Glengarriff River by Wanderlust Markus Bäuchle
West Cork, Irland, am 4. Januar 2012: Die Wasserpegel sind deutlich gesunken. Auch der Glengarriff River ist in das Flußbett zurückgekehrt.

Der schwere Sturm zum Jahresbeginn in Irland hat sich beruhigt, die Wasserstände sind zurückgegangen, der Wind hat um einige Beaufort-Stärken* abgenommen. Heute zieht unser “Weatherman” Stefan Bilanz für das lokale Wetter im Jahr 2011. Die wichtigsten Erkenntnisse: 1786 Millimeter Regen und 799 Sonnenstunden, durchschnittliche Windstärke 3,5. Will heißen: Das vergangene Jahr war in Irlands äußerstem Südwesten vergleichsweise nass und dunkel. Einer sehr trockenen ersten Jahreshälfte folgten ein nasser Herbst und äußerst nasser Winterbeginn ( Gefühltes Wetter: Seit Ende September regnet es und hat seitdem nicht aufgehört). Vor allem aber ließ sich die Sonne wenig blicken: Im Vergleich zu 2010 schien sie 580 Stunden (!) weniger; ein enormer Ausreißer, der vor allem den Landwirten in der Vegetationszeit zu schaffen machte. Die sonnigsten Monate im Jahr 2011 waren der März und der April. Unauffällig im übrigen: der Wind. Er blies durchschnittlich stark. Die Temperaturen: mild.

Stefan der Wettermann by Wanderlust Markus BäuchleUnd das ist Stefan. Regelmäßige Irlandnews-Leser kennen ihn schon. Stefan setzte sich im Jahr 1986 in seinen Suzuki Allrad und ließ das Leben als  Zierpflanzengärtner in Frankfurt am Main hinter sich. Seit 25 Jahren wohnt Stefan nun in Derrycreigh, einem Townland von Glengarriff im Südwesten von Irland. Der Langener lebt mit seiner irischen Frau, mit Kind und Mutter direkt am Meer, er kultiviert einen großen Garten, hält Ziegen, lebt weitestgehend autark. Zu seinen Hobbies zählt er die Meteorologie.
Als guter Nachbar versorgt uns Stefan Knüttel, immer wenn es wichtig wird, mit der aktuellen lokalen Wetterprognose – zum Beispiel, wenn es zum Wandern in die Berge oder in die herrlichen Gärten der Bantry Bay geht. In 25 Jahren hat der Hobby-Metereologe gelernt, das Wetter in der Bucht zu lesen wie kaum ein anderer. Tag für Tag beobachtet er Himmel, Wasser und Bäume, misst die Sonnenscheinstunden, die Regenmenge, die Windstärke und überträgt seine Daten minutiös auf Millimeterpapier.  Wir staunen immer wieder, wie sehr seine zutreffende Prognose und das lokale Wetter von der offiziellen Wetterprognose für den Südwesten Irlands abweichen können.
Was sagt Stefan zum langfristigen Wettertrend? Der Weatherman hat drei interessante Thesen für uns:
1. Den typischen schönsten Irland-Monat gibt es ncht mehr. Früher riet man Urlaubern dazu, die Insel im Mai oder September zu besuchen, weil das Wetter dann am schönsten und beständigsten sei. Heute kann es vorkommen, dass ein Wintermonat der sonnigste — wenn auch nicht der wärmste — Monat des Jahres ist.
2. Ein neues Muster kalter kontinentaler Winter ( Iren nennen es die Mini Ice Age) wird es in Irland nicht geben: Nach zwei vergleichsweise harten Wintern hat sich das Winterwetter in Irland wieder “normalisiert” .
3. Wer in Irland schönes Wetter sucht, sollte das typische Gefälle beachten, das von Nordwesten nach Südosten verläuft: Die atlantischen Tiefs sind in Donegal am deutlichsten und in Waterford am wenigsten zu spüren.
* Was die Windstärken zu bedeuten haben, erklärt übrigens die 13-stufige Beaufort-Skala. Zum Beispiel heißt Windstärke 2: Es weht eine leichte Brise mit sechs bis elf Kilometern pro Stunde, die Blätter rascheln, man spürt den Wind im Gesicht, das Meer bewegt sich schwach. Stärke 3 bezeichnet die mäßige Brise (12-19 km/h), wenn sich die Zweige an den Bäumen bewegen und Wimpel gestreckt werden. Stürmische Winde (Gales) werden mit Stärke 8 angegeben, Stürme (Strong Gales) mit Stärke 9. Am oberen Ende der Skala rangieren der Orkan und der Hurricane mit Beaufort 12 und Geschwindigkeit ab 117 km/h. In den vergangenen Tagen wurden an der irischen Küste Spitzengeschwindigkeiten bis zu 160 km/h gemessen.
Die Beaufort-Skala der Windstärken. Zum Vergrößern bitte anklicken. Quelle: Met Eireann.
Fotos: Markus Bäuchle / irlandnews.com