Was bekommt der Irlandfan (w/m) dieses Jahr zu Weihnachten? Aran-Pullover? Das wäre dann der vierte… Mit Kleeblättern bestickte Socken? Wie peinlich. Ein Sixpack Guiness? Bäh, aus der Dose… Kalender mit den ewig gleichen Motiven, das im wahrsten Sinn des Wortes atemberaubende “Connemara”-Parfum, Romane mit “irischem Humor”, Schafe als Salz- und Pfefferstreuer – alles schon dagewesen… Musik? Gibt’s da was Neues?

Es gibt was Neues von Tríona Ní Dhomhnaill. Die Dame ist ein Begriff in der Irish-Folk-Szene und kommt aus einer dieser Musikerfamilien, in denen Opa, Oma, Mummy, Daddy, Onkel, Tanten, Brüder und Schwestern zu Sammlungen uralter Lieder beigetragen haben, Neues schreiben, Bekanntes bewahren, Bands gründen, wieder auflösen und neu gründen. In Irland und im übrigen Rest der Welt, wo überall sich Iren tummeln. Tríona selbst ist seit 1970 hauptsächlich singend und Piano/Keyboard spielend aktiv, teils mit Traditional Folk, teils mit innovativen und jazzigen Klängen. Sie war bei Skara Brae, The Bothy Band, Nightnoise, Touchstone und Relativity dabei. Ich habe ihre eindrückliche Stimme auf den “Celtic Season”-Samplern des Labels Windham Hill kennen gelernt, ihre Kompositionen bleiben im Ohr und transportieren sehr viel Stimmung. “Snow on High Ground”, für Nightnoise geschrieben, ist eins meiner Lieblingsstücke und auch im WWW zu hören. Auf ihrer Homepage finden sich im Shop 22 CDs, an denen Tríona mitgewirkt hat – das muss eine erst mal schaffen!

Im Sommer ist nun “The Key’s Within” erschienen, eine Instrumental-CD mit 14 selbst komponierten Stücken, in denen das Piano die Hauptrolle spielt. Ergänzt wird es durch Keyboard sowie gelegentliche und zurückhaltende Harmonika- und Tin-Whistle-Beimischungen (alles von Tríona selbst gespielt), die den folkigen Akzent reinbringen. Unter anderem wird das in “Bríd” deutlich, das der folk-verbundenen Mutter gewidmet ist. Andere Stücke spiegeln Impressionen aus der Natur wider (“The Sun on the Water”, “Rain on Stone”, “Island Hop”), und das ist für mich die Stärke dieser CD: die melodischen Stimmungsbilder, die spannende Mischung aus Akkorden, die zwischen Irish Trad und Keith Jarrett schwingen, die Heiterkeit und Gelassenheit in den munteren Stellen. Auf angenehme Weise sperriger als Phil Coulters Klavier-Süßigkeiten, dürften einige Stücke gern doppelt so lang sein. Die richtige Musik, um mit einer Tasse Tee in der Hand den Schneeflocken bzw. Regentropfen beim Fallen zuzuschauen, oder um sie im Hintergrund beim Kochen laufen zu lassen, oder als Nervenfutter, während mensch mit der Steuererklärung kämpft. Das (ansonsten wenig informative) Booklet zeigt ein zweites Talent von Tríona: Tier- und Landschaftsfotografien, die in ihren Stimmungen bestens mit der Musik harmonieren.

Der einzige kleine Wermutstropfen findet sich ganz am Schluss der CD: es erschließt sich mir bisher nicht, welchen Hintergrund die Einspielung des Kinderchores mit der englischen Version von “Mein Vater war ein Wandersmann” haben könnte. (Ein verstecktes Tribut an unseren “Wanderer”???) Wer das Stück nicht gerade niedlich findet, kann es aber durch den rechtzeitigen Druck auf die Stopp-Taste vermeiden und sich so die Stimmung der CD erhalten.

Die CD ist im Selbstvertrieb auf Tríonas Homepage www.trionanidhomhnaill.com erhältlich, hier können die Stücke auch angespielt werden (ältere Stücke sind als Untermalung der Gallery zu hören). Die Lieferzeit betrug Anfang Dezember kurze drei Arbeitstage, und eine kurze persönliche Notiz von Tríona war auch dabei. Viel Spaß damit!

Dieser Geschenktipp wurde ausgesucht und geschrieben von Nicola.