Iren halten sich in der Regel für tolle Erzähler, für unterhaltsame Redner und für besonders humorvoll. Wenn sie an die Deutschen denken, denken sie vielleicht an Pünktlichkeit, tolle Produkte und Zuverlässigkeit. Humor gehört nicht dazu. Diese Woche erst frotzelten Irlands oberste Touristiker bei einem Treffen in Skibbereen über den homöopathisch dosierten, den völlig fehlenden oder den gut versteckten Humor der Deutschen. Trotzdem wagten sich die Marketingleute von Tourism Ireland in diesem Jahr wieder an das heiße Eisen und versuchten sich an einem humorvollen TV-Werbespot für Deutschland.
Sean aus Galway stellt den Deutschen sein Land vor – mit deutsch-kompatiblem Humor oder dem, was man bei Tourism Ireland in Dublin dafür hält. Gelungen oder nicht? Was vor allem auffällt: Das alte traditionelle Irland-Bild wird wieder in kräftigen Farben gemalt. Der Farmer, die Bauernstube mit Herd und Tee, die „Rush Hour“, die Landschaft. Die Deutschen lieben diese Klischees – meint man zumindest in Dublin. Der Spot läuft in diesem Jahr im deutschen Fernsehen. Gelungen oder nicht? Schaut selber: https://www.youtube.com/user/entdeckeirland
Danke für die Komplimente :-) Meine ist natürlich nur eine Einzelmeinung, Leute wie Markus, die mit vielen Besucher/innen sprechen, könnten da sicher noch solidere Infos geben. Wenn sie denn mal einer fragte.
Gute Werbung für ihre Länder, die so ein ähnliches Angebot haben wie Irland, machen zB Norwegen, Schweden, auch Schottland (dieses übrigens auch mit typischen Schotten – die aber modern und aufgeschlossen rüberkommen): Natur, Entspannung, Kultur, in einer Welt von heute.
Lieber Markus,
auch ich muss Nicola voll zustimmen wie sie die Dinge beschrieben hat.
Es wäre schon wünschenswert wenn Tourism Ireland mal eine Umfrage starten würde, was eigentlich
die Touristen (die schon mal in Irland waren) von ihrem Land erwarten oder erwartet hatten. Nicht
jeder Tourist liebt es einen Pub zu besuchen, oder mag den irischen Regen (lovely day today), ganz zu
schweigen davon die hohen Preise in den Restaurants bezahlen zu müssen!
Wurden die Erwartungen erfüllt oder wurden sie enttäuscht? Nur daran lässt sich eine geeignete
Werbung festmachen. – Was nützen unzufriedene Gäste die nie wieder kommen werden und ihre
Unzufriedenheit bestimmt nicht mit Humor sehen werden.
Wenn ich mir so meine Mitreisenden im Flugzeug ansehe, sind nur ganz wenige junge Rucksack-
Touristen unterwegs. Die meisten Reisenden sind doch Mittelalter oder wie ich, schon Rentner.
Wie auch schon erwähnt, ist Irland ein noch immer zu teures Pflaster und deshalb nicht für
jeden erschwinglich. – Und ehrlich gesagt, kann der Humor auch deshalb total auf der Strecke bleiben;
er vergeht einem hinsichtlich der Preise und wenn man abgezockt werden soll (Eintrittspreise
für eine schöne Aussicht)!!
Aus diesem Grund werde ich sehr wahrscheinlich in diesem Jahr zum letzten Mal nach Irland
reisen. Die Preise steigen und steigen (oder bleiben so teuer wie immer), aber wie beispielsweise
in meinem Fall, die Rente steigt nicht.
Ich kenne auch etliche Meinungen der Reisenden zu den vielen neu erbauten "Bauruinen", die
in den letzten Jahren des keltischen Tigers wie Pilze aus dem Boden gewachsen sind.
Diese Dinge können nicht mit Humor betrachtet werden und werden von vielen als sehr störend
empfunden. – "Was, muss denn jeder freie Platz bebaut werden – wo bleibt denn die vielgepriesene
unberührte Natur? – Die schönsten Ausblicke sind zugepflastert und dann diese grässlichen Wind-
Parks! Da kann ich ja gleich bei uns an die Nordseeküste fahren! Und dann noch diese überzogenen
Preise!"
Und – ganz ehrlich, wer von den Iren lebt noch in den strohgedeckten ärmlichen Cottages ?!
Ich kannte noch solche Menschen vor 45 Jahren, aber waren die etwa glücklich mit ihrer Armut?
Und damit will man Werbung machen?! Da habe auch ich so meine Probleme mit dem Humor!
Trotzdem wie immer herzliche Grüße auf die Insel, Elke
Ja, Klischees sind eine spannende Sache. Wir Deutschen glauben auch, dass die Amerikaner Neuschwanstein und bayrische Lederhosen lieben. Aber vielleicht täuschen wir uns, wer weiß?
Nicola, du hast es super auf den Punkt gebracht! Ist ja nicht schwer nachvollziehbar, wenn man mal in dicht besiedelten Gegenden Deutschlands unterwegs war, zu erkennen, was den Einen fehlt und die Anderen doch noch haben. Aus welchen Gründen auch immer. Die Armut-Romantikschiene steht bei mir eher in der Zynik- als in der Humorecke!
Humorig finde ich in diesem Spot nur das Lächeln des Farmers, das haben sie gerne drauf, man weiß oft allerdings nicht, woran man dabei wirklich ist ;-)
Nicola, die Werbemacher sollte dich fragen!
Abgesehen davon, lassen sich die Deutschen (und ein paar Östereicher usw) eh nicht davon abhalten, Irland zu besuchen. Gscheite Wegmarkierungen, freier Zugang zu schönen Plätzen, mehr Wanderwege , spezielle Reiseführer, sowas in der Art würde mehr bringen.
Warum nur fragen sie uns nicht ;-)
Ich denke, der Spot sagt mehr über den Macher als über über die Deutschen :-D Scheinbar hat die Agentur schon lange keinen Deutschen mehr gesprochen, möchte man meinen.
PS: die mittelalten Touris haben auch eher das Geld für dieses immer noch nicht billige Urlaubsland…
Den Humor finde ich ja noch ganz nett. Seit Wochen läuft ein entsprechend angepasster Spot täglich im Radio ("Rush hour" = Schafsgeblöke, "Wellness-Oasen" = Meeresrauschen, "Chatrooms" = Pubgeräusche).
Ich hab dabei so meine gemischten Gefühle. Natürlich muss für die Touri-Industrie was getan werden, aber ich finde die Strategie kurzsichtig. Es lassen sich vermutlich mit den Klischees eine Reihe Neugieriger anlocken, die dann aber ein anderes Irland vorfinden und enttäuscht kein zweites Mal kommen. Bedenklich finde ich am TV-Spot auch, dass da eine Wohnsituation, die Armut bedeutet, als Romantik dargestellt wird.
Ich würde die Werbung viel mehr auf die Möglichkeiten abstellen, intensiv Natur zu erleben (Radfahren, Wandern, Surfen, Reiten, Draußensein – so à la Jack Wolfskin), und einzelne kulturelle Highlights (nein, nicht den "Heiratsmarkt" in Lisdoonvarna, sondern kleine aber feine Festivals in den Städten). Dass es dort Stille, gute Luft, viel Platz, einen langsameren Lebensrhythmus gibt, müsste nicht immer mit diesen altmodischen Vorstellungen verbunden werden. In Irland gibt es Hightech-Küchen UND friedliche Stunden auf einem Weg durchs Hochmoor. Es gibt komfortable B&Bs UND zerfallene Ruinen. Es gibt Industrieunternehmen UND keltische Kultstätten. Ich finde diese Konstellationen schon spannend – kann man da nichts draus machen?
Es müsste auch mal das Durchschnittsalter der deutschen Irland-Interessenten untersucht werden: ich glaube nicht so recht, dass das die jungen Leute aus den Spots sind, sondern eher so mittelalte, die Abstand vom hektischen Alltag suchen.