Haus in Irland, County Clare by Markus Bäuchle, Wanderlust

Haus in Irland im County Clare

Bislang gilt Irland als Traumland für Hauseigentümer: Die Kosten zur Unterhaltung* eigener vier Wände sind noch immer so preiswert wie kaum irgendwo sonst in Europa: Grundsteuer, Pflichtversicherung, Wasser- und Abwassergebühren: All das sind Fremdwörter für irische Hausbesitzer. Waren es zumindest bis vor kurzem. Nun, in der großen Finanzkrise, zieht der irische Staat alle Register, um die von misswirtschaftenden Banken großzügig übernommenen Schulden von den Steuerbürgern zurückzahlen zu lassen. Beim großen Stopfen der Finanzlöcher muss natürlich auch der Haus- und Wohnungsbesitzer mit ran, und so sollen die irischen Verhältnisse nun — orchestriert von der Europäischen Zentralbank und den Brüsseler EU-Behörden — ganz schnell den europäischen angeglichen werden.

Vor einigen Wochen kündigte die irische Regierung die Einführung verschiedener hausbezogener Abgaben an. Paddy und Mary sollen künftig für Wohneigentum, für Wasser und Abwasser Steuern und Gebühren bezahlen. Das Problem: Kassieren wollen ist das Eine, kassieren können das andere: Weil ein Einwohnermelderegister in Irland fehlt und weil die verschiedenen bürgerbezogenen Datensammlungen des Staates  schlecht oder gar nicht vernetzt sind, scheitert schon ein so vermeintlich banales Vorhaben wie die Einführung einer obligatorischen Teilnahme an der Müllabfuhr.

Jetzt würde der Staat gerne eine Haus- und Wohnungs-Steuer einführen, ist aber darauf angewiesen, dass sich die zu Schröpfenden freiwillig registrieren, um sich dann abkassieren zu lassen. So hat die Regierung erst einmal eine Frist gesetzt: Seit dem 1. Januar und bis spätestens 31. März müssen sich alle Haus- und Wohnungseigentümer auf der Website www.householdcharge.ie ( alternativ telefonisch oder durch einen Gang zur Behörde) registrieren und  für 2012 eine “Haushaltsabgabe” in Höhe von 100 Euro überweisen. Wer die Frist verstreichen lässt, muss mit Bußgeldern, Strafen und Beugemaßnahmen rechnen.

Die Regierung macht keinen Hehl daraus, dass diese vergleichsweise preiswerte, und für alle Eigentümer zunächst gleich hohe Abgabe nur ein Anfang sein soll. Diese Immobilienbesitz-Steuer soll in den kommenden Jahren stetig erhöht werden. Schon machen deshalb Horrorzahlen von bis zu 1.500 Euro pro Jahr die Runde — und es formiert sich allmählich der Widerstand.

Denn wenn es ums Registrieren, Kontrollieren und Abführen geht, dann weckt dies bei vielen Iren doch den alten, längst verloren geglaubten Widerstandsgeist. Mehrere Initiativen im Land rufen deshalb dazu auf, die Haushaltsabgabe zu boykottieren und sich auf keinen Fall freiwillig zu registrieren. Mick Murphy von der Initiative “Campaign Against  Household and Water Taxes” gab gestern die Prognose und das Ziel aus, dass mehr als die Hälfte aller Haushalte in der Republik die Zahlung der Abgabe verweigern würden. Für Mitte Januar sind landesweit Protestveranstaltungen geplant. Die Regierung lanciert derweil erste Erfolgsmeldungen: Bis gestern sollen bereits 6.000 Haushalte die neue Abgabe bezahlt haben.

Während Beobachter mit Spannung erwarten, ob die so mustergültig sanften Iren (“Irland ist nicht Griechenland”) nun angesichts des stetig steigenden finanziellen Drucks doch noch protestierend auf die Straßen gehen, müssen sich auch alle Besitzer eines Ferienhauses in Irland mit der Frage “Zahlen oder nicht” auseinandersetzen: Die Haushaltsagabe muss laut Gesetz auch von ausländischen Eigentümern von Häuern und Wohnungen in Irland bezahlt werden — zusätzlich zu den jährlich 200 Euro Zweitwohnungssteuer. Manche Deutsche, Franzosen oder Briten, die auf die Löchrigkeit der irischen Datenbestände gesetzt haben und die im Jahr 2009 eingeführte Ferienhaussteuer nicht überwiesen haben, sehen sich längst hohen Forderungen gegenüber, bei denen die eigentliche Steuer gegenüber den Versäumniszuschlagen nur noch den kleineren Teil ausmacht.

Mehr Information zur Zweitwohnungssteuer in Irland finden Sie hier.

* Ausdrücklich: Hier ist nicht von Bau- und Finanzierungskosten, sondern von Unterhaltskosten die Rede. Wer in den Jahren 2000 bis 2007 zu maßlos überhöhten Preisen ein Haus gekauft oder gebaut hat, wird angesichts des massiven Preisverfalls auf dem immobilienmarkt von bis zu 50 Prozent seines Lebens nicht mehr froh.