Publican im Dick Mack’s, Dingle, Co. Kerry

Publican im Dick Mack’s, Dingle, Co. Kerry

In diesen Dezembernächten zwischen Mitternacht und fünf Uhr morgens geht es in unseren kleinen Stadt in Irland derzeit wenig weihnachtlich zu. Alkohol- und Prügel-Exzesse sind an der Nachtordnung, ein Klima der  latenten Gewalt lässt die Vorsichtigen und die Friedlichen die Pubs zu später Stunde meiden und früh nach Hause gehen. Es ist die Zeit der promillegeladenen Weihnachtsfeiern und der “Twelve Pubs.” Die Polizei hätte alle Hände voll zu tun und hält sich genauso gerne raus, wenn die Iren ihre oft zitierte “Drinking Culture” zelebrieren. Ralf Sotscheck, Irland-Korrespondent der tageszeitung, beschreibt das irre Ritual und dessen Herkunft auf www.taz.de:

“Als ob das nicht reichen würde, ist vor ein paar Jahren ein Spektakel hinzugekommen, an dem die halbe Nation teilnimmt: „The Twelve Pubs Of Christmas“. Man ahnt, worum es dabei geht, aber in Wirklichkeit ist es noch viel schlimmer. Die Teilnehmer müssen Weihnachtsmannmützen sowie geschmacklose Pullover tragen, die sie eigenhändig mit batteriebetriebenen Lämpchen, roten Rudolfnasen und Lametta verziert haben. In jedem der zwölf Wirtshäuser muss man binnen einer halben Stunde ein großes Bier trinken.

Aber das ist längst nicht alles, es gibt bei der Kneipenbekriechung strenge Regeln: Im ersten Pub darf man das Getränk nicht in der rechten Hand halten, im nächsten ist Fluchen verboten, im dritten muss man einen Schuh mit jemandem tauschen, und so weiter. Und kein Toilettenbesuch vor der sechsten Kneipe! Wer gegen eine Regel verstößt oder sich gar übergibt, muss zusätzlich einen Schnaps trinken. Kein Wunder, dass die Iren mit einem Liter reinen Alkohol pro Kopf und Monat in der Statistik recht weit vorne liegen.

Der Pfad ins Delirium ist lose an das Lied „The Twelve Days Of Christmas“ angelehnt, bei dem es freilich zivilisierter zugeht. Es handelt von zwölf Geschenken, die „meine wahre Liebe mir“ an jedem dieser zwölf Tage, die am ersten Weihnachtstag beginnen und am Dreikönigstag enden, gemacht hat, zum Beispiel zwei Turteltauben, drei französische Hennen, sieben schwimmende Schwäne, acht melkende Mägde, elf dudelnde Dudelsackspieler und andere nützliche Gaben. In Chicago münzte man das 1996 zum vorweihnachtlichen Dutzendsaufen um. Ein paar Jahre später importierten es die Iren und erklärten es zu einer Tradition, die bis zu den Kelten zurückreicht.”

Wer einmal in das verbeulte blau-schwarze Gesicht eines menschlichen Kollateralschadens dieser unsäglichen neuen “Tradition” geblickt hat, kann nur Abscheu empfinden. Die Pubs sind übrigens am Mittwoch, dem ersten Weihnachtstag geschlossen, es ist neben Karfreitag einer von zwei Tagen im Jahr, in dem Irland keinen Zugang zu den öffentlichen Schänken hat. Das erklärt die Hamsterkäufe vor Weihnachten freilich nur teilweise. Die geschlossene Wirtshaustür zollt übrigens der Ankunft des jungen Religionsstifters Respekt, der Ruhetag  war ursprünglich keineswegs als  Regenerationstag für angeschlagene Zeitgenossen gedacht, bevor sie sich in die nächste Sause zur Begrüßung des neuen Jahres werfen.

Musiker im Cairbre’s, Drogheda, Co. Louth

Musiker im Cairbre’s, Drogheda, Co. Louth

Nein, dies war kein guter Einstieg, um auf einen Pub-Kalender hinzuweisen. Aber wie sagt Farmer John: “Drink, but drink in moderation”.  Trink maßvoll. Also, der Münchener Fotograf Robert von Aufschnaiter hat für das Jahr 2014 einen sehenswerten Foto-Kalender “Irish Pubs” produziert, der gut als Jahresendgeschenk taugt. Robert schreibt dazu leicht nostalgisch unter der Überschrift Irish Pubs – die wahren Werte im Leben:

Als Bewahrer dieser wahren Werte in Irland galten sie lange Zeit: The Real Ones – die original irischen Pubs, die der Modernisierung trotzten und deren Geschichte eng mit der Entwicklung von irischem Whiskey und Stout verbunden ist. Wirtschaft, Gemischtwarenhandlung, Bestattungsunternehmen, Lebensmittelladen, Düngemittelvertrieb, Möbelhaus, „licenced to deal in tobacco, wine, spirits and beer on seven days“ – die traditionellen irischen Pubs, oft in Doppelfunktion von pub & grocery, waren und sind Begegnungsstätten irischer Kultur und irischen Lebens. 

Die 13 stimmungsvollen Bilder erzählen von Wirten und Wirtinnen, Musikern und Gästen, Literaten und Liedermachern, Brennern und Brauern, die die irische Pub-Szene prägten und dies teilweise auch heute noch tun. Ein Kalender, erschienen im Calvendo-Verlag, der den Charme der grünen Insel und ihrer Bewohner, ihre ureigene Philosophie, den Glanz vergangener Zeiten, aber auch die raue Realität des Alltags widerspiegelt.

Den Kalender Irish Pubs gibt es hier.

McCarthy’s Pub, Castlebar, Co. Mayo

McCarthy’s Pub, Castlebar, Co. Mayo

 Alle Fotos: © 2013 Robert von Aufschnaiter.