Wer den Beara Way wandert, den wir gestern vorgestellt haben, kann auf der Etappe zwischen Castletownbere und Allihies einen Abstecher zu einem irischen Großphänomen der jüngeren Geschichte machen: An einer Seitenbucht der Bantry Bay liegt das geschichtsträchtige Dunboy Castle – ein alter, mehr schlecht als recht konservierter Steinhaufen. Wenige Meter daneben strahlt Puxley Mansion wie ein Disneyland-Schloss in neuem Glanz (Foto). In neuem Glanz? Puxley Mansion, das ist die Geschichte vom doppelten Größenwahn – und ein Zeichen der Zeit.
Puxley Mansion präsentierte sich seit dem Jahr 1921, nachdem IRA-Leute das viktorianisch-gothische Schlösschen angezündet hatten, als prächtige Ruine (Foto unten). Bis ins Jahr 2004, als irische Investoren mit den Namen Harrington, Murphy, Kelly und Dillon dem Herrn Power das 40 Acre große Grundstück mit der Puxley-Ruine abkauften. Ein 60-Millionen-Euro-Super-Luxus-Hotel und Resort der (kaum ausreichenden) Fünf-Sterne-Klasse samt Hubschrauberlandeplatz für die fett-reiche Golfklientel aus den USA sollte mit neuem irischen Geld aus englischen Ruinen auferstehen. Der einsame Ort auf der einsamen Beara Peninsula liegt fernab von touristischer Infrastruktur – aber dafür gibt es bekanntlich Hubschrauber. Die Hotelkette Capella sollte das Management übernehmen, die Menschen auf der abgelegenen Halbinsel freuten sich: Endlich Arbeitsplätze!
Dann aber kam alles ganz anders: Tatsächlich investierten die Bauherren viele Millionen Euro, und heute glänzt die alte sandgestrahlte Fassade des Puxley-Landsitzes als zentrale Front-Fassade eines riesigen Gebäudekomplexes. Hinter den Fassaden, auf der Großbaustelle allerdings ruht die Arbeit seit geschätzten 15 Monaten. Die Schlösser an den Bauzäunen sind verrostet, Handwerker weit und breit keine zu sehen. Der angekündigte Öffnungstermin im Jahr 2008 ist lange verstrichen, auch in diesem Jahr wird nichts gehen auf Puxley-Dunboy-Castle – und was 2010 passiert, weiß heute in der tiefsten Wirtschaftskrise wahrscheinlich niemand. Amerika ist fast so pleite wie Irland. Der Tourismus nimmt eine Auszeit. Derweil wird die Edelherberge im Internet weiter in den schönsten Farben beworben – so, als gäbe es sie wirklich.
Im Jahr 1812 hatte John Puxley, ein englischer Landlord, damit begonnen in den Minen von Allihies Kupfer abzubauen. Einige Jahrzehnte später verwirklichte der dank des Kupfers zu immensem Reichtum gekommene „Copper John“ seinen größenwahnsinnigen Lebenstraum. Er baute den besten, größten und schönsten Landsitz weit und breit – manche sagen, in ganz Irland. Puxley Mansion geriet zum grotesken Triumph – nur einen Steinwurf vom echten alten Dunboy Castle entfernt, dort, wo das Schicksal des letzten irischen Chieftains Donal Cam O´Sullivan Bere von den Engländern im Juni 1602 besiegelt worden war.
Die IRA beendete die Ära Puxley im Unabhängigkeitskampf auf ihre Weise. Mit der Fackel. Geschichte wiederholt sich, ätzte einst Karl Marx, nur um zu relativieren: allenfalls als Farce oder als Tragödie. Ob das Fünfeinhalb-Sterne-Hotelprojekt nun zur Farce oder zur Tragödie verkommt, werden wir sehen. Das 60 Millionen-Projekt „Capella Dunboy Castle Hotel“ erinnerte manchen Betrachter jedenfalls sehr an den einstigen Größenwahn der Puxleys – und vielleicht erzählen sich kommende Generationen einmal vor den Ruinen eines Hotels, das nie geöffnet wurde, vom Größenwahn der Celtic-Tiger-Jahre.
PS: Der Kuckuck ist angekommen! Am 28. April um 7.30 Uhr hörten wir den ersten Kuckucksruf dieses Jahres. Spät, aber laut.
sept.2011
Auch wir haben uns dieses anwesen angesehen und leider hat sich wohl auch seit dem letzten besucher da nichts getan.
verlassen und abgesperrt…leider.
Uns ist es sehr ähnlich ergangen.
1990 hatten wir den Platz rein zufällig entdeckt. „Fahr doch mal da rein, da ist eine Ruine auf der Karte eingezeichnet“. Die ziemlich unansehnlichen Eingangstürme und der lange Pfad ließen nichts Gutes erahnen.
Dann aber die große Überraschung!
Keine Menschenseele weit und breit, ein malerisches Wrack, die traumhaft schöne Landschaft und die Ruine selbst! Die skeletthaften Mauern hatten über die Jahrzehnte nichts von Ihrer Pracht verloren. Ein wahres Schloss musste es gewesen sein. Wunderbare rot geäderte Marmorsäulen ragten imposant in die Höhe.
Es war fast, als würde man eine andere Welt betreten.
Nur einmal Blinzeln und man glaubte beinahe den mittlerweile verfallenen Treppenaufgang, die alten Möbel und Teppiche zu sehen.
Bis heute wohl eines meiner eindruckvollsten Irland-Erlebnisse.
Dann 2008 die nächste große Überraschung.
Als wir unserem Sohn den Ort zeigen wollten, standen wir vor einer schier endlosen Reihe von Bauzäunen. Unzählige LKWs und Bauarbeiter wuselten wie ein Ameisenhaufen umher. Eine der größten Baustellen die ich je gesehen habe. In der Nähe drehte eine Filmcrew, um den bemerkenswerten Hintergrund einzufangen.
Und das Manor?
Es war wieder da! Fast so wie in meinem Tagtraum 18 Jahre zuvor. Aber es wirkte zu neu und… es war echt!
2009 sollte die dritte Überraschung folgen. Ich war neugierig was aus der Sache geworden war.
Nichts hatte sich zum Vorjahr geändert, außer dass die LKWs und Bauarbeiter verschwunden waren.
Am Manor zeigten sich bereits erste kleine Spuren von Vernachlässigung…
So wiederholt sich an dieser Stelle Geschichte, denn soweit mir bekannt ist, hat auch damals schon fast niemand dort lange gelebt.
Die Zeiten ändern sich; und nicht immer zum besseren.
„Mein Irland“ von 1990 gibt es jedenfalls schon lange nicht mehr.
Ich kann mich dem nur anschließen, wir waren 1994 zum ersten mal dort. Ich bin traurig und daher auch folgendes Gedicht.
Dun Boy Castle
Oh Dun Boy Castle mein irischer Stern,
du hast dich verändert, das sehe ich nicht gern.
Hältst seit 400 Jahren an der Bantry Bay die Wacht,
ich hätte gern Großes mit dir gemacht.
Verliebt war ich in deine Marmorsäulen hoch oben,
und dem Hafen mit dem Wrack, das ist nicht gelogen.
Dem Ring of Beara warst Du die heimliche Zier,
schöner als alles bei der Ring of Kerry Gier.
Umgeben von Rhododendron in unglaublicher Pracht,
könnte man glauben, St.Patrick hält damals die Wacht.
Du hast so viele kommen und gehen sehen,
Du wirst auch in der Zukunft noch bestehen.
Verbrannt hat Dich die IRA liederlich,
es war im 1920 Jahre, wie widerlich.
Ein Ort für Mythen und Geister warst Du immer,
doch heut nach den Amis bist Du es nimmer.
Ich wollte aus Dir ein Hotel der Mittelklasse machen,
so hab ich geträumt und musste lachen,
die Millionen dafür konnte ich nicht aufbringen,
um Dich zu retten vor dem wilden Ringen.
Ein Ashford Castle 2 mit mehr als 5 Sternen,
mit Dir als Eingang zu den Disney-Gewerken,
als häßlicher Klotz im Rücken zu Dir,
mit dem Wahnsinn der Amis und noch mehr Getier.
Gebaut auf Pleite mit Millionen Euro haben Sie,
verschandeln die Schönheit mit Ironie.
Denn seit 16 Monaten läuft nichts mehr,
wirst aber noch beworben wie vorher.
Die Stärke und Kraft dieses mystischen Ort,
haben die Geldgeier vernichtet durch feigen Mord.
unter http://www.gedichteholzner finden Sie noch mehr.
Ich war 1993 zum ersten mal dort und war begeistert. Diese einzigartige Athmosphäre, dazu der Hafen mit dem Wrack – dahinter die an Afrika erinnernde Landschaft mit dem markanten Baum – so oft habe ich Freunden von dieser Ruine erzählt und von der Magie dieses einzigartigen Ortes. Im Juni 2009 dann der Schock…wie hier schon beschrieben; die Amis lassen grüßen!!!!!!!!!sehr, sehr schade!!!!!!!!!!!!!
Es ist ein scheussliches Verbrechen: Die Zerstörung eines der wunderschönsten Plätze dieser Welt. Ich stieß im Jahr 1995 durch Zufall auf diese einzigartigen Ruine. Ich war beeindruckt und fasziniert von der Atmosphäre, hätte schwören können, die Geister fliegen zu sehen… Vor eine Paar Tagen dann stand ich fassungslos vor einem nun seelenlosen Disneyschloss. Ich war entsetzt und bin es immer noch. Sehr schade und nicht zu begreifen 01.06.2009
Dem Bericht ist nichts hinzuzufügen. Als wir 2004 auf einer Irlandrundreise an den Ruinen von Dunboy Castle vorbeikamen, wehte wenigstens ein Hauch von Romantik und Geschichte und etwas Geheimnisvolles durch die alten Mauern. Dies dürfte auf immer zerstört sein…..schade!
Ein Freund des „alten“ Irland.