Der Wanderer hatte vergessen, dass er Jazz mag. Den Jazz der Zigeuner (darf man das noch sagen, vermaledeite Political Correctness?). Django Reinhardt, Stéphane Grappelli, Schnuckenack, Bireli Lagrene, das waren die musikalischen Helden seiner späten Jugend. Ein Fanal, das für einige Jahrzehnte verlosch, um in dieser Woche wieder hell aufzulodern.

Das Leben überrascht immer aufs Neue. Das Leben am westlichen Rand Europas, im menschenverlorenen West Cork allemal. Hier würde man Einsamkeit, Frieden, Stille, vielleicht Harmonie vermuten – nicht aber unbedingt Harmonien von Django Reinhardt oder Johnny Mercer, nicht eine erfrischende Begegnung mit dem Jazz.  Das aber geschah in dieser Woche. In einem kleinen Dorf in West Cork.

Ein Trio ohne Namen:
Kevin und Declan O´Shea, Ailbhe Connolly.

Drei junge begabte Musiker aus dem kleinen Ort spielten im kleinen Hotel im kleinen Ort Standards aus dem Great American Songbook, aus der großen Zeit des Jazz, den 20er Jahren – und sie erlaubten sich einen Ausreißer: Django Reinhardts “Nuages”, Wolken, den großen Klassiker des Gypsy Swing aus dem Jahr 1946. Was Meister-Gitarrist Reinhardt einst mit zwei Fingern spielte, meisterte Kevin O`Shea mit vier Fingern auf seiner Gibson SG2 bravourös. Herrlich auch die von Ailbhe Connolly (Foto) gesungenen Klassiker “My Funny Valentine” und “Cry Me A River”.

Spätsommer in Irland. Indian Summer. Sonne, der Himmel blau – nur da und dort ein paar Wolken. Nuages, sie schweben mit französischer Leichtigkeit und natürlicher Eleganz über das Meer. Der Wanderer hört Nuages, sieht den Wolken zu, wie sie vorbei ziehen und träumt  . . .