Rassismus in IrlandWas läuft schief, wenn ein Ire einen anderen Iren einen “Fat polish F***er” nennt? Im County Mayo hat sich  genau das zugetragen: Ein Ire aus Castlebar beleidigte den irischen Türsteher eines Nachtclubs als “fetten polnischen F***er”. Er kam dafür vor Gericht und wurde zu 1000 Euro Bußgeld verdonnert, zahlbar an eine polnische Wohltätigkeits-Organisation. Auch die “lieben Irinnen und Iren” sind vor Fremdenfeindlichkeit nicht gefeit — und so sehen sich gerade die Polinnen und Polen als größte Gruppe nicht-irischer Staatangehöriger in Irland einem alltäglichen mehr oder minder subtilen Rassismus ausgesetzt.

Wie sie es auch anstellen, es ist dem heimischen Plebs in den Zeiten der Wirtschaftskrise nicht recht zu machen: Gehen Polen in Irland arbeiten, dann nehmen sie den armen Iren die Arbeitsplätze weg. Gehen sie nicht arbeiten, dann schmarotzen sie sich mit Hilfe der irischen Sozialhilfe durch. Auch diese Vorurteile und unausgesprochenen Vorwürfe stecken im Wort “polnisch”, wenn es als Schimpfwort benutzt wird.

Vom hunderttausendfach praktizierten miesen kleinen Rassimus im irischen Alltag zum öffentlichen Skandal ist es meist ein langer Weg mit unerreichbarem Ziel. Eine hohe Repräsentantin des Staates, eine irische Richterin, fand jetzt allerdings mit einem einzigen Satz die perfekte zielführende Abkürzung. Ausgerechnet die Richterin, die den vor dem Nachtclub pöbelnden Iren veurteilte, setzte noch einen Polen-feindlichen Angriff obendrauf – und sorgte so letztendlich für den Skandal. Auf die Frage, ob es in Irland eine polnische Wohltätigkeits-Organisation gebe, an die der Pöbler seine Strafe zahlen könnte, antwortete Richterin Mary Devans mit grob rassistischem Ressentiment: “Die polnische  Wohltätigkeits-Organisation in Irland gibt es. Man nennt sie Sozialhilfe.” Da war es wieder, das Bild vom faulen betrügerischen Sozialschmarotzer aus dem Ausland. Ob es vom faulen betrügerischen Sozialschmarotzer im eigenen Land ablenken soll?

Irish Multi-Kulti endet nicht nur an der Taxi-Tür sondern auch vor den Schranken des Gerichts.

Laut Volkszählung aus dem vergangenen Jahr haben sich zahlreiche Polen trotz Wirtschaftskrise dauerhaft in Irland eingerichtet und leben hier: 2011 waren es laut offizieller Statistik immerhin 122.585 Menschen mit polnischem Ausweis, die in Irland lebten — fast doppelt so viele wie im Jahr 2006, dem Jahr, bevor in Irland die Keltentiger-Blase platzte. (Die Vokszählungsergebnisse berücksichtigen zwangsläufig nicht die Personen, die den Fragebogen nicht ausgefüllt haben.)  Die Zahl der in Irland lebenden Deutschen ist im selben Zeitraum seit 2006 übrigens um knapp zehn Prozent auf 11.305 Personen gestiegen. Das widerlegt den Eindruck, dass  “die meisten Deutschen” das Land in der Rezession wieder verlassen hätten. (Plausibel mag sein, dass in den Jahren 2008 und 2009 noch mehr Deutsche auf der Insel lebten als 2011.)