Rock of Cashel

Der Rock of Cashel thront über dem Nebel. Ein Foto von Peter Zoeller

Gewinner und Verlierer: Finanz-Jongleure, Lebensmitttel-Spekulanten, chinesische Autohändler oder angelsächsische Rechtsanwälte haben Konjunktur in diesen Jahren. Ihre Berufe boomen. Andere, noch immer sehr angesehene Professionen, stehen derweil unter gewaltigem Druck. Zum Beispiel der des Fotografen.

Kürzlich hatte ich mit einem Buchverlag zu tun, der das Herstellen von Büchern in der Art betreibt, wie andere Firmen Thunfisch in Dosen pressen oder Toilettenpapier mit Blümchen bedrucken. Dieser Verlag – und er ist leider überhaupt keine Ausnahme – hat ein beeindruckendes Budget für Titel-Fotos: Es liegt bei 0 € (null Euro). Will heißen: Der Verlag veröffentlicht Jahr für Jahr zahlreiche neue Bücher, gibt aber kein Geld für Fotos und somit auch keines für Fotografen aus. Die Illustrationen besorgt man sich für lau, gerne werden sie “aus nem Billigheimer-Karton gezogen” (authentischer Verlags-Jargon). Wo bleiben da die Berufs-Fotografen?

Die schwimmen mit um ihre Existenz auf der Bugwelle des blindwütigen Foto-Tsunamis aus hunderten Millionen Fotos, die geschossen, geknipst oder aufgenommen wurden und werden, von Laien, Dilettanten, von ambitionierten Hobby-Fotografen und von professionellen Fotografen, die den Auslöser drücken, um zu leben. Die Massenhaftigkeit des Knipsens und die Flut der Bilder haben das Foto entwertet, die digitale Herstellung und beliebige Vervielfältigung haben den Unterschied zwischen Fotografie und Knipsen nivelliert und die Seh-Sinne derart abgestumpft, dass die Qualität der fotografischen Arbeit weniger denn je eine Rolle spielt, geschweige denn bezahlt wird.

Der deutsche Fotograf Peter Zoeller lebt und arbeitet seit Jahrzehnten in Irland. Seine Landschafts-Fotos haben das zeitgenössische Irland-Bild der Deutschen maßgeblich geprägt. Manche seiner Arbeiten sieht Zoeller jahrelang oder gar jahrzehntelang vor seinem geistigen Auge, bevor ihm die Licht- und Wetterverhältnisse endlich für Augenblicke die Gelegenheit bieten, seine Vorstellungen in ein gutes Foto umzusetzen und den kreativen Prozess zu krönen. Auf die Aufnahme vom Rock of Cashel in Irlands County Tipperary, wie er über den Nebelschwaden thront, hat Peter 15 Jahre lang gewartet. Dann endlich war er zur richtigen Zeit im gewünschten Licht am richtigen Ort. Er schuf etwas Besonderes. Schade nur, dass auch das Besondere heute vielerorts heute für den Wert 0 € gehandelt wird. Denn der Rock of Cashel “geht ja auch ohne Nebel“. “Da drehen wir im Photoshop die Farben noch ein bisschen hoch und es passt”.

 

Das Gesicht

Und doch bleibt das Glücksgefühl, wenn das besondere Foto gelungen ist, und wenn es kein Zufall war, sondern das Ergebnis von Kreativität, handwerklichem Können, Geduld, gutem Timing und einem Quentchen Glück. Ich konnte dies kürzlich in ganz bescheidener Manier selber erleben (bescheiden, weil ich kein ausgebildeter Fotograf bin und meine fotografischen Fertigkeiten bescheiden blieben). Seit zehn Jahren hatte ich die Reste eines alten Wehrturmes in der Dunmanus Bay im Visier. So oft waren wir an der letzten verbliebenen Wand des Turmes, die wir “das Gesicht” nennen, vorbei gefahren — doch nie war das Licht einen Stopp wert. Vor zwei Wochen dann endlich doch. Das Licht des Tages war fast schon verbraucht, “das Gesicht” zeigte sich von einer ganz besonderen Seite . . .

Fotos: Peter Zoeller (oben), Markus Bäuchle / Wanderlust (unten).
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