lohnt ein Abstecher nach Osten in die Haupstadt Nordirlands. Belfast war in Zeiten der „Troubles“ eine belagerte, eine hermetische, eine gemiedene Stadt. Beklemmend die Straßensperren, Wachtürme, die Omnipräsenz von Polizei und paramilitärischen Truppen. Doch all dies ist Vergangenheit, die Zeiten sind friedlicher geworden. Belfast, die Schöne des Nordens, hat sich in den vergangenen Jahren zu einer fast normalen Stadt gewandelt. Anschauen lohnt sich. (Wer es schafft, ein paar Kilometer außerhalb der City am Belfast Lough Carrickfergus zu besuchen, den bittet der Autor um eine Postkarte. Er hat es bis heute nicht hinbekommen, den in seinem Lieblingssong besungenen Ort zu besuchen.)

3. Lass den Ring of Kerry links liegen
Irland, das ist im allgemeinen positiven Vorurteil Dublin und ein ländlicher Vorort namens Ring of Kerry (Gold). Dass diese Ringstraße um die südwestliche Halbinsel Iveragh gerade in Deutschland so berühmt geworden ist, liegt nur zum Teil an der landschaftlichen Schönheit und zum anderen an der Tatsache, dass der irische Tourismusminister lange Jahre aus Kerry kam. Die irische Politik funktioniert in hohem Maß nach tribalistischen Prinzipien, und so floss aus Dublin viel Geld nach Kerry, um den Ring touristisch auszubauen und ihn für große Reisebusse zu öffnen.

Ruhiger und landschaftlich genauso schön (wenn nicht schöner) sind die Nachbar-Headlands Beara und Sheeps Head oder Nord-Dingle. Der eigentliche Reiz von Kerry liegt im Landesinneren und ragt einen Kilometer weit in den Himmel: Die Kerry Mountains mit der faszinierenden Bergkette MacGillycuddy´s Reeks und Irlands höchstem Gipfel Carrauntoohil (1039m). Es mutet wie Abenteuer an, auf den kleinen Straßen durch das Blackwater oder das Gap of Dunloe den Weg durch die Berge zu suchen.

4. Bekenne Dich zum B&B
Das Bed & Breakfast (B&B), Übernachtung mit Frühstück bei Ma Murphy oder Mrs O´ Shea, war Jahrzehntelang das Rückgrat des irischen Tourismus. Die irische Institution aus der Zeit, als Tourismus noch Fremdenverkehr war und der Gast im Fremdenzimmer übernachtete, kommt in die Jahre. Viele Iren haben es zu Wohlstand gebracht und verlangen heute auf ihren Wochenend-Trips und in den Sommerferien standesbewusst nach einem Ferienhaus oder einem schicken Hotel mit Pool und Gym.

Das moderne Irland blickt ohnedies ein wenig mitleidig auf seine eigene Vergangenheit. Für manchen urbanen Dubliner gilt prinzipiell alles, was vor 1960 erfunden wurde, als verachtenswert, und so mußte auch das B&B im Lauf der letzten Jahre einen gewissen Bedeutungsverlust hinnehmen. Dennoch, und da wir Traditionen lieben: Es geht nichts über ein gutes B&B: Man findet es überall, in allen Landesteilen, an fast jeder Straße. Man wählt es (wenn man nicht gerade im ausgebuchten August unterwegs ist) spontan spätnachmittags nach Preisverhandlung und kurzem Matratzentest. Es ist preiswert, und mit etwas Glück schließt sich dem reichhaltigen Frühstück ein nettes Gespräch mit der Hausherrin oder dem getreu assistierenden Herrn des Hauses an.

5. Betrachte Irland von oben
Dass es in Irland viele satt-grüne Wiesen gibt, um die Schafe zu ernähren, ist bekannt, die vielen Seen,den Bootstrip auf dem Shannon und das Meer – schließlich ist Irland eine Insel – kennt man auch. Nur die irischen Berge haben bis heute wohl nicht die richtige PR-Agentur gefunden. Besucher sind immer wieder erstaunt, wenn sie vor einem der mächtigen Bergmassive hier im Südwesten stehen. 700 Meter Höhe, 900 Meter, ja 1039 für den höchsten, das klingt nach Hügel, geradezu läppisch. Ist es aber nicht.

Die Berge ragen direkt aus dem Meer dem Himmel entgegen, viele haben alpines Format, sind anspruchsvoll und schwer zugänglich. Dass die irischen Berge gerne unterschätzt werden, lässt sich aus den regelmäßigen Berichten der Bergrettungsvereine erfahren. Menschen, die in T-Shirt und Flip-Flops hoch hinaus wollen und sich im aufziehenden Nebel gefärhlich verlaufen, sind leider keine Seltenheit. Genug gewarnt: Wer kann und gut zu Fuß ist, sollte Irland erhaben von oben betrachten. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann sich führen lassen. Wir gehen mehrmals im Jahr hinauf auf den einzigartigen Aussichtsberg Sugar Loaf hoch über Atlantik und Bantry Bay oder auf den mächtigen Hungry Hill auf der Halbinsel Beara. Wir gehen, mein Klettern, kein Kraxeln. Wer mitwandern will, ist willkommen.