Die Cliffs als Second-Hand-Erfahrung
Sie gelten als meistbesuchter Natur-Ort in Irland: Die Cliffs of Moher. Die acht Kilometer lange und bis zu 240 Meter hohe Steilküste zwischen Liscannor und Doolin im County Clare zieht jedes Jahr etwa eine Million Besucher aus aller Welt an. Nun stehen die Cliffs, die derzeit auch als Kulisse im neuen Harry-Potter-Kinofilm zu bestaunen sind, neben 27 anderen Orten im Finale für „Die 7 Naturwunder der Welt“.
Mit Freude hat der Wanderer zur Kenntnis genommen, dass auch seine alte Heimat, der Schwarzwald, unter den 28 Finalisten für die weltweite Wahl der 7 Naturwunder der Erde steht. Bis zu eine Milliarde Menschen wählen bis 2010 im Internet auf www.vote7.com die sieben großartigsten Naturlandschaften auf dem Globus. Die Konkurrenz für die Cliffs und den Black Forest ist allerdings mächtig; sie reicht vom Amazonas, den Sundarbarns und den Malediven über den Grand Canyon, die Galapagos-Inseln und das Great Barrier Reef, bis zum Matterhorn, dem Kilimanjaro, dem Vesuv, dem Tafelberg und dem Uluru (Ayers Rock).
The Crowds of Moher
Zurück nach Irland. Wenn man die Grüne Insel mit Massentourismus in Verbindung bringt, dann am ehesten an den Cliffs of Moher (die weder die beeindruckendsten noch die höchsten Klippen der Insel, dafür aber die touristisch am besten erschlossenen sind.*) Die irischen Behörden haben deshalb versucht, den Ansturm auf die mächtigen Sandstein- und Schieferfelsen am Atlantik zu kanalisieren. Ein großes, teilweise unter der Erde gebautes Besucher-Zentrum, auf das viele Iren mächtig stolz sind, wurde im Jahr 2007 eingeweiht. Seitdem verschandelt auch eine mächtige Sicherheitsmauer den Klippenrand, kanalisiert den Besucherstrom und verstellt den Blick auf das grandiose Naturschauspiel.
The Great Wall of Moher
So offenbart sich auch an den Cliffs of Moher („Klippen der Ruine“) die Doppelgesichtigkeit des Massentourismus: In seiner Massenhaftigkeit zerstört er seine eigenen Grundlagen. Das Besucherzentrum beeinträchtigt das ursprüngliche Natur-Erlebnis an den „Cliffs“ gewaltig, andererseits hält es den Schaden an der Natur auch in Grenzen. Vielen Besuchern reicht es vollkommen, die Atlantikklippen in der – von der Wirklichkeit kaum zu überbietenden – Multimedia-Präsentation im Besucherzentrum zu bestaunen.
The Cliffs of Moher themselves
Gerade in dieser Woche wieder in die öffentliche Kritik geraten sind übrigens die Preise an den Cliffs: Um das Auto auf dem Besucherparkplatz zu parken, bezahlt man acht Euro. Im Preis enthalten ist der Besuch der Klippen. Für die Ausstellung „Atlantic Edge“ muss extra bezahlt werden. Viele Besucher halten das in Zeiten der Rezession für zu teuer.
The Shops of Moher
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The Cliffs of Moher, Ireland´s top tourist destination, is among the 28 finalists for the 2010 campaign of The New 7 Wonders of Nature. Up to one billion people are expected to vote for the 7 top natural wonders of this earth. The Wanderer is more than happy to see The Black Forest, the place he was born and raised, in the shortlist as well. But competition is fierce.
The Great Wall of Moher again
The Cliffs of Moher in County Clare, far from being the highest in the country but undoubtedly the best accessible, attract one million visitors per year and make the place in County Clare a mass tourism hot spot. To channel the crowds, a visitors center – partly built underground – has been opened in 2007. A massive wall on the cliff top – built for security – prevents people from enjoying the best views of the cliffs and doesn´t add very well to the place. At the Cliffs of Moher as everywhere else in the world, two-faced mass tourism tends to destroy its genuine resources. The genuine natural Cliff experience is lost, on the other side the visitors center and the wall limit further damage to the place.
This week Irish Times readers critisized the admission fees for the Cliffs Experience as being to steep. Using the carpark costs 8 Euro but includes visiting the cliffs. Extra payment is needed to visit the Atlantic Edge Exhibition or O´Briens Tower.
* Hat jemand die höchsten Klippen der Insel schon einmal besucht?
Na, wo ich das gerade lese, bin ich ja froh, dass wir letzte Woche die Cliffs von unserem Tagesprogramm gestrichen haben. Wir waren mit unseren 4 Kindern in Carrigaholt auf Delfinfahrt. Die im Vergleich sicherlich mickerigen Klippen, die wir dort vom Boot aus bewundern durften, waren fuer uns Ostseesandstraendler beeindruckend genug, noch viel mehr das Bad zwischen den Klippen im Atlantik.
Was bin ich froh, dass mein Sohn im November 2004 noch die unverfälschten Cliffs hat kennen lernen dürfen. Was dort in einer Mischung von Kommerz und staatlichem Regulierungswahn angerichtet wurde, ist ein Symbol für das Irland, das ich bei aller Liebe zu dieser Insel nicht mag: rip-off-Mentalität, Abzocke und der peinliche Versuch, in Sachen Tourismus-Managment den Anschluss ans vermeintliche Weltniveau zu halten.
Als ich völlig unvorbereitet in 2007 zum x-ten Mal an die Cliffs of Moher kam, hat's mich aus den Socken gehauen. Es war schon ein etwas späterer Nachmittag und nicht mehr allzu viel los. Meinen Augen nicht trauend, näherte ich mich den neuen Bauten – alles schön glatt, sauber, steril – seelenlos. Das NATUR-Erlebnis ist für mich zumindest im ausgebauten Teil völlig dahin. Es fühlt sich an, als hätten die echten, jahrmillionenalten Klippen mit dem Neubau gar nix zu tun. Zwei verschiedene Welten. Ich war sehr bestürzt und rettete mein eigentlich erwartetes Klippenerlebnis, in dem ich mich – wie auch eine Reihe anderer Besucher – über die Ermahnungen der großen Schilder hinwegsetzte und trotzig dem Trampelpfad nach Süden in den unbefestigten Bereich folgte. Trotzdem war die Stimmung sehr gedämpft.
Meine B&B-Landlady, der ich meinen Kummer schilderte, äußerte Verständnis und wusste genau, was ich meinte. Sie hatte aber auch Verständnis für das Sicherheitsbedürfnis einiger kommunaler Politiker/innen, die es nicht mehr mit ansehen mochten, dass in jeder Saison mehrere Menschen dort ein Opfer der Tiefe wurden – meistens wohl unfreiwillig. Daher die Geländer, daher die Absperrungen. Ich kann auch erkennen, dass zB Rollstuhlfahrer auf dem unbefestigten Gelände bisher kaum eine Chance hatten, zum tollen Ausblick zu kommen, und sicherlich von der Neuerung profitieren. Aber ich möchte doch fragen, ob man all diese Aspekte nicht auch etwas naturnäher hätte erreichen können. Hätte man nicht auf weitflächige glatte Steinplatten und gebürsteten Stahl verzichten können und statt dessen etwas urtümlichere und ebenso sichere Materialien verwenden können?
Nun gut, jetzt ist es, wie es ist, und wird die nächsten 20 Jahre auch so bleiben. Angesichts der Wirtschaftslage wird wahrscheinlich nicht viel Geld für Instandhaltung vorhanden sein, und in einiger Zeit wird der Zahn der Atlantikstürme und der winterliche Dauerregen an all der sterilen Glätte nagen. Ob's dann wieder schöner wird, bezweifle ich, aber der bittere Kontrast zwischen uralten Klippen und hypermoderner Infrastruktur wird sich etwas ausgleichen.
Und die Parkgebühr von 8 € halte ich schlichtweg für eine Unverschämtheit. Seit Ewigkeiten steht dieses Naturschauspiel völlig kostenlos da an Irlands Rand herum, und seit ein paar Jahrzehnten wird der Park-Preis langsam immer höher geschraubt… das ist für mich ein Paradebeispiel menschlicher Vermessenheit. Irgendwann wird es keinen mehr geben, der da kassiert und wer weiß was mit dem Geld anfängt (völlig überzogene Baukosten wieder reinholen???), aber die hohen dunklen Cliffs werden noch immer da stehen. Und irgendwie beruhigt mich das. So, und nun rege ich mich wieder ab. ;-)
Oje, die Mauer ist ja wirklich schlimm, von der wusste ich noch gar nichts. In meiner Erinnerung sind die Cliffs glücklicherweise noch in ihrem Urzustand. Und vergessen werden wir den Tag, an dem wir dort waren, ganz sicher nicht, denn es war der 11. September 2001. Sehr surreale Erfahrung, wir sind am Klippenrand entlanggewandert, weg vom Massenbetrieb an der Plattform, bei wunderbar sonnigem Wetter und völlig hingerissen von dem Naturerlebnis, nur wir und ein paar wenige andere. Ein perfekter Tag. Und als wir zurückkamen, hatte sich die Welt verändert.
Besucherzentren … nun ja. Ich mag sie nicht. Aber immerhin erkennt man daran mittlerweile sehr deutlich, um welche "Muss-man-unbedingt-gesehen-haben"-Sehenswürdigkeiten man einen Bogen machen und sich Alternativen suchen kann. Die gibt es in Irland ja Gott sei Dank auch noch. Zum Beispiel fanden wir die Klippen von Slieve League ebenfalls beeindruckend, auch wenn sie immer noch nicht die höchsten in Irland sind, oder?
Herzliche Grüße
Tanja