Irland live. Wir leben im Westen des County Cork, genannt West Cork – und dort in der Bucht von Bantry. Bantry Bay ist mit ihren 36 Kilometern die längste Bucht Irlands und eine der schönsten der Welt. Ihre Schönheit wird in vielen Liedern besungen (“Star of the County Down”) und in der Literatur gepriesen (Thackeray´s Irish Sketchbook). Die Blicke an schönen Tagen sind überwältigend, eine Kanufahrt in der Bay gehört zu den herausragenden Erlebnissen für Naturfreunde. Allerdings hat auch das bedenkenlose Profitstreben in den letzten 20 Jahren vor diesem Juweel nicht halt gemacht. In der Bucht wurde in dieser Zeit mit massiver finanzieller Unterstützung der EU die größte Muschelzucht Europas aufgebaut.

Muschelfarmer arbeiten traditionell mit viel Kunststoff: Plastikschnüren, Seilen, Stricken, Tonnen. Da das Meer in Irland immer als Mülldeponie betrachtet wurde (was in Vor-Kunsttoff-Zeiten auch gut funktionierte), überantworteten auch die Muschelfarmer ihre ausgedienten Schnüre, Tonnen, Stricke und Seile einfach dem Meer. Das Ergebnis kann jedes Frühjahr nach den Winterstürmen an den Stränden betrachtet werden: Sie sind übersät mit Plastikabfällen jeder Größe. Die einfache und doch so folgenschwere Rechnung: Die Miesmuschelindustrie entsorgt seit Jahren zum Nulltarif auf Kosten der Allgemeinheit (wer auch immer das ist…). Die Leidtragenden sind die Bauern, deren Kühe das angeschwemmte salzüberzogene Plastik fressen, die Vögel und die Fische, sowie die Leute, die den Müll aus ihren Gärten und Feldern sammeln müssen. Und natürlich die Tourismusindustrie.
Hinter dem Hauptverschmutzer der Bucht, der größten Muschelfirma namens Bantry Bay Seafoods, wie auch hinter dem größten Bauunternehmen und der größten Windfarm der Region, steht ein Mann: Bob Murnane. Patriarch Bob waltete Jahrzehnte lang nach Gutsherrenart und hat die über weite Strecken herrschende Partei des Landes, Fianna Fail, finanziell immer gut bei Laune gehalten. Bob gibt Arbeit, Bob hat Beziehungen, Bob hat Macht. Doch auch diese Macht stößt nun an Grenzen.
Wir arbeiten seit drei Jahren daran, Lösungen im Einvernehmen mit den Muschelfarmern zu finden. Die kleinen Unternehmen haben ihre Verantwortung für die Verschmutzung unumwunden zugegeben und kooperieren von Beginn an, sie säubern jährlich im Frühjahr gemeinsam mit Anwohnern die Strände vom angeschwemmten Müll. Bob´s Bantry Bay Seafoods allerdings zeigte sich lange unbeeindruckt, das Entsorgunsverhalten zu überdenken, warb aber auf der Firmenwebsite unverdrossen damit, Umweltschützer Nummer 1 zu sein. Nun weht dem Unternehmen, nach Skandalen mit giftigen Muscheln in Frankreich, Irland und den USA, der Wind scharf ins Gesicht, und man wird sehen, ob sich etwas bewegt. Saubere gesunde Muscheln jedenfalls, da sind wir sicher, kommen aus sauberen Gewässern und aus sauberen Farmen. Oder nicht? Bob´s Seafood-Website hat übrigens die Adresse www.bantrybayseafoods.com . Da können Muschelliebhaber und Strandspaziergänger sicher auch mal hinschreiben.
In wenigen Tagen sollen die Muschelfarm-Besitzer nun einen Code of (Best) Practice (CoP) unterschrieben, den der engagierte Hafenmeister von Bantry, Alec O´Donovan, mit Unterstützung der Bürgerinitiativen und der Muschel-Kooperative entwickelt hat. Mit der Unterschrift würden sich die Muschelfischer erstmals und freiwillig dazu verpflichten, sauber und umweltgerecht zu wirtschaften. Wir setzen auf “freiwillig”, weil man von der irischen Umweltpolitik so gut wie gar nichts erwarten kann. Wie es weiter geht – demnächst an dieser Stelle. No bother. Wir leben im schönsten Land Europas.