Der Mensch ist eben ein Gewohnheitstier – und der irische Mensch bildet da keine Ausnahme. Es regnet in Irland. Seit ein paar Tagen ziehen mit großer Zuverlässigkeit wieder die Regengebiete vom Atlantik ostwärts und entladen sich über der Insel. Der Ire ist ganz bei sich, daheim und zufrieden. Es regnet, wie es im Winter in Irland regnen soll.

Nachbar John zeigt sich erleichtert nach all den ungewöhnlichen Wettern, nach Eis, Frost, Schnee und Trockenheit: “Gut, es regnet”. Das kennt er. Das liebt er gar? Nun ja, zumindest, bis er genug davon hat und die Regentonne wieder überläuft. Dann klagen wir eben wieder über den Regen.

Spätestens seit die Insulaner über Weihnachten den Schnee weg- und dessen nassen Bruder Regen herbei wünschten, als sie von einem “grünen Weihnachten” träumten, spätestens seit Weihnachten 2010 weiß zumindest der Wanderer: Die Iren lieben den Regen insgeheim halt doch, auch wenn sie ständig darüber klagen, wenn er tatsächlich die Wetterlage diktiert. Ein Film des großen französischen Regisseurs François Truffaut endet mit einem bemerkenswerten Satz über eine bemerkenswerte Hass-Liebe: “Nicht mit Dir und nicht ohne Dich”.

Was derzeit immer noch fehlt zum irischen Standard-Winterwetter, das ist der Wind. Die Windmühlen-Betreiber sind halbwegs verzweifelt, seit Monaten drehen sich die stromproduzierenden Windräder selbst an Irlands Küsten kaum. Es herrscht Flaute. Alle Räder stehen still, wenn die Großwetterlage es denn will.