Heute treffen sich die Mitglieder des Tourismus- und Entwicklungsvereins von Glengarriff, um einen neuen Vorsitzenden zu wählen. Das ist ungefähr so wichtig wie ein Sack Reis, der in China umfällt? Nicht für die Menschen in Glengarriff jedenfalls. Die 800 Einwohner-Gemeinde, in der wir leben, wird wie die anderen Gemeinden West Corks aus dem 80 Kilometer entfernten Cork City regiert und verwaltet. Eine kommunale Selbstverwaltung mit Rathaus und Parlament, wie wir es in Deutschland kennen, gibt es in den irischen Gemeinden nicht. Statt dessen regieren vor Ort meist das Vakuum, der Zufall und gute persönliche Beziehungen.

Die “lokale” Regierung in Irland, das sind die ortsfernen County Councils, und die sind mit den Regierungspräsidien oder gar den Ländern in Deutschland zu vergleichen. Weil Selbstverwaltungs-Gremien, Institutionen und Budgets im Dorf fehlen, sind Planung und Entwicklung im Sinne der Gemeinde kaum möglich. Vieles hängt von Einzel-Initiativen ab, der gut geölte persönliche Kontakt zum gewählten Abgordneten im Cork County Council erweist sich meist als entscheidend, wenn etwas geschehen soll. Zwar hat die Regierung das eklatante Demokratie-Defizit mittlerweile erkannt und arbeitet an Konzepten, geändert hat das bislang nichts.

In diesem politischen Vakuum spielt der Tourismus-Verein von Glengarriff seit Jahren eine wichtige Rolle. Er bietet die einizge lokale Plattform für Diskussionen und politische Meinungsbildung. Der Vorsitzende und der Sekretär des Vereins agieren im Grunde als Ersatz für den Bürgermeister und seinen Hauptamtsleiter, und wenn diese rein ehrenamtlich arbeitenden Leute anpacken und sich engagieren, können sie – wie etwa ein Terence O´Shea in den vergangenen Jahren – für die Gemeinde viel Gutes bewirken. Deshalb ist heute ein wichtiger Tag für die Gemeinde Glengarriff, auch wenn die Wahl selbst den meisten Einheimischen so egal ist wie der Sack Reis in China.