Marx wollte den Zivilisationsgrad einer Gesellschaft an ihrem Umgang mit den Frauen erkennen. (Karl Marx hatte es gut, er pflegte ein zielgerichtetes Weltbild und wusste genau, wohin sich die Welt entwickeln sollte. Dass die Welt das im ersten Anlauf nicht verstanden hat, ist eine andere Sache.)
Menschen, die besser mit TIeren als mit Menschen auskommen, unterscheiden Gesellschaften bisweilen nach ihrem Umgang mit den Tieren. Sie nennen eine Gesellschaft human, wenn Lumpi und Mietzi am Familientisch fressen und in Frauchens Bett schlafen dürfen.
Die irische Gesellschaft gilt als zivilisierte und halbwegs aufgeklärte, die sich allerdings zu schnell und zu radikal an die „Segnungen“ der liberalen Überflussgesellschaft gewöhnen musste. Die Folge sind Verwerfungen, Ungleichzeitigkeiten, Brüche. Aufgeklärtheit und Aberglauben, traditionelle und neue Werte, der alte und der moderne Lebensstil – sie existieren mehr oder weniger einträchtig nebeneinander. Nehmen wir den Umgang der geschätzten Irinnen und Iren mit ihren vierbeinigen Lebensgefährten. Hunde, Katzen, Pferde – sie werden einerseits geliebt, vermenschlicht und verwöhnt; andererseits lebt es sich auf vier Beinen in Irland tendenziell immer etwas gefährlicher. Irland hat ein Problem mit dem Schutz der Tiere. Dies offenbart sich in dieser anhaltenden Wirtschaftskrise besonders drastisch.
Hunderte Pferde – nicht zu reden von den Eseln – vegetieren verwahrlost, ausgesetzt, herrenlos auf der Insel vor sich hin. In besseren Zeiten hielt man sich gerne ein, zwei Pferde, um anzuzeigen, dass man es auch geschafft hat. Seit das Geld knapp wurde, reicht das Budget oft nicht mehr für den täglichen Hafer und die gelegentliche Hufpflege. Die Tiere werden einfach ausgesetzt und irren auf der Suche nach Futter umher. In Dublin kaufen sich Halbwüchsige morgens für ein paar Euro einen Gaul vom Rossmarkt und setzen ihn am Abend aus.
Nicht viel besser geht es Hunden und Katzen. Sie werden (im besten Fall) vor die Tür gesetzt, wenn im Geldbeutel plötzlich der Euro für Schappi und Witzkatz fehlt – oder aber erhängt, erschossen, vergiftet, verbrannt. Die Zeitungen sind voll mit diesen Stories und die Tierschutzvereine auf der Insel gehören zu den wenigen Organisationen, die derzeit genug Arbeit haben.
Die Gemütsmenschen in Grün seien besonders tierlieb, hört man immer wieder. Uns wunderte in unseren ersten Irlandjahren, wie wenig dies vor allem für die Leute auf dem Lande zutrifft. Sollte man das Verhältnis von Mensch und Tier hier an der Peripherie als äußerst distanziert bezeichnen?
Der Hund (Foto oben), das ist Tommi. Der Border Collie stammt aus einem Neuner-Wurf, den ein Mädchen vor Jahren aus dem Coomhola River gefischt hat. Junge Hunde in Plastiktüten im Fluß? Das machen manche Farmer hier so, der Fluss dient auch der Entsorgung von Müll und unerwünschtem Leben – vier der jungen Hunde in der Plastiktüte waren tot, fünf überlebten. Das nur ein Beispiel von Vielen. Andernorts hält der Farmer die Flinte drauf oder würzt den Fleischhappen mit Rattengift.
Angesichts der zweifelhaften Qualität des Tierschutzes auf der Insel haben sich sogar merkwürdige Rettungsorganisationen etablieren können, die Border Collies außer Landes vermitteln. Tommi führte derweil ein Luxusleben mit Vollverpflegung und Dach überm Kopf. Verglichen mit seinen Artgenossen über dem Großen Teich – ja, denen mit eigenem Spielzimmer, mit Friseur, Hunde-Restaurant und eigenem Friedhof – führte Tommi dennoch ein rechtes Hundeleben.
Anthropologen wollen nachgewiesen haben, dass das Verhältnis der Menschen zu ihren Haustieren kein Selbstgewähltes ist, sondern vom sogenannten „Entwicklungsgrad“ der Gesellschaft abhängt. Der Theorie zufolge steht die Zahl der Kinder und die der Haustiere in einem umgekehrt proportionalen Verhältnis. Demnach haben Menschen in den traditionellen Agrargesellschaften viele Kinder und keine Haustiere (dafür viele Nutztiere). Ganz das Gegenteil ist in überentwickelten und überdehnten Gesellschaften wie den USA zu beobachten: Kaum noch Kinder, viele Haustiere. Die Hündchen und Kätzchen werden zum Kinderersatz und dementsprechend menschlich-untierisch, nein tierisch artungerecht behandelt.
PS: Tommis Hundekorb bleibt seit vier Tagen leer. Er ist mal wieder ausgebüchst. Steckt dahinter ein Hundemädchen? Oder einer der lieben Mitbürger mit dem eher distanzierten Verhältnis zum Vierbeiner? Wir werden es (vielleicht nie) erfahren.
Mehr zum Thema: Elianes Blog
Lieber Markus,
zuerst einmal freue ich mich, dass Euer Hund wieder daheim angekommen ist!!
Ich hoffe, dass er alle zukünftigen Exkursionen gesund übersteht und wieder nach Hause findet!
Ich kann nicht nachvollziehen, warum Tiere nicht "sterben", sie werden ja auch "geboren" –
nach dem Verständnis jener Frau aber "nur geworfen".
Mit dieser Einstellung kann ich nichts anfangen – von Kindheit an hatte ich Tiere und sie wurden
immer geboren und sie starben leider auch. Tiere sind ebenfalls Geschöpfe Gottes – fühlen Liebe,
Freude und Leid und erleiden und fühlen Schmerzen!
Ich habe alle meine Tiere geliebt, sie jedoch Tier sein lassen und nicht vermenschlicht – sie durften
auch n i e m a l s im Bett schlafen und liebten mich trotzdem! Sie waren niemals irgendein Ersatz für
was auch immer – nur eben meine geliebten Hunde und Katzen! Nie und nimmer möchte ich meine
Erinnerungen an die Gefährten meiner Kindheit und auch die der späteren Jahre, missen.
Wenn mich etwas maßlos im Verhalten der Iren stört (bei all meiner Liebe zu Irland), so ist es das
Verhältnis, das manche zu den Tieren haben. Ich habe einmal eine Filmdoku über Irland gesehen,
wo ein Mann von seinen Greyhounds berichtet hat und erzählte, wie sehr er sie liebt und wie sehr
er sie verwöhnt. Im gleichen Atemzug aber berichtet, welch schönen und schnellen Tod er ihnen
bereitet, wenn sie beim Rennen nicht mehr gewinnen und somit (nur für ihn) nutzlos geworden
sind! Sie aber hatten in ihren guten Zeiten für ihren Herrn Geld gewonnen, hatten diesen ihren
Herrn geliebt – und wurden grausam verraten. Gerecht?
Aber wie dies so mit unserem Menschengeschlecht ist: in jedem Land und jeder Kultur gibt es
Tierfreunde und Tierhasser, überall gute Menschen und überall auch schlechte Menschen!
Aber es ist leider tatsächlich so, dass in ländlichen Gegenden (d.h. bei den Bauern) das Tier
nichts gilt, wenn es keinen Nutzen für seinen Halter hat. Außerdem behaupte ich jetzt einfach
mal, dass nach meiner Lebenserfahrung die Katholiken ein sehr "kühles" Verhältnis zu ihren
Mit-Kreaturen auf unserem Planeten haben. Seelenloses, keinen Schmerz empfindendes
Geschöpf Gottes?! Aber würde der hlg. Franziskus noch leben, könnte er einige Dinge zu diesem
Thema sagen und auch geraderücken!
Tierliebe bedeutet doch keineswegs, dass man lieber mit Tieren als mit Menschen zu tun hat.
Aber Tatsache ist auch, dass das Tier in jeder Lebenslage seines "Herrn" diesem die Treue hält.
Es ist ihm egal ob er arm oder reich, dick oder dünn, hässlich oder eine Schönheit ist – Hauptsache
es wird geliebt und es gibt die Liebe mit Sicherheit tausendfach zurück und zwar selbstlos und ohne
Hintergedanken!
Dazu folgender Beitrag:
Dass mir der Hund das Liebste sei, sagst Du, oh Mensch sei Sünde.
Der Hund ist mir im Sturme treu – der Mensch nicht mal im Winde!
Das ist nun mal leider die Wirklichkeit in unserem Zusammenleben mit Mensch und Tier.
Nun noch zum guten Schluss:
Wenn ich mir so das Foto Deines Hundes ansehe, fällt mir auf, dass er ein Border-Collie ist und
von dieser Rasse weiß man, dass sie "beschäftigt" sein muss – auch mental!!
Ich möchte Dir keinesfall zu nahe treten, aber könnte es sein, dass Tommi u n t e r f o r d e r t
ist? Nicht böse sein über meine Vermutung – ich kenne ja die Rituale Eures Zusammenlebens und
die Lebensumstände von und mit Tommi ja auch gar nicht und ob überhaupt die dafür nötige
Zeit vorhanden ist.-Ich weiß nur, dass sich diese Rasse gerne "verkrümelt" wenn sie "arbeitslos"
(geworden) ist.
Alle meine guten Wünsche für die in Schwierigkeiten gekommenen Menschen auf der Insel –
aber auch für die ausgesetzten, nun ungeliebten und ums Überleben kämpfenden Haustiere
dieser Menschen.
Wehmütige, dennoch herzliche Grüße auf die Insel, Elke
Der Hund ist zurück, lag gerade nach 5-tägigem Ausflug wie erschossen vor dem Büro. Abgemagert und struppig, kann nicht mehr richtig laufen – ansonsten wohlauf. Wenn Hunde reden könnten . . .
War Tommy nicht schon des Öfteren mal ausgebüchst und dann wieder aufgetaucht? Hoffentlich übersteht er sein neuestes Abenteuer ohne größere Blessuren.
Ein Nobody bangt und hofft mit euch.
Ja, ich hoffe auch sehr, dass es Tommy gut geht und er lediglich einer Hundedame auf der Spur ist. Dass er schon vier Tage weg ist, lässt allerdings schon Zweifel an der Jagd nach einer Hundedame aufkommen ???
Ich hoffe, dass Tommi eine schicke Freundin gefunden hat und sich dann wieder auf den Weg nach Hause macht.
Ich kenne das Gefühl des bangen Wartens, ob der Vierbeiner wieder nach Haus kommt oder nicht, aber auch die Freude, wenn das Tierchen ganz plötzlich wieder schwanzwedelnd vor der Tür steht.
Ich drück die Daumen.
LG Heidi
Also erstens soll Marx mal schön den Mund halten, zu den Frauen seiner Familie war er wohl alles andere als nett…
Zweitens: nach meiner Erfahrung haben Leute in ländlich geprägten Gegenden oft ein distanziertes, versachlichtes Verhältnis zu Tieren. In einer Diskussion über Tierbestattungen hörte ich mal den Beitrag einer Frau, die ausdrücklich darauf hinwies, von einem Hof mit 30 Kühen, x Pferden usw zu stammen (–> also sich mit Tieren auszukennen), dass es sie störe, wenn immer vom "Sterben" der Tiere gesprochen werde. Tiere würden "verenden" oder geschlachtet oder erschossen werden, aber sie würden nicht "sterben" – das täten nur Menschen. Zu meiner Überraschung bekam sie sehr lebhaften Zuspruch, auch noch nach der Diskussion.
Auf dem Land sind auch Hund und Katze oft mehr Nutztiere zur Bewachung bzw Mäuse-Vertilgung und weniger zum Liebhaben und Kuscheln. Vielleicht überträgt es sich hier, dass Menschen, die Rinder, Schweine, Geflügel zum Züchten und Schlachten halten, zu diesen keine sentimentale Beziehung aufbauen können, weil das emotional einfach nicht aushaltbar wäre. Trotzdem ist in meinen Augen immer noch ein Unterschied zwischen "keine sentimentale Beziehung haben" und "hilflos verwahrlosen lassen" – Haustiere können oft nicht mehr ohne menschliche Unterstützung leben, und dieser Verantwortung muss man sich als Tierhalter stellen.
Ich fürchte, die teilweise vorhandene irische Gleichgültigkeit gegenüber Tieren ist nur ein Ausdruck einer allgemein wahrnehmbaren Gleichgültigkeit und Hilflosigkeit bzgl Umweltproblemen, Menschenrechten, sozialen Aufgaben, Verantwortung für sich selbst und andere usw usw. Macht mir keinen Spaß, das zu schreiben, aber blind stellen hilft auch nicht.
Hmmm … Menschen, die besser mit Tieren als mit Menschen auskommen … wie Gandhi? "The greatness of a nation and its moral progress can be judged by the way its animals are treated."