Bald jährt sich in Südwest-Irland zum elften Mal ein mysteriöser Fall, der bis heute nicht aufgelöst ist: Am 31. Dezember 1998 verschwanden am Toe Head, einige Kilometer südlich von Skibbereen, zwei junge Berliner spurlos: der 32-jährige Andreas Speich und die 21-jährige Diana Sehmeisch.*
Der Fall des seit elf Jahren vermissten Paares vom Toe Head erinnert auch an den ehemaligen SPIEGEL-Redakteur Dirk Koch. Die jungen Berliner hatten das Cottage des Journalisten (Foto) bewohnt, bevor sie verschwanden. Auf den Klippen des Toe Head fand ein Suchtrupp anfang Januar 1999 eine Jacke und einen Stiefel, wahrscheinlich Kleidungsstücke der Vermissten. Die offizielle Version von Polizei und Rettungsmannschaften wurde deshalb, dass die beiden Deutschen mutmaßlich von einer Welle ins Meer gespült worden und ertrunken seien. Gewissheit aber gibt es nicht.
Über das Verschwinden des Berliner Paares Ende 1998 schrieb die Berliner Zeitung am 11. Januar 1999:
„Suche in Irland bislang erfolglos. Berliner weiter vermißt.Die Suche nach dem Berliner Pärchen an der irischen Küste südwestlich von Cork ist auch am Dienstag ohne Erfolg geblieben. Seit Sonnabend werden der 32jährige Andreas Sp(eich) und die 21jährige Diana S(ehmeisch) aus Prenzlauer Berg vermißt. Die Polizei in Dublin vermutet, daß das Pärchen von einer Welle an der Steilküste erfaßt und ins Meer gerissen worden sein könnte. Bisher jedoch gestaltet sich die Suche schwierig, da der starke Wind den Einsatz von Hubschraubern erschwert. Eine Sprecherin der Küstenwache sagte, daß die Suche trotzdem fortgesetzt werde.Andreas Sp. hatte schon seit mehreren Monaten in Skibberen im Haus des Brüsseler „Spiegel“-Korrespondenten Dirk Koch gewohnt. Über Silvester war seine Freundin Diana S. zu Besuch gekommen. Aufgefallen war das Verschwinden, als der Journalist Dirk Koch am Sonnabend nach Dublin kam und eigentlich von beiden am Flughafen abgeholt werden sollte. Im leeren Haus fand Koch schließlich sowohl Gepäck des Pärchens als auch den Wagenschlüssel im Zündschloß.Ein Verbrechen schließt die Polizei bisher aus.Kochs Brüsseler Korrespondentenkollege Winfried Didzoleit dementierte Gerüchte, nach denen Dirk Koch wegen eines „Spiegel“-Artikels über Agrarsubventionen in Irland vom September letzten Jahres erpreßt würde. Im „Spiegel“ hatte Koch über irische Bauern geschrieben, die durch einen legalen Trick an hohe EU-Zahlungen gekommen waren. „Es gab zwar böse Briefe, doch von einer Erpressung war nie die Rede“, so Didzoleit. Eine Boulevardzeitung hatte berichtet, daß Andreas Sp. wegen der Drohungen das Haus in Irland bewachen sollte. „Der junge Mann wohnte allerdings schon vor dem Artikel dort“, so Didzoleit.“
Der damalige Irland-Teilzeitresident Dirk Koch hatte im Jahr 1998 mit Irland-kritischen Berichten im SPIEGEL für Furore gesorgt. Er hatte als damaliger Büroleiter des SPIEGEL in Brüssel seine irischen Erfahrungen im Blatt thematisiert und sich damit auf der Insel einige Feinde gemacht.
Koch schrieb über die irischen Farmer und die Subentionen aus Brüssel: „Kein Bauernvolk versteht sich so meisterhaft auf das Absahnen von EU-Subventionen wie das der Iren. Auf der internen Neidtabelle des Bonner Landwirtschaftsministeriums steht es weit oben.“ Koch zitierte dabei auch Bauern, die er in West Cork selber befragt hatte, etwa so:
„Früher haben wir unser Geld mit der Produktion von Nahrungsmitteln gemacht“, sagt Martin O. aus Castletownshend. „Heute verdienen wir es mit dem Ausfüllen von Subventionsformularen.“oder so:. . . bezieht er seither im Jahr ein paar tausend Pfund an Beihilfen aus Brüssel. „Eigentlich nur dafür, dass ich auf meinem Hintern sitze und den Tieren zusehe.“< /span>
Der Beitrag, der damals hohe Wellen bis hinauf in die irische Regierung schlug und zu diplomatischen Verstrickungen zwischen Deutschland und Irland führte, war am 21. September 1998 im SPIEGEL erschienen. Hier eine Leseprobe:
Dirk Koch (66) ist mittlerweile pensioniert und meldet sich gelegentlich noch als „Freier Publizist“ zu Wort. Fragen wir ihn nach seinen Erinnerungen an die Vorgänge vor mehr als zehn Jahren und hoffen wir auf eine Antwort.
* Daran erinnerte gestern der irlandinside Blog, der die Spur des aktuell in Irland vermissten jungen Deutschen Thomas Muffke beschreibt. (Thomas hatte sich in einem Brief mit Suizid-Plänen nach Irland verabschiedet).
Vielen Dank für den Artikel. In wenigen Tagen wird sich das Verschwinden von Andreas zum 16. Mal jähren. Ich habe gerade auf der Suche nach dem genauen Ort/Anschrift des Hauses Ihren Artikel gefunden (eigentlich hatte ich damit gerechnet, zumindest eine Filmbeschreibung des Dokumentarfilms zum selben Thema von Jan Lüthje zu finden, aber Jan scheint gerade schwer auf dem Business-Film-Weg zu strampeln, zu den Inhalten seiner Dokumentarfilme findet sich offenbar kaum etwas online).
Jedenfalls vielen Dank für den Artikel, Markus. Diana kannte ich zwar nicht, war aber sicher eine reizende Person, Andreas selbst war ein guter Freund. Ich vermisse die neuesten Aquarellkreationen seiner irischen Knoten (er konnte das wirklich gut, die irische-Knoten-handgemalten-Postkarten-Idee war gut ausbaufähig). Und ich vermisse Andreas. Ich werde nie vergessen, wie ich schreiend aus der Badewanne lief, nachdem ich das Badeöl, das er mir für die Wanne mitgab (echtes, wohl sogar handgepresstes Pfefferminzöl, in Literflaschen abgegossen) als damals typische Wessigöre krass überdosierte (naja, wie man das gewohnt ist… wie bei Badeschaum eben. Volle Tasse rein… wirkt ja gar nicht, also volle zweite Tasse rein. Und dann der schlagartige Effekt. Für einen Moment dachte ich, ich gefriere zu einem mannsgroßen Eisklotz, und zwar in Sekundenbruchteilen). Der gute warf ein Badetuch und eine Decke über mich… ohne ihn hätte ich zwar wohl nie das Vergnügen gehabt, einmal kurz für ein paar Momente zu einem Eisklotz zu werden, wäre aber auch ohne ihn wiederum sonst kaum so glimpflich durch das Erlebnis durchgekommen und unter uns: einmal in echtem Pfefferminzöl halb zu erfrieren, das sollte man als Gefühlchen doch in seinem Leben mal erlebt haben, bevor man selbst dereinst den Löffel abgibt.
Viel zu früh, Andreas. Mir wäre es lieber gewesen, Du hättest Deinen Löffel noch eine Weile behalten dürfen. Ich hätte gerne Deine späteren irischen Knoten gesehen, wie sie ausgesehen hätten auf 1 Meter mal 1,20 m. Mit, wer weiß, dann handgemachter Aquarellfarbe gemalt, das hätte ich Dir wiederum zeigen können, wie das geht. Dirk Koch hätte Dir sagen müssen, worauf Du da genau aufgepasst hast… und ich weiß nicht, ob Du selbst Zeit für SPIEGEL-Lesen hattest, als Du dort die Badewanne mit Kohle angeheizt hast – die mit dem Blick auf das Meer. Ich vermute, Du hattest das wahrscheinlich nicht, es gab weiß Gott wichtigeres und wer hätte warnen sollen. Dann das Fußballspiel… – das Deine Postkarte kurz erwähnte.
Heute, 16 Jahre später, sagt den Leuten HoGeSa was, im Grunde auch nur eine Spielart von HoGeFre (HooligansGegenFremde) oder XeHo (XenophobeHooligans) – damals gab es Hooligans aber auch schon. Und es gab die Wut auf den Journalisten. Wie sich das zusammengebraut haben muss und das alles über deinem Lockigen, über einen irischen Knoten auf einer handgemalten Postkarte gebeugten, schwerlich etwas ahnen könnenden Haupt.
Ich bin mit Diana zur Schule gegangen und war in sie sehr schüchtern verliebt und deshalb kann ich diese Frau und die Geschichten um sie nicht vergessen – will es nicht. Die ganze Geschichte erscheint einem wie ein schlechter Film. Leider gibt es in diesem Fall kein Happy End. Was der Artikel jedoch nicht beschreibt…Diana hatte Probleme – mit den Menschen und mit Drogen – sie war eine Außenseiterin. Ehemalige Freunde vermuten einen Selbstmord. Ich vermute ein gezieltes Untertauchen. Alles Gute Diana!
cu, sukram rachsej
damit habe ich nix zu tun. ich kenne diese zwei personen ueberhaupt nicht
Danke, daß sie den Fall noch einmal aufgreifen. Andreas war (ist) ein wunderbarer Mensch, der von seinen Freunden schmerzlich vermisst wird.