8. Dezember. Nach traditionellem Verständnis beginnt heute in Irland die Weihnachtszeit. Das mag keiner glauben, der bereits im September in einzelnen Geschäften auf der Insel Weihnachtsdekorationen entdeckt hat. Der 8. Dezember jedenfalls ist für die Katholiken im Land ein Feiertag. Zelebriert wird die „unbefleckte Empfängnis“ (immaculate conception). Was die wenigsten wissen: Nicht Jesus, der Gottessohn, sondern dessen Mutter Maria soll an diesem Tag völlig frei von jeder Erbsünde im Schoß ihrer Mutter, der Heiligen Anna (Hanna, Avva, Foto rechts) aus Farras empfangen worden sein — inspiriert von keinem Geringeren als dem . . . aber lassen wir das.
Heute bleiben Primärschulen, die noch unter dem Einfluss der Kirche stehen, zur Freude des Nachwuchses geschlossen. Der große Christmas-Run geht in die Hauptrunde. Nachdem sich die wirtschaftliche Lage im Land gebessert hat, erwartet der Einzelhandel nach vielen Jahren wieder ein prächtiges Weihnachtsgeschäft. Shop´til you drop. Es gibt ja nichts Schöneres nach sieben mageren Jahren. Franziskus, der bemerkenswerten Klartext sprechende Papst, hat Weihnachten angesichts des verheerenden Lage, in der sich die Welt befindet, als „Affentheater“ bezeichnet. Dabei ist es nie zu spät, den Dingen, die einmal wirklich wichtig waren, einen neuen tiefen Sinn abzugewinnen.
Heute, am 8. Dezember, treffen sich auch die europäischen Finanz- und Wirtschaftsminister in Brüssel, um endlich dem organisierten Steuerbetrug der multinationalen Großkonzerne einen Riegel vorzuschieben und die globalen Unternehmen zu mehr Steuerehrlichkeit zugunsten der europäischen Gemeinwesens zu zwingen. Irland gehörte in den vergangenen Jahrzehnten zu den Profiteuren einer staatlich organisierten unbefleckten Empfängnis von Unternehmens-Profiten. Die irische Regierung belohnte US-Multis wie Google, Intel, Apple, Amazon und Co. für die Schaffung von Arbeitsplätzen in Irland willig mit handgestrickten Steuerschlupflöchern, die die Steuerquote auf unter zwei Prozent drückten. Bis vor kurzem noch sah es so aus, dass Irland unter dem Druck der europäischen Partner endlich zu mehr Steuer-Fairness finden würde. Doch der Schein trog: Gestern wurde bekannt, das die alten Steuerprofitler Irland, Malta, Zypern und Litauen eine Einigung in Brüssel hintertreiben. Hoffen wir im Sinne unserer Communities und unseres Gemeinwesens, dass dies nicht gelingt und dass die totale Privatisierung von Gewinnen bald ein Ende hat — zugunsten der Ausbildung der Jugend in Europa, zugunsten der gelingenden Integration von Flüchtlingen, zugunsten der Wirtschaftshilfe für die schwächeren Partnerländer in Europa . . .
Foto der Heiligen Anna: Wikipedia
John F. Kennedy 1961: „Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann, sondern fragt, was ihr für euer Land tun könnt.“…
Ein hohes Ideal, dem schon damals keiner gefolgt ist. Für die Vereinigten Staaten von Europa sieht es nicht viel besser aus. Den eigenen Wählern kann man halt am besten egoistische Ziele vermitteln. Wie viele Flüchtlinge wollte Irland noch aufnehmen?
Das Nachbar-County Kerry zeigt sich schon überfordert, insgesamt 43 Menschen aus Syrien aufzunehmen . . .
Schön hast Du geschrieben Markus und so wahr. Obwohl mir persönlich ein Satz aus der Weihnachtsmesse 2014 von Franziskus besser gefällt: „Wie sehr braucht doch die Welt von heute Zärtlichkeit“
Bei uns ist die Weihnachtszeit die Zeit, in der noch mehr als sonst auf Respekt, Wertschätzung, Miteinander und Zeit für Freunde etc. Wert gelegt wird. Bei uns gibt es keine Geschenke zu Weihnachten, sondern „Aufmerksamkeiten“.
Ich hoffe mit Dir, dass in Brüssel etwas positives für Alle herauskommt – nicht nur für die Multis, die sich ja so oft aus der Verantwortung ziehen.
Habt noch eine schöne, besinnliche Zeit