Heute ein wenig Techno-Esoterik auf irische Art – mit einem Hauch von Exotik. Verstehen kann dies wahrscheinlich nur, wer schon einmal in der ewigen Service-Schleife eines Telefon- und Internetanbieters gefangen war. Der Wanderer nennt sich seit dieser fundamentalen Telefon-Begegnung nur noch “Sir”.

Sie heißen Priti, Vipin, Turish, oder Donel, sie sitzen in einem Call Center im fernen Mumbai – dort, wo es schon am Morgen 35 Grad hat – sie sprechen gutes Englisch mit dem feinen indischen Akkzent, und sie sagen Dir auf den Kopf zu, dass Dein vom Internetgott vergessenes Haus in der gottvergessenen Gegend von West Cork leider noch kein Broadband-Internetsignal empfangen kann. Sie sagen es natürlich freundlich, Sir! Was sie Dir sagen, Sir, weißt Du selber nur zu gut, und doch verblüfft es Dich, Sir, dies aus dem fernen Mumbai gesagt zu bekommen.

Priti, Vipin, Turish – sie sitzen in Mumbai, an der Westküste Indiens und kennen mein Haus? Nicht nur den Ort, nicht nur die Straße, das HAUS? Sogar seine ausgeprägte Breitband-Schwäche? Priti, Vipin und Turish konsultieren schlaue Computer, sie arbeiten für “Three” (“3”), die Mobilfunkfirma, die für die irische Regierung das National Broadband Scheme durchziehen und die gesamte Insel mit breitbandigem Internet beglücken soll. Ja, hier auf der Insel gibt es jetzt so etwas wie ein Menschenrecht auf Broadband – das Recht auf irgendwann zumindest.
Sir´s Wunsch war vergleichsweise bescheiden: Ein kleines Broadband-to-Go-USB-Modem sollte es sein – genau das, das sein Nachbar kürzlich gekauft hatte – mit Antennenanschluss-Option, um die Broadbandschwäche im gottvergessenen Teil von West Cork zu überlisten. Doch Priti, Vipin und Turish kennen ein solches Modem mit Antennenanschlussoption nicht. Nein, Sir, das gibt es nicht bei Three, das hat es nie gegeben. Das steht nicht auf Ihrem Zettel und nicht in Ihrem Computer, also gibt es das nicht. So müssen totalitäre Systeme funktionieren. Was der Three Shop in Cork vor Tagen noch verkaufte, wird vom Three Callcenter in Mumbai in seiner Existenz nicht annähernd bestätigt. Dann halt nicht. Dann halt ein ein ganz normales Modem, bitte. Auch das kommt in Mumbai nicht gut an, wo Sir in seinem Haus doch gar kein Broadband-Signal empfangen kann.
So vergehen die Minuten in Zehnerpack, und Sir hat sich längst aufs Flehen verlegt: Bitte, bitte, Mumbai, habt ein Einsehen, Sir kauft völlig auf eigenes Risiko, auf eine Erfolggarantie verzichtet er. Am Ende hat Mumbai, Indien, ein Einsehen und gewährt den Kauf eines Modems für den Einsatz in West Cork, Irland. Danke.
Fast am Ende offenbaren die hellsichtigen Repräsentanten des Internetgotts in Mumbai, dass es mit ihrer Ortskenntnis doch nicht weit her ist: Am Morgen nach der 60 minütigen Telefon-Einkaufs-Arie erhält Sir per Email von Three den Hinweis, dass er falsche Angaben gemacht haben muss und dass der Modemverkauf leider nicht stattfinden kann. Keine zwei Stunden Hotline-Kontakt später – das ist der Preis, den Kunden für globales Betreutwerden mindestens bezahlen müssen – wird klar, das Priti, oder Vipin, oder Turish (?) das breitbandgottvergessene Ardnatrush, West Cork beim Ausfüllen der Bestellung ins noch gottvergessenere County Cavan verlegt haben.
Fängt ja beides mit “C” an – wie Internet-C-Klasse, oder wie Cry; und auch im Nord-County soll es ja vielerorts noch kein richtiges Broadband geben. Also doch nicht alles falsch gemacht, Mumbai. Weiter so, und die Insel wird im Jahr 2020 Broadband-ready sein. Three. It is Broadband to Cry.
PS: Auch Blogger Harald aus Blessington wurde schon einige Male Three-mäßig gequält: Hier das Protokoll seiner Schmerzensschreie

PSPS: Wo bleibt das Positive? Nur ein Tag nach der endlich geglückten Bestellung lieferte Three das Modem per Nachtkurier. Das ist für Irlands Südwesten spitzenklasse! Und das kleine Dongle funktioniert (im Download, nicht im Upload) mit 1,2 Mbit/s Geschwindigkeit gar nicht schlecht. Dank antennen-ersetzendem USB-Verlängerungskabel mit Booster).