Patti Smith ist heute 67 Jahre alt.

Patti Smith ist heute 67 Jahre alt.

Man muss nicht weiß sein, um ein Ire zu sein. Auch eine bekennende “white Nigger” hat irische Wurzeln. Doch dazu in einer Weile. Die US-amerikanische Bewunderung für Irland und die Irishness  kulminiert im kollektiven Stolz auf die irischen Wurzeln von schätzungweise 40 Millionen Amerikanern. Im Buch Irland. Ein Länderporträt schreibe ich darüber:

“So wundert es kaum, dass viele Menschen weltweit es nicht dabei belassen, Irland zu feiern, sie wollen ein Teil davon sein und dazugehören. Millionen Amerikaner, die ihre eigenen Wurzeln suchen, wünschen sich bevorzugt dieses Ergebnis: »Ich bin ein Ire.« War es zu Zeiten der großen Auswanderungswellen im 19. Jahrhundert ein Makel, aus dem Armenhaus Irland zu kommen, so hat sich dies längst ins Gegenteil verwandelt: US-Amerikaner tragen ihre irischen Familienbande gerne und stolz wie eine Monstranz vor sich her. John F. regierte als erster irisch-katholischer Präsident die USA. Auch der Schauspielerpräsident Ronald Reagan hatte Vorfahren aus Irland, so wie 18 weitere amerikanische Präsidenten, unter ihnen Richard Nixon, Jimmy Carter, Bill Clinton sowie George Bush senior und junior. Dabei muss man nicht »weiß« sein, um irische Wurzeln zu haben: Auch Barack Obama verweist stolz auf seine irisch-europäischen Wurzeln. Der Besuch Obamas in Irland im Jahr 2011, nur zwei Wochen nach der Queen, gab den Insulanern endgültig das Gefühl, ganz oben angekommen zu sein. Unvergesslich der ikonische Augenblick, als Obama am 23. Mai auf Stippvisite im Dorf-Pub von Moneygall, dem Herkunftsort seiner irischen Vorfahren, zur Feier der Irishness ein Pint Guinness leerte.

Der größte Autobauer aller Zeiten, Henry Ford, kam aus Irland, und natürlich der Größte schlechthin, der größte Boxer aller Zeiten, Muhammad Ali, war einer der Ihren. Dem von Krankheit gezeichneten Ali wurde im September 2009 die Ehrenbürgerschaft der Stadt Ennis im County Clare verliehen. Der Champion nahm die Auszeichnung in der Heimatstadt seines Urgroßvaters Abe Grady gerührt entgegen – im Beisein seiner drei Cousinen vierten Grades, Imelda O’Grady, Mary Grady Gormley und Mary O’Donovan – und Ennis rief »Welcome home, Ali«.

Die Liste der Namen mit grünblütigen Prominenten könnte ein eigenes Buch füllen. Deshalb hier nur ein paar besonders leuchtende Beispiele, um die Bedeutung des kleinen Inselvolks eindrucksvoll zu untermauern. Zum grünen Club gehören Billy the Kid (Revolverheld), Ché Guevara (Revolutionär), Mariah Carey (Popstar), Grace Kelly (Prinzessin), Harrison Ford (Indiana-Jones-Darsteller), Richard Daley (Bürgermeister von Chicago), Eddie Murphy (Schauspieler), Kurt Cobain (Musiker), F. Scott Fitzgerald (Schriftsteller), Walt Disney (Unternehmer und Maus-Erfinder), John Ford und Alfred Hitchcock (Filmregisseure), und, jawohl, Kate Middleton (Herzogin von Cambridge).

Patti SmithUnd auch in ihren Adern fließt das grüne Blut: Heute feiert die Rock-Poetin Patti Smith ihren 67. Geburtstag. Sie bekannte sich als “Rock N´Roll Nigger” zu einer Existenz am Rand des amerikanischen Alptraum-Mainstreams. Die Frau, die den Rock&Roll in den 70er Jahren fast im Alleingang erneuert hat und bis heute eine Quelle der Kreativität und der Inspiration ist, wuchs in einer Familie mit irischen und italienischen Wurzeln in armen Verhältnissen im Germantown von Philadelphia auf. Als Kind spielte sie mit ihren Geschwistern die Kriege ihrer Vorfahren nach: grün gegen orange, katholisch gegen protestantisch. Ende der 60-er Jahre zog Patti Smith nach New York,  lebte mit dem ebenfalls irischstämmigen Fotografen Robert Mapplethorpe zusammen und stieg zur Göttin des Punk auf. Die beiden bezogen viele kreative Impulse aus ihrer Anti-Haltung zum irisch-amerikanischen Katholizismus.

Patti Smith kommt regelmäßig nach Irland und gibt hier beeindruckende Lesungen und Konzerte. An diesem letzten Montag im Dezember schreibt die Künstlerin auf ihrer Facebook-Seite mehrdeutig: “I like getting old“. Ich mag (es,) alt (zu) werden.  Das ist mal ein anderer Weg, das Altern zu begreifen. Und als lebenspraktisches Motto empfiehlt Smith im Rückblick auf ein wildes Leben: “Be clean, work hard, be healthy, be happy, be free“.

Das könnte auch ein guter Vorsatz für das neue Jahr sein. In diesem Sinne: “Guten Rutsch” und ein kreatives Jahr 2014. Be good!

Fotos: Markus Bäuchle (oben); www.pattismith.net (links)