22. Juli 2020. Mittwoch

 

Die Quarantäne für Einreisende aus Deutschland, der Schweiz und Österreich bleibt. Irlands Regierung hat kurz nach Mitternacht die umstrittene Grüne Liste der als Corona-sicher geltenden Länder veröffentlicht. Es bleibt dabei: Wer diesen Sommer aus Deutschland, der Schweiz oder aus Österreich nach Irland einreist, beginnt seinen Aufenthalt mit einer 14-tägigen Quarantäne. Das ist wohl das Aus für die meisten mitteleuropäischen Irland-Urlaubspläne. Jetzt wird sich allenfalls die Fraktion der Rücksichtsarmen und der Unverfrorenen auf den Weg ins Traumland machen . . .

Bei der Auswahl der “reise-sicheren” Länder hat die irische Regierung offensichtlich den Atlas der kleinsten Länder Europas studiert, um sich möglichst reibungslos vor möglichst vielen Gästen zu schützen. Die 15 Länder der Grünen Liste sind:

Malta
Finnland
Norwegen
Italien
Ungarn
Estland
Litauen
Lettland
Zypern
die Slowakei
Griechenland
Grönland
Gibraltar
Monaco
San Marino.

Fehlen eigentlich nur der Vatikan, Liechtenstein und Guernsey. Wer aus diesen 15 Ländern nach Irland einreist, muss nicht in die Quarantäne, weil diese Länder ähnlich niedrige Raten von Covid-19-Neu-Infizierten haben wie Irland. [Nachtrag: Die Grüne Liste soll alle 14 Tage überprüft und gegebenenfalls aktualisiert werden. Die Zahl der C-19-Neu-Infektionen in Irland stieg innerhalb von zwei Wochen von 2,5 auf 5,61 pro 100.000 Einwohner.]

Gleichzeitig erneuert die Regierung allerdings die Reisewarnung, dass es keine Urlaubsreisen von Iren ins Ausland und von Urlaubern nach Irland geben sollte. Diese Warnung gilt auch für die Länder auf der grünen Liste. In ihrem Bemühen, das Land offen zu halten und die Bevölkerung gleichzeitig vor dem Import des Coronavirus zu schützen, fährt die in sich uneinige Regierung weiter einen unklaren und widersprüchlichen Kurs, der die Unsicherheit im In- und Ausland noch verstärkt.

Die nächtlichen Ansagen der Regierung haben hier auf der Insel nicht nur bei der politischen Opposition Kritik und Entrüstung ausgelöst.

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Irland Corona

Irland in den Zeiten von Corona. Wir leben auf dem Land in Irlands äußersten Südwesten, in einer Streusiedlung am westlichen Rand Europas, direkt am Atlantik. Auch in dieser einsamen, abgelegenen Gegend wurde das Leben in den vergangenen vier Monaten vom neuartigen Coronavirus beherrscht. Wir, Eliane [e] und Markus [m], führen ein öffentliches Tagebuch über unser Leben in Irland in Zeiten von Corona. Mittlerweile wurde daraus eher ein Wochenbuch. Heute schreibt Markus . . .

Das sind die Fakten und die Widersprüche: Internationale Urlaubsreisen aus Irland und nach Irland sollte es in diesem Sommer nach dem Willen der Virologen und der irischen Regierung nicht geben. Die Reisetätigkeit sollte sich auf notwendige Reisen beschränken. Dazu zählen wichtige Berufsreisen und dringende Verwandtschaftsbesuche. Wer dennoch einreist, sollte sich in den ersten 14 Tagen einer Quarantäne in einem selbst gewählten Quartier unterziehen. (Wie die Selbst-Isolierung auszusehen hat, wird hier beschrieben.)

:: Die Probleme beginnen damit, dass dies alles nur Soll-Bestimmungen sind, dringende Empfehlungen, denen die Rechtsverbindlichkeit fehlt. Rechtlich verbindlich und mit harten Strafen bis zum Gefängnisaufenthalt sanktionierbar ist nur die Pflicht, bei der Einreise nach Irland ein Meldeformular korrekt auszufüllen, in dem man den Ort seiner Quarantäne und seine Kontaktdaten angibt. Weicht die Wirklichkeit von den Angaben im Formular ab, liegt nach irischer Logik ein Verstoß gegen das korrekte Ausfüllen des Formulars vor – Strafen sind dann möglich.

:: Die Kontrollquote der Einreisenden in der Quarantäne lag in den vergangenen Wochen bei fünf Prozent. Die Kontrollen sollen nun verstärkt werden, das Papierformular wird wohl am 10. August von einer Online-Registrierung abgelöst, ein neues Call Center soll die Einreisenden verfolgen und kontrollieren. Zudem soll es künftig Zufall-Tests von Einreisenden aus Ländern, die nicht auf der Grünen Liste stehen, an den Flughäfen geben.

:: Die Regierung wird von zwei Seiten unter Druck gesetzt und findet dabei keine klare Linie – auch weil sich in der neuen Koalition gleich drei Parteien auf eine Strategie einigen müssen: Die Reiseindustrie, allen vorweg die Fluggesellschaften, drängen massiv auf eine Öffnung des Reiseverkehrs. Gedroht wird mit Massenentlassungen und selbst mit der Schließung der Flughäfen von Cork bis Kerry und Shannon. Die Bevölkerung dagegen steht mehrheitlich auf der Seite der Mediziner und Virologen und wünscht sich von der Regierung einen besseren Schutz vor dem Virus – und dass die Schulen in fünf Wochen endlich wieder öffnen. Sie sind seit dem 12. März geschlossen – und diese Woche wurde bekannt, dass es noch immer keine Strategie und auch keine Vorbereitungen gibt, um einen sicheren Schulbetrieb im September zu gewährleisten.

:: Für unerschrockene Iren gilt nun, dass sie entgegen der sanften Empfehlung ihrer Regierung die Sonne in Italien und Griechenland, auf Malta oder Zypern suchen können. Aufgrund der Reisewarnung der Regierung lehnen die Reiseversicherungen einen Schutz für internationale Reisen allerdings kategorisch ab – und weil die Reisewarnung zu sanft ist, bekommen viele Iren ihr Geld oft nicht zurück erstattet, wenn sie ihre Reise stornieren wollen, der Urlaub von Seiten der Airlines und der Hotels im Ausland aber stattfinden kann.

:: Für rücksichtsarme Mitteleuropäer, die auf ihren Irland-Urlaub auch in diesem Sommer auf keinen Fall verzichten wollen, gilt: Alles ist möglich, und die Chance, damit durchzukommen, scheint nicht gerade klein. Ob dieser Urlaub dann auch Spaß macht, und vor allem, ob man alles tun sollte, was man auch tun kann, das muss Jeder für sich entscheiden. Natürlich werden wir noch in diesem Sommer die Helden treffen, die sich via Nordirland über die inner-irische Grenze durchgeschlagen haben oder über einen Flughafen in Norditalien eingereist sind, und so die Quarantäne zu vermeiden. Sie werden sicher mit denen um die Wette prahlen, die den Qurantäne-Kontrollen erfolgreich entgangen sind.

:: In der Bevölkerung Irlands dominieren allerdings die Sorgen, dass Urlauber das so mühsam unter Kontrolle gebrachte Coronvirus massenhaft aus dem Ausland auf die Insel zurück bringen. Die weltberühmte irische Gastfreundschaft ist deshalb vielerorts dem Ressentiment gewichen. Mietwagen und Wohnmobile sind nicht überall gerne gesehen, und vor allem die derzeit in ansehnlicher Zahl durch Irland reisenden Briten, werden heftig kritisiert. Da tun sich alte Feindschaften wieder auf – und auch der amerikanische Akzent wird derzeit eher gefürchtet. Deutsche, Holländer, Franzosen oder Schweizer seien dagegen von der Bevölkerung willkommen, will ein uns bekannter Hotelier wissen. Natürlich muss der Mann in diesem Sommer sein 100-Zimmer-Hotel möglichst voll bekommen und kämpft gerade wie viele andere um seinen Job . . .

:: Über das Wohl und Wehe der irischen Tourismusbetriebe wird entscheiden, wer sich wieviel vom kleinen Kuchen des inneririschen Urlaubsverkehrs abschneiden kann. Wer  in diesen Tagen durch unser kleines Örtchen Glengarriff spaziert, wird keinen große Unterschied zu vergangenen Sommern erkennen. Der Juli bietet wie meistens mäßiges Wetter, es herrscht Ferienbetrieb, die Straße und Parkülätze sind zugeparkt, die Menschen drängen nach Garinish Island. Nur die ausländischen Nummernschilder an den Autos fehlen, die meisten Touristen tragen Masken – und mehrere Pubs bleiben geschlossen.

 

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Weitere aktuelle Entscheidungen der vergangenen Tage: Die Reproduktions-Zahl, auch R-Zahl, die unter 1 liegen sollte, damit sich das Coronavirus nicht weiter ausbreitet, ist in der Republik Irland in den vergangenen Tagen auf einen Wert zwischen 1,2 und 1,8 gestiegen. Virologen und Politiker sind alarmiert, dass die zweite Welle bereits oder demnächst rollen könnte. Die Regierung tritt deshalb auf die Bremse, verschiebt die weitere Öffnung des Landes und verschärft die Vorsichtsmaßnahmen:

:: Die Pubs bleiben weiter, bis mindestestens 10. August geschlossen (Ausnahme: Pubs, die Essen servieren). Ebenso Nachtclubs und Casinos. Pubs, die ein Essen im Wert von mindestens neun Euro servieren, in denen sich die Gäste zum Essen anmelden, maximal 105 Minuten bleiben dürfen und an Tischen sitzen müssen, dürfen weiter geöffnet bleiben.

:: Die Maskenpflicht wird ausgeweitet: Künftig müssen auch in Geschäften und öffentlichen Gebäuden Nasen-Mund-Masken getragen werden. Das gilt für Kunden und eingeschränkt für das Personal. Die genauen Bestimmungen werden in den kommenden Tagen veröffentlicht. Bereits jetzt gilt die Maskenpflicht für öffentliche Verkehrsmittel, Flug- und Fährhäfen.

:: Zusammenkünfte in Privatwohnungen und -häusern werden wieder auf maximal 10 Personen aus höchstens vier anderen Haushalten beschränkt. Zuletzt hatten Haus-Parties zur beschleunigten Verbeitung des Virus beigetragen.

:: Die Genehmigung größerer Veranstaltungen und Versammlungen wird verschoben. Bis 10. August gelten weiterhin die Obergrenzen von 50 Menschen in geschlossenen Räumen und von 200 unter freiem Himmel.

 

Irland Pubs

Die Pubs bleiben weiter geschlossen

 

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Fotos: Markus Bäuchle