Die MV Seabourn Quest in Bantry Bay: 450 Gäste, 330 Crewmitglieder.

 

West Cork, unsere Wahlheimat am Atlantik, wird in Irland als ein ganz besonderer Ort gesehen. Hier sagt man gerne, West Cork sei a place apart. Das kann man vieldeutig interpretieren: von Aus der Welt über Hinterm Mond bis Eine Klasse für sich. Oder aber: Am weitesten von der Hauptstadt Dublin und damit vom fiebrigen Puls der Zeit entfernt.

Manchmal trifft es Hinterm Mond am besten. Hier wird Glyphosat noch guten Gewissens hektoliterweise versprüht, während andernorts Giftspritzer längst um ihre physische Gesundheit fürchten müssen. Hier sind die Kirchen am Sonntag noch gut besucht und das Lieblingsessen vieler Menschen ist wie vor 50 Jahren der Rinderbraten mit Kartoffeln und Gemüse.

Das West-Cork-Städtchen Bantry hat sich gerade einen lange gehegten Wunsch erfüllt. Am Ort der alten Lagerhallen baute man sich einen neuen Pier und eine Marina, einen kleinen Yachthafen (“Das bringt Geld in die Stadt”). Über den Pier – in seemännisch übrigens die Pier – können endlich große Menschengruppen von noch größeren Schiffen an Land gebracht werden. Nun begrüßen Bantryaner off- wie online frenetisch jedes einlaufende Kreuzfahrtschiff. Diese Woche kam die Seabourn Quest in die Bantry Bay. Die Freude in Bantry ist groß, während man anderorts auf der Welt gerade versucht, die schwimmenden Luftverpester endlich los zu werden. Von Mai bis September 2019 haben sich bislang zehn Cruiseliners in Bantry angemeldet.

Wie lange die Freude anhält, wird sich zeigen. Im benachbarten Glengarriff legte man schon vor 20 Jahren keinen Wert auf die Ankunft der Kreuzfahrtschiffe. Der Port of Call hat nämlich meistens wenig von den aus den Schiffen stürmenden Menschenmassen: Die meisten Landgänger werden schnell auf die wartenden Busse verteilt und nach Killarney oder Blarney gekarrt. Glengarriff verkauft derweil ein paar Scones mit Tee und muss sich zeitnah die öffentliche Toilette gründlich vornehmen.

 

Foto: Markus Bäuchle, vom Fenster.