Leben wie im Schlaraffenland: Der irische Sozialstaat macht es möglich.

Spaziergänge am Strand, Leben wie im Schlaraffenland: Der irische Sozialstaat macht es möglich.

EDIT: Sonntag, 5. Februar. Bitte die Kommentare zu diesem Post beachten. Die Geschichte der polnischen Kellnerin, wie sie zunächst im Irish Independent stand, ist teilweise falsch. Die Irish Times hat den Fall von Magda nachrecherchiert und kam zu anderen Ergebnissen. Danke.

 

“Kollektiver Freizeitpark” Grüne Insel? In Irland hat eine polnische Kellnerin eine so hitzige wie doppel-moralische Debatte ausgelöst. Die 36-jährige, die sich hinter dem Pseudonym Magda verbirgt, lebt das süße Leben einer Arbeitslosen im hohen Norden im County Donegal. Sie hat ihren Job an den Nagel gehängt, um das Leben mit Hilfe der irischen Wohlfahrt zu genießen. Und sie fährt gut damit: Der Staat zahlt ihr nach eigenem Bekunden mit Wohngeld und Heizkosten-Zuschuss 267 Euro pro Woche. Schon der Normal-Tarif der Sozialhilfe liegt mit 182 Euro mehr als 60 Euro über ihrem wöchentlichen Verdienst als Kellnerin. Jetzt schläft Magda gerne lang, führt ein entspanntes Leben, wohnt direkt am Meer und lauscht den Wellen, lernt surfen und macht ausgedehnte  Strandspaziergänge mit ihrem Liebsten (der in seiner vom Staat bezahlten Freizeit am liebsten Golf spielt). Magda empfindet ihr Dasein entspannt wie nach einer Hawaii-Massage.

Das alles hat sie nun auch  einer großen polnischen Zeitung erzählt und zudem verraten, wie komfortabel und kuschelig es sich in Irland auf Kosten der Allgemeinheit leben lässt —  im Vergleich mit den mageren polnischen Verhältnissen sowieso.

Nun toben die irischen Patrioten, die Scheinheiligen und die Doppelmoralisten: Sie schimpfen auf die faulen Ausländer und behaupten, die Magda hätte den Landsleuten aus Polen und den Ausländern in Irland insgesamt keinen Gefallen getan. Dabei hat Magda nur öffentlich zugegeben, was alle wissen und was auch viele Einheimische insgeheim genießen: Obwohl der Staat finanziell in der Klemme steckt, sind die Sozialhilfezahlungen in Irland komfortabel und oft höher als schlecht bezahlte Jobs. Auf Kosten des Staates zu leben ist in Irland zudem so etwas wie ein heimlicher Volkssport. Fast die Hälfte der Bevölkerung bezieht in Irland auf die eine oder andere Art staatliche Unterstützung. Ende 2010 profitierten 2,2 Millionen Menschen von den wöchentlichen Zahlungen vom Wohlfahrts-Staat. In der Republik leben derzeit 4,6 Millionen Menschen. In manchen ländlichen Gebieten lassen sich zwei von drei Bewohnern mit Sozialhilfe, Renten, Arbeitslosengeld, Behindertengeld, und, und, und unter die Arme greifen. Die sozialen Transferleistungen fließen aus über 50 Töpfen und Programmen.

Es wirkt deshalb billig, sich über eine polnische Kellnerin aufzuregen und dabei Onkel Joe und Tante Bridie, Cousin Stevie und Schwester Anne geflissentlich zu übersehen. Magda hat ausgepackt, aber Magda könnte genauso gut Mary heißen. So weit, wie immer behauptet wird, ist Irland nämlich gar nicht von den berühmten griechischen Verhältnissen entfernt.

PS: Was man Magda dann vollends verübelte: Ihren Wohnort in Donegal hat sie im Interview mit der Zeitung Gazeta Wyborcza als “S***hole”, also grob gesagt als Sch***loch” verunglimpft.

PS_2: Wir distanzieren uns ausdrücklich von der Kohlschen Phrase “Kollektiver Freizeitpark”.

Foto: Peter Zoeller: Derrynane Beach, County Kerry.

EDIT: Sonntag, 5. Februar. Bitte die Kommentare beachten. Die Geschicht der polnischen Kellnerin, wie sie zunächst im Irish Independent stand, ist teilweise falsch. Die irish Times hat