Was auf den ersten Blick aussieht wie ein idyllischer bewaldeter Hügel, ist in Wahrheit eine der vielen tickenden Zeitbomben Irlands: Ein „Dump“, eine Müllhalde, ein Dreckloch. Bis zum Jahr 1996 kippten Haushalte, Firmen und wer immer mochte, ihren Müll auf den Müllplatz von Kealanine bei Bantry, Irland. Jetzt, 14 Jahre nach der Schließung, erklärte das Cork County Council die alte Müllhalde zur „Top Priority Site“ und zur potentiellen Gefahr für Leib und Leben der Anwohner. Untersuchungen sollen zeigen, ob der Müll ausgebuddelt und abgefahren werden muss.
Bis vor kurzem interessierte sich in Irland niemand ernsthaft für die alten Müllhalden des Landes, war doch erkennbar über die meisten das Gras gewachsen. Da störte es kaum, dass in der Umgebung grasende Schafe und Kühe krank wurden, dass in den benachbarten Flüssen keine Fische mehr lebten, dass die Behörden der EU in Brüssel auf eine Sanierung der Altlasten drängten. Erst seit dem Einzug der Grünen in die Koalitionsregierung in Dublin erhielten die alten Müllhalden die gebührende Aufmerksamkeit – und manche sagen, an diesem Umstand kann man dann doch erkennen, dass die Grünen in Irland seit einigen Jahren mitregieren.
Alleine im County Cork hat man 50 alte Müllplätze identifiziert. Ihnen allen gemeinsam ist, dass sie nicht sicher sind und dass sie eine Bedrohung für die Gesundheit von Menschen und Tieren darstellen. Als kürzlich auf der alten Müllhalde von Kealanine ein blauer Bagger anrollte, um Probegrabungen vorzunehmen, schrillten im Tal von Comhoola die Alarmglocken: Die Menschen fühlten sich an alte Zeiten erinnert, als die Luft so unerträglich stank, dass man sie nicht einzuatmen wagte, als Millionen Fliegen die Müllkippe und die Häuser der Anwohner umschwirrten, dass es unmöglich war, Türen oder Fenster offen zu halten, als Tiere, die vom Fluss bei der Kippe tranken, krank wurden und verendeten. Als möglicherweise auch Menschen Schaden nahmen.
Die Leute von Kealanine haben Angst, dass die Probegrabungen die Geister der Vergangenheit wieder heraufbeschwören. Sie bestehen darauf, dass das Wasser der Umgebung von der Müllkippe verunreinigt wird, und sie wollen bereits wissen, worüber sich die Beamten des County Council erst Klarheit verschaffen müssen: Was sich in der alten Müllhalde genau befindet. Die Rede ist von großen Mengen Rohöl, von Asbest, Tierkadavern, dem üblichen Haushaltsmüll und von jeder Menge Chemikalien: Alleine die örtliche Pharmafirma ROWA, heute geführt von der irischen General-Konsulin Brigitte Wagner-Halswick, hatte in den 80er-Jahren die Genehmigung, jährlich zwei Lastwagenladungen Abfälle jeglicher Art auf den Müllplatz von Kealanine zu deponieren.
Die Menschen von Kealanine erhählen lange Geschichten, wie sie in den 70er und 80er-Jahren die Behörden um Hilfe und Beistand gebeten und angefleht hätten, die unerträglichen Zustände abzustellen. Sie wurden offensichtlich nicht gehört und waren am Ende nur froh, als der „Dump“ vor 14 Jahren endlich geschlossen wurde. Geblieben ist ein tiefes, aggressives Misstrauen in die „Offiziellen“ vom County Council. Als kürzlich ohne jegliche Vorankündigung der Bagger anrollte, um Tests vorzubereiten, stand die Bevölkerung schnell auf den Zinnen und forderte die Behörde heraus: Man will nun ganz genau über jeden einzelnen Schritt informiert werden, was die Regionalverwaltung am alten Müllplatz tut.
Es ist Gras gewachsen über den alten Müllplatz von Kealanine, doch es wächst kein Gras über die Zeitbombe, die dort im Boden tickt.
Hallo Markus, das ist nicht nur im County Cork so, sondern durchaus ein flächendeckendes Problem. Danke für diesen Artikel, den ich sehr gerne an Interessierte in meinem Umfeld weiter empfehle.
Herzlichen Gruß aus Köln
Peter
Das in Irland eine Menge Müll in der Gegend herum liegt ist uns schon bei unserem ersten Irland-Urlaub aufgefallen. Wir konnten es garnicht glauben und ernteten nur kopfschütteln, als wir unseren Vermieter fragten, wohin wir die alte Baterie tun sollten. Der meinte nur wir sollen sie irgendwo hin werfen. Er schüttelte dann wiederum den Kopf, als wir ihm erklärten, dass wir in Deutschland unseren Müll trennen und alles seperat entsorgen. Völliges Unverständnis war in seinem Gesichtausdruck. Inzwischen hat sich das allerdings geändert. So langsam fangen auch die Iren an sich Gedanken zu machen, was ihr Müll so alles anrichten kann, wenn alles weiterhin achtlos entsorgt wird. Ich freue mich jedes Jahr, wenn ich wieder mehr Müll sortieren muß und sehe,dass nicht mehr so viel einfach in der Gegend rum liegt. Im Oktober/November sind wir wieder in Irland. Dann werden wir sehen was sich in Sachen Müllbeseitigung wieder getan hat.