Die Caterpillars reißen das alte Cork ein. Eine Stadt verändert ihr Gesicht.

Corks Stadtbild verändert sich im Eiltempo. Es heißt, dass die Häuser, die über alle anderen hinaus hoch in den Himmel wachsen, das Ende des Booms markieren. Was für New York und andere Mega-Metropolen immer galt, bewahrheitete sich im Jahr 2008 auch in der zweitgrößten Stadt der Republik Irland, der Mini-Metropole in Irlands Süden. Just als Corks zweites Hochhaus und das mit 68 Metern höchste Gebäude auf der Insel, das Elysian in der Eglinton Street, im September 2008 fertiggestellt wurde, gingen im Land die Lichter aus. Die Wirtschaft brach über Nacht komplett zusammen. Der Bau-Crash und eine tiefe Wirtschaftskrise prägten für Jahre das Leben der Menschen, deren Folgen im ländlichen Irland bis heute zu spüren sind.  Doch nun beherrschen wieder die Baumaschinen die City und Baukräne dominieren die Skyline der Stadt.

Der Wirtschaftsaufschwung, so stellen viele Land-Iren fest, konzentriert sich bis heute auf die drei großen Ballungszentren Dublin, Cork und Galway – der Rest des Landes verharrt im wirtschaftlichen Stillstand. Erste Zeichen der Belebung waren ab 2013 in Dublin zu verspüren, als die Bautätigkeit allmählich wieder zunahm. Bald fing man in Dublin damit an, die Kräne im Himmel über der Innenstadt zu zählen und draus einen Wachstums-Index der besonderen Art zu entwickeln, um den Keltischen Tiger Nummer 2 zu beschwören.

Spätestens als sich die britischen Nachbarn auf den bitteren Weg in den Brexit machten, gab es in Irlands Hauptstadt kein Halten mehr. Die Bauwirtschaft boomt, die Zahl der Baukräne in der Innenstadt kletterte im Dezember 2017 auf den Höchstwert von 80. Gebaut wurden in den vergangenen zwei Jahren vor allem neue Bürogebäude, um den Finanz-Flüchtlingen aus der Zocker-Metropole London nach dem Brexit ein neues Zuhause zu geben. Dublin wird freudig zahlreiche Unternehmen aufnehmen, die das Post-Brexit-London verlassen werden. Und weil all die finanzstarken Neu-Dubliner ordentlich wohnen wollen, wird auch der Wohnungsbau angekurbelt. Schon heute ist der Mietwohnungsmarkt in Dublin gewaltig unter Druck, die Mietpreise haben sich in obszöne Höhen aufgeschwungen.

Hotel-Baustelle Maldron Cork: Demnächst im Glas-Tunnel hoch über der Stadt unterwegs

Und nun auch Cork. Die lange leer stehenden Apartments im Elysian sind mittlerweile alle an den Mann und die Frau gebracht. Kran um Kran gesellt sich zur großen Bauparty in der Metropole des Südens. Neue Konsumtempel, wie sie in jeder Stadt stehen könnten, fressen sich die traditionellen Straßenzüge. Mehrere neue Hotels sollen in der Stadt entstehen. Der Bau des neuen Maldron-Hotels an South Mall und Parnell Place ist schon fortgeschritten (Foto Mitte).  Der alte Hafen soll einem großen Gebäudekomplex mit einem 40-stöckigen Gebäude weichen. Ganze Viertel, wie Morrison´s Island mit seinen Quays am River Lee sollen radikal umgestaltet werden und dazu noch besseren Hochwasserschutz bekommen.

Wie sagte mein irischer Bekannter John O’Sullivan über die großen Pläne für die Stadt: “Cork City wird jetzt immer besser”. So ist das heute mit dem Fortschritt: Man weiß nie genau, wo wirklich vorne und wo fort ist. Ist gut schon, was mehr Profit (für manche) macht – und ist reine Bewegung ungeachtet der Richtung zu begrüßen?

Cork jedenfalls wird schon in wenigen Jahren kaum wieder zu erkennen sein und es bleibt nur zu hoffen, dass es sich einen Rest seines sperrigen und eigenwilligen Charmes der alten Rebel City erhalten kann. Gesichts- und charakterlose Innenstädte haben wir in dieser der Welt schon genug.

Cork City

Morrison´s Quay und Baustelle des neuen Maldron Hotels

Alle Fotos: Markus Baeuchle