Ticket für die Titanic: Die Regierungspartei wirbt vor den Wahlen am Freitag im Web um neue Mitglieder.

Strafe für die Regierung. Man muss kein Prophet sein, um zu behaupten: Am Freitag wird die irische Regierung bei den Lokal- und Europawahlen ausgezählt und abgestraft werden. Fianna Fail, die Partei, die das Land zuletzt konsequent ausgenommen und abgewirtschaftet hat, muss mit dem schlechtesten Ergebnis der Geschichte rechnen und stellt sich hinter den Kulissen längst auf einen Regierungswechsel ein. Ministerpräsident Brian Cowen, bis zu seinem Wechsel an die Regierungspitze als Finanzminister für das aktuelle Schlamassel an vorderster Stelle mitverantwortlich, wird sich wohl nicht retten können.

Kinderquäler sollen bestraft werden. Kindesmissbrauch durch die Katholische Kirche: Die Stimmen mehren sich, dass die Aufarbeitung des größten Skandals der jungen irischen Geschichte nur gelingen wird, wenn die Täter endlich konsequent zur Rechenschaft gezogen werden. Tausende Kinder sind in den vergangenen jahrzehnten in irischen Heimen und Schulen von katholischem Personal systematisch sexuell, körperlich und psychisch missbraucht worden. Der Abschlussbericht einer Regierungskommission löste in den vergangenen Tagen eine beispielllose öffentliche Diskussion aus. An dem schonungslos offenen und detaillierten Bericht, in dem über 1000 Opfer zu Wort kommen, war lediglich kritisiert worden, dass er die Täter nicht in die Pflicht nimmt. Immerhin hat der Bericht den Druck auf die gnadenlosen Brüder und Schwestern katholischer Orden massiv erhöht, sich der Polizei zu stellen – und auch eine systematische Strafverfolgung gilt nicht mehr als ausgeschlossen.
Strafe für egomane Absahner und korrupte Strippenzieher? Der steile wirtschaftliche Absturz Irlands ist nicht der Weltwirtschaftskrise geschuldet, wie die irische Regierung derzeit wieder glauben machen will. Der große Immobilien-Crash, der das Land in die Seile schickte, wurde produziert von selbstsüchtigen Eliten. Von Bankern, Politikern und Investoren, die alle einen Namen, ein Geburtsdatum und eine vorladungsrelevante Wohnadresse haben. Mit Frank Dunlop schickten die Richter in der vergangenen Woche immerhin einen Handlanger der mächtigen Strippenzieher für eineinhalb Jahre ins Gefängnis. Der frühere Regierungssprecher Dunlop hatte lokale Abgeordnete bestochen, um die Ausweisung von Bauland in Carrickmines, County Dublin, im Sinne seiner Hintermänner zu beeinflussen. Dass es auch den Big Boys des irischen Immobilien-Monopolys noch an den Kragen gehen könnte, scheint weiterhin eher unwahrscheinlich.
Ende einer Ära. Millvina Dean, die letzte Überlebende der Titanic, starb gestern im Alter von 97 Jahren in Southampton. Als die Titanic im April 1912 nach der Kollision mit einem Eisberg im Nordatlantik versank, war Millvina gerade neun Wochen alt und überlebte die Katastrophe in den Armen ihrer Mutter, während ihr Vater ertrank. Die in Belfast gebaute Titanic war das größte Passagierschiff seiner Zeit, ihr Name bleibt untrennbar mit dem Namen von Cobh, des Hafens bei Cork verbunden. Cobh war der letzte Hafen, den die Titanic auf ihrer Jungfernfahrt anlief, bevor sie am 14. April unterging und 1500 Menschen in den Tod riss.
Und wo bleiben die guten Nachrichten? Die Iren sind einer aktuellen Umfrage zufolge trotz der verschärften Wirtschaftskrise die optimistischsten Menschen in Europa. Gefragt, wo sie sich in fünf Jahren sehen, meinen die Insulaner: ganz vorne und ganz oben. Alles im Grünen Bereich also, Zukunftsängste sind nicht. So begegnet man derzeit auch manchem Katastrophen-Romantiker, der sich im Niedergang gemütlich eingerichtet hat und sich freut, dass das Karussel des korrupten Kasino-Kapitalismus zum Stehen gekommen ist, dass Schwindel und Benommenheit langsam abnehmen.