Maria. Ratlos.

Der Erzbischof von Boston, Sean O`Malley, löste kürzlich Erstaunen aus, als er der Katholischen Kirche in Irland den Zusammenbruch in fünf bis zehn Jahren in Aussicht stellte. Nun hat Irlands zweithöchster Kleriker, Dublins Erzbischof Diarmuid Martin, noch drastischer nachgelegt: “Wir stehen in vielerlei Hinsicht bereits direkt am Abgrund”, sagte Martin laut Irish Times bei einem Besuch der britischen Nachbarinsel in Cambridge.

Der Erzbischof von Dublin sieht die Katholische Kirche im einst katholischsten Land Europas auf einem dramatischen Rückzug, und einzelne Zahlen sprechen für sich: In den 200 Kirchengemeinden seiner Haupstadt-Diözese wird in diesem Jahr kein einziger neuer Pfarrer ordiniert. Die Zahl der Kirchgänger ist derweil auf zwei Prozent der katholischen Bevölkerung geschrumpft.

Der immer für ein offenes Wort bekannte Bischof Martin (Foto) lässt keinen Zweifel daran: Die Katholische Kirche in Irland wird sich mit einer kulturellen Nische begnügen müssen. Wenn sie überhaupt überleben wird, wird die Kirche auf der Insel laut Martin zur Minderheiten-Kultur – im besgen Fall zu einer relevanten. Der Chef-Katholike meint, dass der Niedergang der einst mächtigsten Institution im Land bereits lange vor den Missbrauchs-Skandalen der vergangenen Jahre eingesetzt hat und dass er anhalten wird. So wird sich die Kirche so schnell wie möglich aus der Verwaltung der irischen Schulen zurückziehen müssen, weil sie kein Geld mehr hat.

Selbstkritisch sagte Martin zu seiner eigenen Rolle als Kirchenführer: “Die Kirche braucht jetzt starke Führung, um diesen Wandel zu meistern. Ich fürchte, Change Management gehört nicht zu meinen Stärken.”

Fotos: Markus Bäuchle (oben); Archdiocese Dublin (unten)