Europa stöhnt unter Schnee und Eis – und auch Irland hat der frühe, strenge Winter eiskalt erwischt. In den vergangenen Nächten wurden in den nördlichen Counties Sligo und Tyrone die tiefsten Temperaturen seit Beginn der Aufzeichnungen gemessen. Kalt, kälter, saukalt: Das Thermometer fiel auf den Allzeit-Rekord von minus 18 Grad – und das bringt das Leben auf der Insel, wo sich strenger Frost bislang eher selten einstellte, gewaltig durcheinander.

Die Häuser, die Straßen und die Versorgungsetze sind nicht für extreme Temperaturen gebaut. Deshalb sitzen nun viele Menschen frierend, ohne Wasser und ohne Gas in ihren Wohnungen und haben ein gravierendes Problem.  Die Wasserleitungen sind eingefroren, und wer keinen Wasservorrat angelegt hat, steht jetzt buchstäblich auf dem Schlauch. Viele Menschen können nicht heizen, weil sie kein Öl, kein Holz, kein Geld oder keines von dreien haben.

Die Frostschäden auf den Straßen sind bereits jetzt gewaltig: Die Fahrt in die Stadt gerät zum Slalom zwischen Eispritschen und Schlaglöchern. Immerhin sind die Straßen weitgehend schneefrei und können vorsichtig befahren werden. Auch der Betrieb der Flughäfen konnte bislang weitgehend aufrechterhalten werden – der Flughafen von Dublin war gestern abend lediglich einige Stunden gesperrt, weil das Enteisungsmittel für die Flugzeuge ausging. Es scheint derzeit kein großes Problem zu sein, Irland mit dem Flugzeug zu verlassen – weltweit sitzen allerdings zehntausende Iren wartend auf gepackten Koffern und wissen nicht, ob sie zu Weihnachten die geliebte alte Heimat und die Familie besuchen können oder ob ihnen Schnee und Eis einen Strich durch die Rechnung machen werden.

Am Meer und an den Flüssen erleben viele Iren derweil ein Phänomen, das sie bislang nur aus Erzählungen gekannt haben: So fror der Fluss Lee, der durch Irlands zweitgrößte Stadt Cork fließt, an manchen Stellen zu – erstmals seit Menschengedenken. Und auch in einigen ruhigen Buchten am Atlantik ist das Meer von einer dünnen Eisschicht überzogen.

The “Cold Snap” , the “Ice Age” oder “The Big Freeze”, wie die Iren die anhaltende Kältewelle repektvoll nennen, sollte laut früherer Prognosen eigentlich pünktlich zu Heiligabend zu Ende sein. Doch das Wetter hält sich wieder einmal nicht an die Vorhersagen: Offensichtlich wird sich die Kälte auch von Weihnachten nicht vertreiben lassen – und das sind eher schlechte Nachrichten für all die mutigen Männer und Frauen, die jedes Jahr an Weihnachten für einen guten Zweck unter dem Beifall weniger abgehärteter Zuschauer ins Meer steigen und dort einige Runden schwimmen: Das Meerwasser ist in diesen Tagen mit Temperatureen nur knapp über dem Gefrierpunkt kalt wie noch selten.